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zauberten sUberne Krönlein auf die Wipfel der leise raunenden Wälder. Hier tauchte ein Licht auf, dort eins, und im Westen da war es ein ganzes Lichtermeer, Dresden! Andächtig stand man auf der Plattform, die unsicheren Umrisse des massigen Pfaffensteins bewundernd. Wieder erklangen alte, liebe Abend lieder in die sternklare Nacht. — Abendstimmung! Ein unver geßliches Erlebnis für groß und klein, ein Erlebnis, das ewig in den Iung's fortklingen wird. tjnd so wurde aus Abend und Morgen der andere Tag! — Nach wundervoller Nuhe wurde am nächsten Morgen die Festung mit all ihren Sehens- und Denkwürdigkeiten (Brunnen 152',2 m tief, 17 Sek. Fallzeit des Wassers, Pagenbett, Abratzkyfelsen, Franzosenspalte usw.) besichtigt. Herrliches Glockengeläute durch brach die Morgenstille, die Bewohner der Festung zum Gottes dienste einladend, „Jung-Bautzen" aber daran erinnernd, daß Sonntag war, ein wahrer Sonnentag! Etwas verspätet gings nun hinab nach dem freundlichen Städtchen Königstein (imVolks- munde der Städtanlage nach auch „Quirlequietsch" genannt). Nach der Elbüberfahrt begann sogleich der Aufstieg auf den Lilienstein. Kurze Rast wurde gehalten, vom Aussichtsturm nochmals Festung Königstein und alle die bekannten Berge und Täler begrüßt. Schattige Wege führten die Iung's nach dem Abstieg an der Elbe entlang nach dem von Sommerfrischlern stark besuchten Rathen. Wieder wurde über die Elbe gesetzt und nun die Rauensteine erklettert, die wohl eines der interessantesten und romantischsten Gebiete der Sächsischen Schweiz überhaupt sind. Bon wild zerrissener Felsenhöhe hatte man einen herrlichen Blick ins bunt belebte Elbtal. Nach toller Kletterei, die aber die Führer nur im Verlaß auf die straffe Selbstzucht und die bis ins einzelne durch geführte strenge Organisation wagen und ausführen konnten, ging es nun wieder steil hinunter nach Pötscha und auf der Fähre hinüber nach dem lieblichen, am Bergrande sich hinauf rankenden Wehlen. Die üblichen Engländer wurden auch hier nicht vermißt. Oben auf Bergeshöhe wurde auf „Grögers Gut" feldgraue Unterkunft in der Scheune bezogen. Nachdem die Schuhe gesäubert und ein Abendimbiß eingenommen war, marschierte man mit fröhlichem Liehe hinunter zur Elbe, wo man die alltägliche große Wäsche vornahm. Lange noch lagerte man an den Usern des leise dahin ziehenden Flusses. Buntbewimpelte Dampfschiffe mit lustigspielenden Musik kapellen wechselten ab mit schmalen, schnell dahinfliegenden Ruderbooten. Die Schiffe konnten die Masse der Sonntags ausflügler kaum fassen. Schwerfällig glitten die Elbzillen träge durchs Wasser. Lichter flammten auf! Die Nacht lagerte sich im Elbtal, alles verbergend, was im Hellen Sonnenlicht vielleicht häßlich war. Und die Lichter spiegelten sich wieder im Wasser, sich immer vermehrend, bis fast Licht an Licht erglänzte. Wieder erklangen „Feieromd" und andere Abendlieder über die stillen Wasser der Elbe. Dann zogen die Iung's still hinauf zur Ruhe, noch ganz erfüllt von den herrlichen Bildern. Und blickte man nun hinunter ins schweigende Elbtal, war es da nicht, als hielten sich tausende von Leuchtkäferchen verborgen im dichten Moos und leuchteten zu den Menschen hinaus? Ganz in der Ferne standen die Lichter der Bastei, hellfunkelnd wie der Palast der Feen im Märchen. Hin und wieder verlorene Mandolinenklünge, dann Stille. Die Welt war schlafen gegangen. — Nachdem man bei „Mutter Grögern" so einfach aber auch so gut geschlafen hatte, nahm man am nächsten Morgen das Bade tuch und ging hinunter zur Elbe baden, worauf sich die 44 Jungens schon während der ganzen Reise ganz besonders gefreut hatten. Eitel Freude und Wonne herrschte, vor allem, wenn ein Rad dampfer schwere Wellen ans Ufer warf. Auch hier wie so oft einige photographische Aufnahmen und in selbstverständlicher Ordnung stieg mau wieder hinauf aufs Gut. Schnell wurde noch ein kräftiger Imbiß eingenommen. Ein spaßiger Zwischenfall würzte auch hier das einfache Mahl. Zwei niedliche, rosige Ferkel tummelten sich auf der Wiese und raubten einem der Iung's den letzten Rest seines Brotes. Eine tolle Sauhatz begann nun, bis das Brot wieder gerettet war. Wieder übernahmen wie jeden Tag 2 Jungens verantwortlich Führung und Karten und in un gezwungenem Wanderschritt strebte man auf herrlichen, schattigen Wegen der vielbesuchten Bastei zu. Hier herrschte reger Betrieb. Turner vom Turnfest in Dresden besuchten auf ihrer Heimreise die Sächsische Schweiz.* Ein letzter Blick galt noch dem silbernen Bande der Elbe, die sich tief unten im Tale hinschlängelte. Wie überall, so wurden auch hier von der herrlichen Basteibrücke aus Aufklärungen in geologischer Beziehung gegeben. Schnell eilte man nun hinab durch die Schwedenlöcher (Hin weis auf den 30jährigen Krieg!) nach dem wunderschönen Amsel fall. Die Amselhöhle wurde besichtigt und dann wanderte man durch den Amsclgrund, immer begleitet von einem rauschenden Wässerlein, nach Rathewalde. In „Büttners Gasthof" nahm man ein treffliches und billiges Mittagsmahl ein. Rasch war mit Hilfe der Gruppenführer die dicke Suppe verteilt. Und beim Abmarsch walteten wie jeden Tag 2 Schlußleute (spaßig „Sipo" genannt) ihres Amtes. So mancher vergessene Gegenstand wurde auf diese Weise gerettet und mit 25 Pfennigen mußte jeder seine Vergeßlichkeit büßen. Eine empfehlenswerte Einrichtung, durch die so manche unan genehme Schererei vermieden wurde. Bon den Jungen wurden auch diese Ämter mit größter Gewissenhaftigkeit verwaltet. Gar oft mußte noch der Sanitäter Tropfen eingeben oder verbinden, manchmal traten auch die mit Nähzeug ausgerüsteten „Schneider" in Tätigkeit. In prächtiger Selbstverwaltung klappte alles wunderbar. Wahrlich ein schöner Lohn für die Führer, die in wochenlanger Arbeit diese Biertagereise gewissenhaft vorbereitet und organisiert hatten. Mit Sang und Klang und fliegenden Fahnen zog nun „Jung- Bautzen" nach dem Hockstein. Tief unten rauschte die Polcnz und gegenüber ruhte in der Mittagssonne das anmutige Berg städtchen Hohnstein mit seiner altersgrauen Burg. Auf Leitern begann nun der Abstieg durch die durch Webers Freischütz be kannt gewordene Wolfsschlucht, hinab ins Potenzial. Eine Zeit lang tummelte man sich noch in der Polenz, einige nahmen sogar ein unfreiwilliges Bad, und nun ging es in gemütvoller, gefühls betonter Wanderart auf der wunderschönen Talstraße an der Waltersdorfer Mühle und dem Brand vorbei nach dem Halte punkt Porschdorf. Im Warteraume wurde noch schnell das sorg fältig geführte Wanderragebuch abgeschlossen und die Reisekosten- Übersicht gegeben. Gar prächtig war die Heimfahrt durch die 6 Tunnels des Sebnitztales, hinein in den warmen, lichten Sommerabend. Traumverloren suchten noch lange die Augen der Iung's die Wunder der Sächsischen Schweiz. Weh ward ihnen ums Herz, da sie nun scheiden mußten von den Bergen und Tälern, die sie so lieb gewonnen. Unerbittlich entriß das Dampfroß ihnen die letzten Felsen, eilte an Niederneukirch und Wilthen vorüber und bald blinkten die lieben, altbekannten Türme Budissins im goldenen Abendsonnenscheine. Freudig begrüßt von ihren Eltern und Angehörigen ver sammelten sich die Iung's vor dem Bahnhof und in Schritt und Tritt, in Reih und Glied, mit Schwung und Mumm, zog man unter den lustig wehenden Wimpeln und dem fröhlichen Gesänge „Ich schieß den Hirsch ..." nach der Pestalozzischule. Hier wurden noch die Reisegerütschaften abgegeben und einige Worte der Ver innerlichung, Vertiefung und Veredelung deutschen Wanderns an die Iung's und besonders an die Eltern gerichtet. Noch einmal erklang das alte liebe „Feieromd, es Tochwark is vullbracht..." und dann schied „Jung-Bautzen" in dankbarer Freude und stolzem Beglücktsein als echte deutsche selbstbewußte, aber auch gefühlsbestimmte Wandersleute voneinander. Das war ein gemütvolles Wandern, eine wundervolle Wanderfahrt! Franz Vogel, Bautzen. Des Lasters Bahn ist anfangs nur ein breiter Weg durch Auen, Allein sein Fortgang wird Gefahr, sein Ende Nacht und Grauen. Gellert.