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Sonntag, 6. Februar 1921 Nr.Z 2. Jahrgang Blatter fün L?eimatkunöe Schristleitung und Geschäftsstelle m Reichenau, Sa. Fernsprecher Nr. 21S Gescf)icl)te, ^Kunft^itenatup" Drucsi u.Verlag:Alwin Marx (Inh. Otto Mai^) Sü-laufttzer Nachrichten, Reichenau^Sa. Die Dubrau — das älteste geologische Naturdenkmal der Oberlausitz Bon Alfred Hartmann-Görlitz er kennt sie? Wohl nur wenige Görlitzer, selten einer mehr als dem Name» nach. Und sonst weiter nichts von ihren Bergen. Verbirgt sie sich doch auch vor den Blicken, die sie aus Görlitz von seinen Aussichtspunkten — mit Ausnahme der Landes krone — aus suchen wollten. Die Königshainer Berge schieben sich schützend davor, und wer den an den Heide rand vorgeschobenen Felsenposten in seinen Gesichtskreis auf nehmen will, der muß die eben genannten und jetzt mit gutem Recht so beliebten Berge besteigen und ihn nordwestlich in etwa derselben Entfernung äufsuchen wie in der entgegengesetzten Rich tung das Häusermeer von Görlitz. Zwar hindern die Empor kömmlinge der schönen Rotbuchen auf dem Hochstein die Aus sicht von den Felsen, aber bereits der „tzeynitz-Blick" einige Schritte westwärts von der Friedrich-Wilhelm-Baude ist frei von jeglichem Hindernis bei der Suche nach der Felsenwarte am Rande des Waldmeeres der niederschlesischen Heide. Mit Wohl gefallen gleitet der Blick über das Tal des Goldbaches am West fuße des Hochsteins, über die Felder auf dem Granitrücken der Gemarkung von Arnsdorf, dessen Kirchturm vom westlichen Hang zum alten Bekannten herübergrüßt; er verweilt einige Augen blicke bei dem auffallenden Kirchturm des benachbarten Seifers dorf, dessen zwei Zinken des Teufels Beinkleider bei seiner Flucht beschädigten. Doch nicht länger; der Weg bis zu ihr, die wir suchen, ist noch nicht zur Hälfte zurückgelegt. Wir finden sie bereits umsäumt von einem dichten Waldkranze und lassen uns verlocken, den sonnigen, warmen Herbsttag zu einem Besuch auf und in ihr anszunützen. Die Kreisbahn, die nun schon an die fünfzehn Jahre sonntäglich einen Menschenstrom in die früher so einsamen Königshainer Berge befördert, sie nimmt uns auf und trägt uns auf einer Zahnradstrecke über den Paß zwischen dem Kämpsenberge und dem Hochsteine hinab an dem so reizend im Tal gelegenen Hilbersdorf vorüber in das zwischen dem Heide berg und dem Hochsteine eingesenkte Tal von Arnsdorf. Doch wie anders als vor zwanzig Jahren schaut es heute hieraus. Die Eteinbruchindustrie hat sich des Heideberges bemächtigt und ihre neuzeitlichen Anlagen und ihr Umfang erzählen uns im Vorbei fahren eindringlich von der Flucht der Ruhe und Stille aus dieser grünen Taibucht. Eine fruchtbare Talebene nimmt die Bimmel bahn nun auf und der Blick vom rollenden Wagen aus lohnt die Mühe des Umschauens reichlich. Zur Linken begrenzt das Gesichts feld der Granitrücken der Czorneboh-Kette, die wie eine Mauer aufragt und an die ihr so ähnliche Mauer an der sudetischen Randspalle erinnert. Ostwärts von ihr rage» mehr oder minder stolz empor die Basaltberge des Löbauer Beiges, des Rotsteins und des Paulsdorfer Spitzberges. Zur Rechten aber erheben sich die Berge bei Groß-Radisch, die Dubrau, unser Reiseziel. Wir steigen auf der Haltestelle Krischa-Tetta aus; von hier aus gilts nun, zu Fuß oder auf dem Rade die uns noch trennenden acht Kilometer zurückzulegen. Bei dem gegenwärtigen ungünstigen Zugverkehr müssen wir das Stahlroß unbedingt zu Hilfe nehmen, , wenn wir die Wanderung von zwanzig Kilometer an einem Tage ' in der Zeit von I Uhr bis 6 Uhr, die uns zur Verfügung steht, erledigen wollen. Der Weg steigt hinter dem Dorfe Krischa etwas zurHöhe, die uns eine Umsicht im Gelände gestattet: Zur Linker die Türme des Städtchens Weißenberg mit seinem Stromberge und der schönen „Skala", vor uns die wendischen Dörfer Gebelzig und Ierchwitz. Unser Weg führt anfangs durch fruchtbare Felder; der Geschiebelehm bildet hier die Deckschicht. Einige Grauwacken- Lesesteine weisen auf die in der Richtung nach Gebelzig anstehende Kulm-Grauwacke hin. Auf Haldem Wege zwischen Krischa und Thräna bezeichnen nordische und einheimische Geschiebe das weniger fruchtbare Gebiet der diluvialen Sande, Kiese und Schotter, deren Eindeckung durch die jüngsten Ablagerungen der diluvialen Eiszeit zwischen Thräna und Groß-Radisch zu beob achten die Gelegenheit sich später bietet. Landwirtschaftlich sind diese Striche weniger ergiebig, landschaftlich für den Wanderer aber recht lohnend, der sein Äuge auf die stille, sanfte Schönheit der Sandebene einstellt mit ihrem Wechsel von vorherrschendem Wald, Wiesen und Wasser. Mehrere künstliche Dämme gestatten das Anstauen der Heidewässerchen und ihr Rauschen, Glucksen und Gurgeln bringt in die Stille der herbstlichen Landschaft dem Wanderer angenehm klingende Laute, der auf den Genuß des Vogelkonzerts im Lenze heute verzichten muß. Ein frischgrüner Wiesenfleck, vom Walde umrahmt, durch den der schneeweiße, feste Sandweg führt, erfreut unser Auge und Gemüt, und mit ihm noch in Gedanken beschäftigt, stehen wir dann plötzlich hinter dem schmalen Waldstreifen, vor den wenigen Häusern von Thräna. Auf der Höhe hinter dem Dorfe schauen wir geradeaus hinter den Gehöften von Groß-Radisch den westlichen Gipfel der Dubrau. Das Stahlroß führt uns schnell durch das langgestreckte Dorf unscrm Ziele zu. Mit seinen in grünen Wiesen verstreuten Gehöf ten erinnert die Gegend an manche viel höher gelegene Berg- wiesen-Dörfer im südlichen Teil der Oberlausitz. Wir befinden uns an der Grenze des wendischen Gebietes in unserer Oberlausitz, in welchem aber hier bereits die deutsche Sprache überwiegt. Der sonnige Herbsttag verhindert uns an längerem Verwesten bei volkskundlichen Beobachtungen, er lockt mit Macht an den nördlichen Ausgang des Dorfes, dorthin, wo die letzten Häuser bis dicht unter die Gipfelpunkte der Dubrau