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hörlich rollte der Donner. Es war unheimlich. Die Rade berger ohvtkn nichts Gutes. Sollten etwa die Worte ihres Bubpredigers schon heute in Lrsiillung gehen? — Kurz nach 8 Uhr schlug es zugleich an drei verschiedenen Stellen der Stadt ein, ins Rathaus, in ein Gebäude am Pirnaische» Tore und in ein Haus am Markte. Alle drei Blitze zündeten und bald daraus hallte der Schreckensrus durch die Gassen: „Feuer! Feuer!" Dom Sturme getrieben, schlugen die Flammen von einem Haus in das andere. Sie ließen sich nicht benältigen. Die Leute mußten nur daraus bedacht sein, zu retten, was zu retten möglich war. Segen 10 Uhr abends glich die Stadt Radeberg einem Feuermrer. Die brennenden Schindeln der Dächer flogen, von der furchtbaren Glut emporgeschlcudert, dis i» die nächsten Dörfer. Als die Sonne am anderen Morgen ausging, beleuchtete sie eine rauchende Trümnnrstätte. 108 Wohnhäuser, 15 Scheunen, viele Biehflälle, die Malz- ur d Brauhäuser, die Gebäude am Schloßlore, am Oderlore, em Dresdner Tore, die Schule, die Wohnungen des Acckidiadonus und des Diakonus, dazu die Siadikirche mit dem kurz vorher rreuerbauten Turme waren ein Raub der wütenden Flammen geworden. Die meisten Bewohner hatten altts verloren und waren an den Bettelstab gekommen. Das Elend war grenzen los. Schnelle Hilse tat not. Im ganzea Lande ward eine Sammlung milder Gaben veranstaltet, auch der Kurfürst August der Starke bewilligte große Spenden. Aus Ken kurfürstlichen Waldungen wurden zum Ausbau der öffentlichen Gebäude Baumstämme schenkungsweise überwiesen. Der Wiederaufbau der Stadt nahm Jahre in Anspruch. Die Siadikirche „Zum heiligen Namen Gottes" konnte erst am 10. Dezember 1730 geweiht werden. Die Weihe vollzog der Superintendent v Löscher aus Dresden. Geradezu rührend war der Opfermut einzelner Bürger der Stadt, das neuerbaute Gotteshaus zur Ehre Gottes auszustatten. Die vom Orgelbauweistcr Ziegler in Pulsnitz erbaute Orgel schenkte der Amtsschreider Tretzsch. Die aus pirnaischem Sandsteine hergrstillte Kanzel ließ der Registrator Gerhardt aus sein« Kosten aussühren. Den schmucken Bitar stifteten 9 Radeberger: der Raiekämmerer Berthold, die beiden Lohgerber Langhanns, der Archidiakonus Teichwann, der Senator Teickwann und Gattin, der Seiler Teichmann und der Selritsmann Doigt nebst Gattin. Die Kosten betrugen 450 Taler. Den Tausstein schenkten der Amtsschreider Tretzsch and der Seidenbondsadrikcnt Thomas, das große zinnerne Taufbecken der Inspiklor Kauderbach. *) Bemerkung: O. Siegismund Richter war von 1709 bis 1742 Oberpsarrrr in Radeberg und starb im 88. Lebensjahre. Er liegt in der Etadtkirch» zu Radeberg begraben. IMMttllMMttttMMUMUIUUttMI UttMMMMUttttUttttMIUttMttMMMMttttMMrMttM Dutt ne mit arnstn Sachn schpoaßn! Eine Geschichte aus Großvaters Zeiten von Richard Mättig „Dutt ne mit arnstn Sachn schpoaßn," ermahnte der alte Richterlob, erhob dabei seine Rechte und steckte eine feierliche Miene aus: währenddem ging die Gaststubentür auf und ließ'n „Gartlschulze" herein. „Woas Hot der ahli Richterlob zu pred'gn?" fiel dieser jenem sogleich ins Wort. „Wir sulln mit arnstn Sachn ne Schindluderei dreibm," fuhr Wiesnwenz dazwischen. „Nanu, 's gieht wühl wieder iber heil'ges Zeug har," redete der inzwischen sich Setzende weiter: man sah's ihm än, daß er offenbar an der Unterhaltung Interesse hatte —, der Gartlschulze war ja als Religionsspötter dorfbekannt. „Ja, wu Richterlob is, doa hoast'ch huiti imsunst gischpitzt," unterbrach ihn Wiesnwenz wiederum, „mir rädn itz vu ganz andern." - „Do fangt ock nu bahli oa." Richterlob begann: „Dutt ne mit arnstn Sachn schpoaßn, doas soach uich, deiin 's is moanchmoh goar narsch.Ihr wißt's, wie's 'n Ioahnslob gigang is." — „Doas wiß mer, fangt ock nu bahli oa." — „Ich weeß schunni, Ihr ward lachn, aber 's is darwagn abm wuhr: Drausn uff der Koatzenheedi, bam Schteent, wu frieher ainoh dar Bartsdurfer doas Mardl dut macht!, do dutt's eftn." Er wollte weiter reden, doch Gartlschulze brach in ein lautes Ge lächter aus: „Eibildung, Eibildung". Die Andern ließen eben falls ein skeptisches Lächeln um ihre Lippen spielen. Nach einer Weile gestattete wieder eingetretene Ruhe dem Erzähler fortzu fahren: „Ihr kinnt's gleebm oder ne, doas dutt durt scheechn, iech die itz amoh mit menner Froun und 'n Waberliebl a der Nacht im Zwelfi oerbei gigang und do woarsch uns groadi, oas wenns su joammern däti, mir drähtnch nimm und do hoammer oalle breit woas weißis barn Schteeni sahn rimhubbm; sei mir aber aus- girissn. 's Hot englich schunn immer giheeßn, doaß durti rimm a Gischecchi wär, iech hoa's aber o ne wulln gleebm, aber nu, kee Mensch brächti miech ver dausend Doahler nemieh an Obdi durt verbei." Gartlschulze lachte wieder und enlgegnete: „Doas is oalls ock Eibildchi, ne a ahler Quoark is, Ihr hoatt'ch abm ei- gibild't, doaß durt woas is, und do hoatter abm woas gisahn. wennch itz dät schprechn, ver vier Hausdieri sitzt der Dkifl mit sarner Grußmutter, do sägdern o." — „Hoa ock ne goar sich un- nietsch Maul," strafte ihn der Wiesnwenz, „'s gieht o moanchmoh narsch zu uff der Watt." — „O Herrjsh, Du bist nmh o su Enner, doas hätt'ch goarne giducht: na, iech luß mer nirscht viermachn " — „Do gieh ock salbcr." — „Doas warch o machn, glei murni obds warch sahn, ob's wuhr is, is ne, dorno sullter aber woas hiern." Die Unterhaltung ging noch weiter, doch lassen wir diese und eilen, auch zeitlich, immer voraus an jene unheimliche Stelle Es ist Nacht. Am Horizont jagen sich gigantische dunkle Woldengebilde und verhindern fortwährend dem dreiviertel großen Mond die Aussicht aus die Erde herab, sodaß sich dieser schon aus Arger darüber seinen Schleier über sich gezogen hat. Meister Blasius braust daher, verfitzt sich im nahen Erlengebüsch, rennt dann fluchend und schimpfend über Felder und Wiesen, bis er sich endlich in den hohen wetterfesten Fichten und Kiefern des Qucrx- bergbusches droben zerschlägt. Bor uns ragt ein massiges, oben in einen stumpfen Winkel verlaufendes Etwas in die Höhe: es ist der Mordstein. Wäre es hell, würden wir folgende Inschrift an ihm lesen können: „An dieser Stätte auf Ioh. Ehr. Eiflers Bauerngulhe war Marie Rosine Wagner, weil. Jakob Wagners, Häusl, u. Tagearb. in Bertsdorf, u. weil. Anna Rosine gb. An sorge, 2te Tochter 2ter Ehe am 26. May 1825 Abends 7 Uhr von ihrem Bräutigam auf eine schauderhafte Weise ermordet Alt 22 Jahr 6 Mon. 3 W. u. 1 T." Wir harren ruhig an unserem Platze. Bald läßt der Sturm nach, ab und zu fliegt noch ein Stöber über die Fluren, bis zuletzt allmählich eine unheimliche Stille eintritt, dann rieselt, zunächst ganz sanft, feiner Regen her nieder, verstärkt sich von Minute zu Minute und artet zuletzt ganz in Gießen aus. Sehen wir recht, da bewegt sich ja ein kleiner Lichtschein, leicht auf und ab hüpfend, aus uns zu, immer deut licher wird er und sieht fast aus wie ein Irrlicht, aber es ist Kerns, sondern er kommt, wie wir bald erfahren, von einer Laterne, die von einer strammen Mannesgestalt getragen wird. Wir fürchten uns nicht, trotzdem sie sich ihren Hut tief ins Gesicht hereingedrückt hat, denn wir wiffen's, es ist der „ungläubche" Gartlschulze. Am Marksteine bleibt erstehen, verlöscht die bescheidene Laterne, zieht seine durchnäßte Kopfbedeckung höher und schüttelt sich, dann starren seine Augen in die weite Finsternis. So vergehen einige Minuten, der rauschende Regen läßt nach, von ferne dringen dünne Töne einer eben schlagenden Kirchuhr herüber: es ist Mitternacht und der Spuk soll nun beginnen. Des Wartenden Augen spähen um so eifriger, aber sie finden nichts, nur vom nahen Gebüsch fliegt eine krächzende Eule herüber, sie will sich auf dem Steine niederloffen, sieht aber die ungeheuerliche Gestalt und fliegt daher scheu wieder weg, sonst regt sich nichts. Der Enttäuschte kann sich des Lachens nicht erwehren, er platzt mit spöttischer Stimme her aus, daß es schaurig in die Nacht hinaus klingt: „Eibildchi is» sunst nischt, na, Ihr sullt's hiern." Dann steckt er sein Lämpchen wieder an und begibt sich auf den Heimweg Rüstig schreitet ec aus und stößt ab und zu dabei, um seinem übermütigen Herzen Lust machen zu können, einen Lacher aus. Wir folgen ihm und sehen, wie er am Dorfanfange sein Lichtlein wieder ausbläst. Der Regen hat inzwischen schon längst aufgehört, die Wolken sind verzogen, der Mond kann ungehindert die ganze Gegend deschei-