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Kohlenlager festgestellt habe. Sofort setzte in diesen Gegenden ein wahrer Wettbewerb in Bohrungen ein. Die großen Gesellschaften bemühten sich, soviel wie möglich Land in ihren Besitz zu bekom men. „Eintracht" kaufte sofort die alte Grube „Saxonia" mit dem dazu gehörigen Gelände in einer Größe von lOOOHektar und baute es zu dem vollständig modern eingerichteten Werke „Klara III" aus. Gleichzeitig sicherte sie sich weitere Ländereien im Hoyers werdaer Kreise bei den Orten Dörgenhausen, Neudorf-Klösterlich, Michalken, Buchwalde. Hier erstand binnen kurzer Zeit ein zweites Werk, „Werminghoff". Inzwischen hatte „Ilse" auch nicht un tätig zugesehen. Sie legte ihre Hand auf die Gelände bei Schwarz kollm, wo „Erika" erbaut wurde, und fühlte weiter nach dem Rothenburger Kreise vor. Heute sind dieLanöankäufe bei weitem nicht zum Stillstand gekommen. Immerwährend werden Dörfer und Rittergüter aufgekauft. Zu den beiden Unternehmen hat sich als drittes im Bunde die Berliner „Freya" gesellt. Auf solche Weise ist das Heideland, das man früher kaum erwähnt oder mit spöttischem Achselzucken lächelnd abgetan hat, zu einer vielbegehrten Ware geworden und die Bodenpreise stehen denen der Großstadt kaum nach. Gar mancher Heidebauer, der in Not und Entbehrung ein kärgliches, oft beseusztes Leben gefristet, hat sein Glück gemacht, weil man ihm für seine versandete Garten- nabrung Summen bot, die er sich nie hätte träumen lasten. Ganze Ortschaften sind heute in den Händen der großen Gesellschaften. Ein Dorf ums andere verschwindet vom Erdboden. Dicht am Rande der Grube „Erika" steht der Ort Laubusch. Schon ist er von seinen Bewohnern verlassen, bald wird er nicht mehr vor handen sein. Seinem Schicksal werden hundert andere verfallen. Denn das Heidegebiet, dessen Bewohner sich gestern noch in stiller Abgeschlossenheit von Bienenzucht und Holzwirtschaft kümmerlich nährten, ist eben daran, sich zum bedeutendsten Industriezentrum Mitteldeutschlands zu entwickeln. Nicht nnr, daß die Braunkohlen industrie sich mehr und mehr ausbreitet, auf ihrer Grundlage tun sich weitere Industrien auf. H e r b st Zwei Gedichte von Max Zeibig-Bautzen l (V)un hängt sich der Herbst mit Regen und Sturm -»^in des Sommers blühende Arme, und braust über die Heide und pfeift um den Turm: „Erbarme dich, erbarme!" So ruft eine Rose im Winde verweht, im Felde krächzen die Raben, ein Bauer schreitet und sät und sät, und die braune Erde will haben. Und die Welt will das ganze Sommerglück und saßt es mit hungernden Händen. Der stolze Herbst reicht Stück um Stück in königlichen Spenden. Da trägt seine Krone sonngoldenen Schein, und der Sturm hat Lachen und Lieder. Wir füllen die Becher mit funkelndem Wein und jubeln und jauchzen wieder: Wir grüßen dich, Herbst, du, König und Kraft, laß fliegen und fetzen die Fahnen! Dein Geist ist uns Blut und belebender Saft, und wir trinken und glühen und ahnen. II. L^erbst ist im Land! Es leuchtet rings von Astern und Georginen Wein glüht am Haus und blutet schwer, wie Tropfen roter Rubinen. Rauscht wo ein Wind ein trauriges Lied und weint in den bunten Bäumen .... Gib mir die Hand und lasse uns still von glücklichen Tagen träumen. Lieder und Lenz und Lachen und Lust, Wandern und jubelndes Werben! .... Herbst ist im Land! — und alles vorbei — Glück liegt wie gläserne Scherben! Im Banne der Tafelfichte Von Wilhelm Müller-Rüdersdorf Hohe Iserkamm ist die Hauptkette der Iserwaldberge. Aus schlesischen Fluren steigt er auf, in böhmische Ge- filde taucht er hinab. Ein blau dämmernder, sanft geschwungener Wellenzug in Himniclsweiten dem fern- her Spähenden. Nur die Wälderwand des Kemnitz- kammes verdeckt dem weiter östlich Stehenden den ans Riesen gebirge heranwogenden Teil. Die Gründe schweigsamster Ein samkeit schließt der Kamm in sich. Ewige, ungestörte Traumtiefen kündet sein Antlitz. Und kein stark überlaufener Pfad durchzieht die weiten Gehege seiner Gipfel- und Hangwälder. Noch atmet unentweilster Friede durch seine Räume, der Friede ernstgrün wölbender Fichten- und Tannenhallen. Wohl sind wilde Früh jahrs- und Herbststürme auch hier oft am Sturzwerke und fressen des Holzfällers Sprengpulver und Axt Blößen ins dichte Wälder- gebraus.aber dennoch stören Sturmsausen und dröhnende Dynamit« schlisse, die vereinzelt die brütende Stille wie mit Kanonengedröhn durchschlagen, nicht denZauberbann derIserhochwelt. Ein Schuß, zwei Schüsse, ein paar vielleicht noch, die dem sinnenden Wan derer plötzlich in den Lauscherfrieden donnern — und stumm, totenstumm fast, ist es wie vorher. Ringsum, soweit du von sicht freier Lichtung über die Wälderflut zu spähen vermagst. Stunden lang ... Nur die silbernebligen Rauchfahnen, die geisterhaft um die Waldkuppeln wehn und die Käserholzbrände in den Holz schlägen künden, verraten die Anwesenheit schweigsam hantieren der Menschen im dörferarmen Bereiche der Hochwälder. Ein Haupttor in die Tempelgehege des Hohen Iserkammcs ist Bad Flinsberg. Und die Iserstraße, eine breite, nicht gerade steil anstrebende Waldbahn — auf der im Winterschnee die Rodler mit Vorliebe sich tummeln —.trägt bald zum Kamm rücken empor. Bei der Hubertusbaude winken wir noch einmal dem sonntäglich strahlenden Talmäadlein Flinsberg zu, dann lassen wir uns vom Wäldermantel umfangen. Etwa auf halber Höhe rasten wir am murmelnden Adamsquell. Und indem wir das Becherlein füllen an dieser mit Felsblöcken und Farnkraut sinnig verschönten Erinnerungsstätte, gedenken wir des kernigen, Heimattreuen Mannes, den die karge Inschrift meint. Flins- berger Doktor! Wir wissen, was du in stets reger Iserlandliebe getan, wie du dich mühtest, durch Schrift und mündliche Rede — über einengende Berufspflichten hinauswachsend — deines Heimatreiches Förderer zu sein! Und Flinsbergs Gedeih« — es war vor allem dein Werk! Dies schlichte, vorbildliche Denk mal, aus dem dir ein ewiger Naturpreis singt, beweist, daß man nicht unwürdig deine Heimattaten empfing. Wo aus den Trüm mern einer niedergebrannten schönen Gastbaude ein Forsthaus erstehen soll und wo nachbarlich das alte, trauliche Gasthaus zum Iserkamm einladet, beginnt das Gebiet des Kammrückens. Rechts vor uns, bei der Umschau, der weich eingeschnittene Tiefe Grund und unten in der queisdurchristencn Paßniederung wieder die Dächer Flinsbergs. Hinter dem Gasthause, den Weide plan durchhuschend, beginnt unser Kammpfad, ein Pfad, oft dicht am Hange westwärts sich windend, wechselreich und wohlgepflegt. Einem der grundherrschaftlichen Schaffgotsche zum Gedenken ward er Graf Ludwig-Steig genannt. Bunt und reichzügig sind die Bilder, die sich unter ihm, weit ins schlesische Land und auch nach Sachsen hinein, entfalten. Gleich einer dämmerumwobencn Tafel mit Hellen und dunklen Grünflächen streckt sich das Vor reich des Gebirges zu unfern Füßen. Und tief schaun wir in die unmittelbar vor uns sich entfaltenden Lehnen- und Hanggelände hinein, mit ihren verträumten, sattgrünen Waldzügen und bäum- stumpsdurchbleichten, buschgrasüberwucherten Hauflächen. Süd ostwärts blaut auch bald der Riesengebirgswall auf, dem wir beim Umwenden gcgenüberstehen. Das Heufuder bildet den Thronstuhl der beiderseitigen Schau. Aus den schlesischen Tälern heraus, noch riesenkörperiger als die etwas höher sich reckende Tafelftchte erscheinend, steht es wie Hand in Hand mit dieser. Das Schneeloch, eine flache Senke, deren Name sich aus der längeren Schneelagerung in ihrem