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Ar. IS Der Überfall von Hochkirch am 14. Oktober 1758. Von Max Richter, Braunsdorf bei Freiberg. SSMMZomdidomm! Romdidomm! Romdidomm! schallte lauter Trommelschlag im Lager des österreichischen Feldmarschall-Leutnants Grafen Forgacs. Schnell sammelten sich die Truppen der Regimenter Erz- Herzog Karl, Los Rios, Leopold Daun und Harrach unter ihren Fahnen, den Heiligtümern der kaiserlichen Armee, und erwarteten mit größter Spannung den neuen Befehl, hoffend, nun endlich einmal nach echter Landsknechtsart mit den „verfluchten" Preußen anbinden zu können. Aber wur den sie enttäuscht? Der Befehl lautete: „Die Regimenter unter Erzherzog Karl, den Generälen Sciskowich, Graf Herbertstein und Marquis Los Rios haben nach dem Zapfen streiche ihr Lager zu verlassen. Der schwere Troß soll nach Herrnhut geschickt werden. Bon jeder Kompanie soll man zwei Mann bei den Zelten zurücklassen. Sodann sollen von jedem Regiment zwei Tambours und ein Pfeifer zurück bleiben, um wie gewöhnlich die Tagwache zu schlagen. Nicht nur die Hufe der Pferde, die Räder der Geschütze und der andern Gefährte, sondern alles, was ein lautes Geräusch verursachen kann, hat jeder nach bester Weise mit Stroh zu umwickeln, um jeden Lärm fernzuhalten. Land volk soll die Wachtfeuer noch weiterhin unterhalten!" Jetzt begann neues Leben im österreichischen Lager. Einige Grenadiere vom zweiten Bataillon des Generals Sciskowich tauschten schnell noch einmal ihre Meinungen über den Befehl aus. Und nun vorwärts! Im roten Scheine der Wachtfeuer gaben ihre hohen, kräftigen Gestalten ein gar farbenfreudiges Bild: Die weißen Röcke, die sie trugen, erhielten durch den roten Flammenschein einen gelben, ja orangenen Ton. Wie glitzerten dazu die Bajonette und die goldenen Knöpfe auf ihren Westen und den roten Aufschlägen! Dieses Rot und Gold wurde noch von dem tiefen Schwarz der Bärenmützen ergänzt. So kam es, daß die kaiserlichen Grenadiere zu jeder Zeit die Farben der Österreicher im Felde zeigten. Im ganzen Lager war man jetzt beschäftigt, die Räder der Geschütze, die Säbelscheiden, ja selbst die Hufe der Pferde mit Stroh zu umwickeln. Eine Abteilung vom Reiter regiment Erzherzog Ferdinand hatte den Befehl erhalten, das nötige Stroh aus den umliegenden Dörfern Eiserode und Peschen herbeizuholen. „Potztausend! Schon wieder einer! Ja, ja, bei Marias Kindern wird nicht gebummelt!" Ein alter Unteroffizier rief es, erst verwundert und dann mit höhnischen Blicken, als ein schmucker österreichischer Karabinier vorbeiritt, der an sein Pferd — es war ein abgelebter Karrengaul — einen wendischen Bauern gebunden hatte. Die Kleidung dieses Wenden, die- aus Kniehosen, Strümpfen, Schuhen und einer kurzen Jacke mit vielen Silberknöpfen bestand, verriet, daß er zu den Wohlhabenden zählte. Aus allen Dörfern der Umgebung wurde das Landvolk gezwungen, den Kaiserlichen beim Füllen von Bäumen in den Wäldern des Czorneboh behilflich zu sein. Schon seit drei Tagen ließ man ferner längs der Stirnseite der Armee Verschanzungen aufwerfen. Mehr und mehr Menschen wurden gebraucht. Der Kreis, aus dem man sie holen mußte, wuchs beständig. Heute, am 13. Oktober, wurde schon Nostitz im Norden und Lawalde im Süden von umher schweifenden Truppen berührt. Im Gebirge wurden Bäume 253 gefällt, einmal um die Preußen vermuten zu lassen, daß die Österreicher nur an Verhauen arbeiteten, vor allem aber, um sich durch den dichten Wald Wege zum Angriff auf das Dorf Hochkirch zu bahnen; denn dort befand sich der rechte Flügel der preußischen Armee. Das Landvolk war freilich nur sehr ungern bei solcher harten Zwangsarbeit. Kein Wunder, daß ein Infanterist vom Regiment Ludwig Wolfenbüttel, von dem ein Teil die Aufsicht bei den Arbeiten im Gebirge ausübte, einen nur widerwillig arbeitenden Bauern antreiben mußte und ihm zurief: „Ein vom Pfluge weggenommener Bcmernkerl bin ich auch. Aber jetzt lebe und sterbe ich für meine Kaiserin!" Von dem bleichen Mondlichte beschienen, hinterließ sein finsteres Antlitz einen abschreckenden Eindruck. Mit seinem rechten Arme stützte er sich auf sein Steinschloßgcwehr. Am Schulterbande trug er einen wohlgeschliffenen Säbel. Plötzlich eilten drei rätselhafte Gestalten vorüber. Es waren Kroaten, die aus den Ebenen Südungarns stammten und jetzt unter dem General Brentano standen. Sie ge hörten zur Gruppe des Feldmarscholl-Leutnants Baron Laudon. Er hatte den Befehl, den Czorneboh zu umgehen, um Hochkirch von Westen her anzugreifen. Seine Kroaten sollten die Verbindung zwischen ihm und der Hauptarmee Herstellen. Ihrer halbwilden Art nach waren sie auch geeignet, allnächtlich tobenden Lärm zu schlagen und die feindlichen Vorposten aufzuschrecken. Gerade diese Nacht sollten sie recht wild toben; denn der linke Flügel der kaiserlichen Armee wollte unter Führung des Freiherrn von Sincere das Gebirge überschreiten. Die Feinde hatten sich allmählich an das Lärmen im nahen Walde gewöhnt. Sie glaubten nicht, daß der kaiser liche Befehlshaber, Gras Daun, einen Angriff vorbereitete. Ja, im Gegenteil, viele Überläufer hatten gemeldet, daß die österreichische Armee abziehe; denn ihr linker Flügel war nach dem Zapfenstreiche nach Dehsa zurückgegangen. Aber umherschweifende Zietenhusaren und Dragoner vom Regiment Czetteritz hatten am Abende doch bemerkt, daß die Österreicher verdächtige Maßnahmen trafen. Zielen eilte sofort zum Könige und bat zu rüsten. Obwohl Fried rich jeden Augenblick die Gefahren seiner Stellung kannte, behauptete er doch den eingenommenen Platz. Er traute dem behutsamen Daun einen tatkräftigen Angriff nicht zu. An diesem Entschlüsse des Königs vermochte niemand etwas zu ändern, trotzdem einige Generäle starken Einspruch er hoben. Feldmarschall Keith meinte scherzhaft: „Wenn uns die Österreicher hier nicht angreisen, so verdienen sie, gehängt zu werden." üm aber seinen treuen General zu beruhigen, befahl er den Grenadierbataillonen Benkendorf, Dirings hosen und Plothow, sich marschfertig zu machen. Aber da bis Mitternacht kein Angriff erfolgte, durften sich die er müdeten Soldaten wieder zur Ruhe begeben. Lautlos zog inzwischen der kaiserliche linke Flügel durch die künstlichen Waldwege, ohne ein Licht; nur die Wacht feuer, die die Bauern unterhalten mußten, flackerten lustig empor. Die erste Kolonne stand unter dem Befehle des Generals Graf O'Donnell. Sie wandte sich gegen Westen nach Dehsa und Halbau. Die Fußtruppen überstiegen dann das Gebirge, während die Reiterei auf einem weiten Um wege über Cunewalde vorrückte. Ein anderer Truppenteil unter Graf Forgacs schlug den für ihn geschlagenen Weg zwischen dem Hdchstein und dem Steinberg in gerader Richtung auf Hochkirch ein. Die dritte Abteilung endlich, vom Baron Sincere selbst angeführt, marschierte beim Vor- Gbsrlaufltzsv Hslmatzsttung