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Nr. 24 Dberlausitzer Heimatzeitung 315 M. Solitaire Von E. Nierich, Oberneukirch er ist M. Solitaire, wer kennt ihn und was er ge- A schaffen? Wie so mancher Name wie ein Hauch verweht, so ist auch dieser Name verklungen, ehe er überhaupt bekannt wurde. Sein richtiger an- geborner Name war Woldemar Nürnberger, und er wurde am I. Oktober 1818 in Sorau in der Niederlausitz geboren. Nach medizinischen Studien ließ er sich als Arzt in Ländsberg a. d. Warthe nieder, wo er am 17. April 1869 starb. Das ist alles, was wir über sein Leben wissen, das andre erfahren wir aus seinen Gedichten, die er in den Muse stunden schuf, und aus die kein Geringerer als Theodor Storm aufmerksam machte. Die Gedichte und einige wenige Novellen dieses niederlausitzer Kindes sind trüb und schwermütig, zeugen aber von tiefer Innerlichkeit und selbsterlcbten Seelenkämpfen, wie sein Gedicht „Den Freunden" selbst sagt: Der Bilder Schar, in stiller Nacht gemacht, Hier stellen sie sich dar in düstrer Prachr: In solchxr öden, dunklen Einsamkeit Da sehlt es nicht an Weh und Herzeleid; Da weint die Sehnsucht, ach! da seufzt Verlangen, Da gibt es tief cmpfundne glüh'nde Tränen, Und alles, samt dem wohlbekannten Sehnen, Ihr findet es in dieser Bilder Prangen! Wer das erlitten hat, was ich erlitt, Wer so gestritten hat, als wie ich stritt, Und wer getragen hat, was ich ertrag, Was kümmert den der Freude heitrer Tag, Was kümmert den der Sonne frohes Leuchten, Wenn sie, ein Haupt von Heller Purpurglut, Frisch strahlend freudig Leben, lächelnd Mut, Entsteigt dem Hain, dem morgendufl'ge», feuchten? Einige Proben aus der bei Bolger und Klein in Lands berg a. d. W. erschienenen Sammlung „Bilder der Nacht" folgen hier. Biele seiner Notturnos und Romanzen geben Bilder aus dem Zigeunerleben wieder. Um stille Mitternacht 1. Wie fühl ich mich in vollster Iugendkrast In dieser heimlich stillen Winternacht, Hoch pulst des Herzens dunkler Glutensast, Durch das Geäder wirkt der Geister Macht. Ein Schloß zu baun, und sci's auch nur von Lust, Ein stolzes Schloß, fühl ich mich kühn genug. Und unabsehbar spinnt ein goldner Duft Sich um des Seins verführerischen Trug. 2. Der himmlisch süße» Seligkeit Soll ich allein genießen, Des Herzens Himmelstrunkenheit Im Busen dieser Nacht verschließen. Das wilde Weh, das mich durchzückt, Der Bilder Sturm, der mich durchflieht. Der Liebe Traum, der mich beglückt, Der Sehnsucht Flamme, die mich glüht. Kein Menschenhcrz, das mit mir teil», Was mich bewegt in dieser Nach«, Die Welt, sie kühlet nicht und heilt Die Wunde nicht, die sie gemacht. Dom Krankenbett Verzag du nicht, der Welt zum Tort, Wenn du verzweifelst, jubelt sie. Von deinem Leid sag ihr kein Wort, Denn ihrem Ohr ist's Harmonie. Erblaßt vor Weh dein Angesicht, Der Welt zum Tort Ermanne dich und trag es fort, Der Welt zum Tort, verzag du nicht! Verzag du nicht, der Welt zum Tort, Sie mag dich nicht, weil du nicht Ton Ihr bist zum teuflischen Akkord. So hat sie deinem Leid nur Hohn! Stürmt's unablässig auch aus Nord, Der Welt zum Tort In eigner Brust such dir den Hort, Verzage nicht, der Welt zum Tort! Stücke aus: Zwischen Himmel und Erde (Dom Krankenbett) Die Lampe stirbt, schwer aus mich sinkt die Nacht, Mein Ang ohn Schlaf, mein Busen ohne Rast, Doch heißt's: Der Herr hat alles wohl gemacht, Und wohl verdien ich's, daß er so mich haßt. Die Lampe starb, ihr sel'gen Himmelssterne, Mit euerm holden, milden Niederglühn, Ich flieh zu euch: O zeigt mir eine Ferne, Nach der vergönnt mir Ärmsten zu entflieh«. Nur fort, nur fort von diesem dumpfen Bette, Nur fort, und fort an eine sonn'ge Stätte. Zu Menschen laßt mich aus dem stummen Grunde, Zum Klopfen einer Brust, zum Wort aus einem Munde, Zu einer Hand, die meine Hand berührt, Und mir den Trank zur heißen Lippe führt. Wie rast' ich doch in den gesunden Tagen, Wie kccklich war mein Wünschen und mein Wagen, Wie ekel war und spröde meine Wahl! Da sollten Freunde sein, so treu wie Stahl, So treu wie Gold, voll Kraft, voll geist'ger Glut, Boll Sinn für's Schön', voll reinstem Freundschastsmul. Und wie's nicht hieß, was ich von dem verlangte. Der mit dem Namen meines Freundes prangte: Und Mädchen, hold wie Engel, lieb und traut, Gar einen Seraph wünscht ich mir zur Bram. Und jetzt? Ach! Etwas nur, das Menschenanllitz trägt, Das menschenähnlich sich um mich bewegt, Den kalten Schweiß von glüh'nder Stirn mir wische, Und dort die Lamp entzünde aus dem Tische. Und fort trägt's mich zum wilden Ozean. Du warst mir noch mein Trautstes auf der Erde. Ost floh ich, wenn des Lebens scharfer Zahn Mich schier zermalmt mit giftiger Geberde, Zu dir hinaus und manche stumme Nacht Hab einsam ich an deinem Strand verbracht. Und rastlos wohl hab ich hinausgeblickt In deine ewig unermessne Fernen, Als wenn mein Stern mit deinen andern Sternen Aus deinem Schoße käm emporgerückt. Für so viel Neigung nimm dich meiner an, Für so viel Treu sei dankbar, Ozean. Lösch diesen Brand in meinen innern Sinnen, Und laß mein Herz als deine Wog' zerrinnen. Es klopft! wer kommt? Ein Mann in schwarzem Kleid«. Wer bist du? Sprich! Du lächelst meinem Leid«! Bist du der Tod? Ach nein! Du schaust mich an, Du bist es nicht, du scheinst ein guter Mann. In einer Hand trägst du den Goldpokal, Und in der andern wohl ein Brötlein schmal. O bringst du Wein? Gesegnet ewiglich Sei deine Hand, und dir, wenn schmachtend sich Nach diesem Tranke deine Lippe sehnet, So werd er dir! Komm h«r, mein Goldpokai, Ich freue mich, daß mir mein Auge tränet;