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gere Zeit so im dichten Walde gelaufen waren, kamen sie an eine kleine Hütte. Sie sprachen bei der Hausfrau um Her» berge vor und sagten, sie seien die Kinder eines Kaufmanns. Die gute Frau erlaubte es ihnen gern, bei ihr zu wohnen. — Um allein zu sein, schickten sie nächsten Tages die Frau in die benachbarten Städte zum Einkauf. Sie verboten ihr jedoch, jemanden von dem Besuch zu erzählen, denn ihr Vater habe ihnen befohlen, weil sie Geld bei sich hätten, keinem Menschen ihr Tun zu offenbaren. Am gleichen Tage bescherte ihnen Sott ein kleines Kind. Zufällig kamen an demselben Tage drei Herren aus Görlitz in die Heide, um dem Förster Bauholz abzukaufen. Sie spann ten ihren Wagen nicht weit von der Hütte aus, um mit dem Förster das Holz zu besichtigen. Dies hatte der junge Prinz bemerkt und nahm schnell das Kindlein und legte cs in den Speisekober, der sich im Wogen befand. Als nun die Herren des Kaufes einig waren, setzten sie sich vergnügt zusammen ins Gras, machten ihren Kober auf und sanden zu ihrem Er staunen ein kleines Kivd darin. Sie zeigten es sofort dem Förster, der aber auch keine Erklärung dafür hatte und sie nur ermahnte, es mitzunehmen. Liner der beiden Herren, der Tuchmacher Balthasar Oelsner, der ein gar frommer Mann war, nahm das Kind, da er selbst kinderlos war, zu sich. Als er nun mit dem Kinde im Kober zu Hause kam, war seine Hausfrau allerdings unwillig und faßte gegen ihren Mann ein argwöhnisches Mißtrauen. Mit Hilfe der anderen Herren redete er ihr jedoch den Argwohn aus. Sie zogen nun das Kind auf und gewannen es mit der Zeit so lieb, als ob es ihr eigenes sei. Nach vielen Jahren schickte es sich, daß die beiden fürst lichen Personen durch Görlitz zogen und gerade bet diesem Bürger ihr Quorticr ausschlugen. Sie fanden viel Freude an dem munteren Kinde und srugen die Eltern über viele Um- stände aus. Als sie nun die Herkunft des Kindes erfuhren, fingen sie beide an bitterlich zu weinen und erzählten, was sich allenthalben zugetragcn hatte. Hieraus beschenkten sie die Pfiegeeltern ihres kleinen Prinzen mit etlichen lausend Gulden und Landgütern. Wegen dieser fürstlichen Auserziehong ist die Stadt Gör- litz mit fürstlichen Freiheiten begabt und begnadigt worden. Dieses gefundene fürstliche Kind hat der Papst Clemens IV. ehelich und fürstlich, als ob es in fürstlicher Ehe erzeuget, zu hallen mit Ernst befohlen, weil sie bereits vor Goll schon ehe- lich gewesen. Zum Heiratsgule ist ihnen aber die Stadt Etriegau im Herzogtume L'.egnitz verehret worden. Der Pestkirchhof in Rothenburg Als im Jahre 1632 die Pest in der ganzen Lausitz ihre furcht bare Geißel schwang, reichten in den Ortschaften die einheimischen Kirchhöfe nicht mehr aus, die vielen Opfer dieser Seuche zu beerdigen. Man legte deshalb einen eigenen Totenacker bei Rothenburg an. Mit diesem Kirchhof hatte es jedoch eine ganz wundersame Bewandtnis. Wie die Sag« zu berichten weiß, war noch während des 7 jährigen Krieges aus ihm immer ein Signal hörbar, wenn Feinde im Anmarsch waren. Sollte also Einquartierung kommen, so hörte man 24 Stunden zuvor aus diesem Kirchhof Trommelschlag und, obgleich mehrere Personen hingingen, so sah man doch nichts; auch schwieg daun der Trommelschlag. Entfernte man sich wteder.so dauerte es gar nicht lange, bis der dumpfe Trommelwirbel wieder begann. Eine Erklärung für dieses Ereignis hat man jedoch nicht gefunden. Die Pestgrube in Tormersdorf bei Rothenburg Als in alter Zeit wieder einmal die Pest in der Umgegend von Rothenburg aufs furchtbarste wütete und nur wenige Menschen am Leben blieben, kam man auf den sonderbaren Einfall, die Seuche durch einen Zauberer vertreiben zu lassen. Man ries aus dem nahen Böhmerlonde einen solchen berühmten Menschen, von dem die Mär ausging, er stände mit dem Satan in leibhaftiger Verbindung. Der Zauberer, der sonst ein guter Mensch sein sollte und schon vielen Kranken geholfen: hatte, schenkte den Bitten Gehör und kam. Als er olles vor bereitet hatte, ließ er eine große Grube aus dem Zrchberge bei Tormersdors graben und mit Steinen ausmauern. Hieraus erhob er seinen gcwalttgen Zauberstab, trat zu der Öffnung der Grube und murmelte sonderbare, geheimnis volle Gebete und Sprüche. Dann zitierte er die Pest aus der ganzen Umgegend in die Grube hinein. Gleich einer blauen Wolke kam sie von allen Orten der Umgebung hergezogeu und verschwand in der Grube. Als er mit dieser Zeremonie fertig war, befahl er, die Grube niemals zu öffnen. Darauf gab es plötzlich einen gewaltigen Donnerschlag und der Zau berer versank selbst in die Grube. Man sah jedoch nichts mehr, als eine Vertiefung des Erdbodens, welche noch heute vorhanden ist und die Pestgrube genannt wird. Der Klosterturm in Sorau Dem Fremden, welcher diesen Turm besteigt, sollen zwei Bilder in die Augen, wovon das eine ein hübsches Mädchen, das andere einen Pserdekops darstellt. Forscht man nach der Bewandtnis dieser eigentümlichen Bilder, die da jahraus und jahrein so mutterseelenallein auf dem Turme hängen, so erfährt mau darüber folgendes: Ein Mädchen in Sorau hatte sich unsterblich in einen Kutscher verliebt, der jedoch ihre Liebe nicht erwiderte. Um sein sprödes Herz zu erweichen, machte sie ihm allerhand Geschenke und ließ es auch sonst an Liebenswürdigkeiten nicht fehlen. Der Kutscher nahm jedoch alles kaltblütig hin und vernachlässigte das liebestolle Mädchen mehr und mehr. Darüber wurde es immer verzweifelter; und als es keinen anderen Weg mehr sah, verkaufte sie ihre arme Seele einer dösen Zauberin, die lies In einem finsteren Walde wohnte. Diese fertigte ihr dafür ein Zaubermittel, wodurch sie den Geliebten ewig an sich fesseln wollte. Sie bereitete also ein Butterbrot, worin dos probate Mittel enthalten war, und reichte es ihm ganz unauffällig dar. Der Kutscher aber hatte den Braten schon gerochen, denn das stille Wesen des Mädchens kam ihm verdächtig vor. Er gab das Brot daher seinem Pferde, welches es auch mit sonderlicher Wollust fraß. Als es fertig war, fing es plötzlich an unruhig zu werden, riß sich los und sprang wie wild hinter dem un- glücklichen Mädchen her. Das wußte in seiner Angst nicht wohin, und gelangte schließlich an die offene Tür des Kloster- Kirchturmes. Es stürzte hinein und eilte die Treppen hinauf in der Hoffnung, daß ihr dos Pferd nicht werde folgen können. Allein polternd stieg der Gaul von Treppe zu Treppe, bis er das geängstigte Mädchen eingeholt hatte. Diese« sah sich nun deinen anderen Rat mehr und stürzte sich durch das offene Turmsenster auf die Straße hinab. Das Pferd folgte ihr nach und beide sterben aus dem harten Pflaster den Liebestod. Zum Andenken an jene sonderbare Begebenheit ließ man deshalb diese Bilder malen. Trugst ab die Schuld du? — Denke nach!^ Bon W. Stolle, Eckartsberg-Zittau Behütet von der Eltern Händen, Beginnt das Kind den ersten Schritt, Die olles Unheil von ihm wenden, Bis es hinaus in's Leben tritt. Gar bald vergißt es jener Stunden, Voll Etternlieb und sorgenfrei. Bis Rost es in der Eh' gesunden, Und tönt des eignen Kindes Schrei. Dann denkt man wieder jener Tage. Des Kindes Abglanz ruft sie wach, Und ungewollt erscheint die Frage: k, Trugst ab die Schuld Du? — Denke nach!