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Ar. IS Gberlaufltzsr HeLmatzertung A3 Aus der Urzeit der Menschheit /As ist nicht ohne Bedeutung und eine gewisse innere Schicksals- sügung filr die Entwicklung der Menschheitsgeschichte, doß die Kulturvölker durch die hochentwickelte Wissenschaft des 19. Jahrhunderts und durch ihren ungezügelten Forschungsdrang im 19. Jahrhundert die letzten leeren Flecken der Erdoberfläche ent schleierten und dabei auch die letzten verborgensten Reste ursprüng lichsten Pälkertums entdeckten, daß sie aber in derselben Zeit den Wissens- und Geisteshorizont auch in ganz anderer Richtung ebenso ungeheuer erweiterten. Die Grenzen des Begriffes Menschheit sind völkerkundlich ebenso erstaunlich verschoben worden wie entwicklungs geschichtlich durch die überraschenden Ergebnisse der Borgeschichts forschung, von denen auch die Geschichte unsrer Heimat unmittelbar mit berührt ist, denn diese ist seit mehr als einem Jahrhundert ein reichbeackertes Feld dieser Wissenschaft der Erdfunde Wenn man noch vor 50 Jahren dieses neue Forschungsgebiet im Kreise der zünftigen Wissenschaften scheel ansah und seine Ergebnisse als zweifelhaft, schwankend und unscheinbar abwies, so ist in den letzten Jahrzehnten in der Würdigung der Prähistorie ein merklicher Wandel eingetreten. Besonders um die Wende des neuen Jahr hunderts herum und in seinem ersten Fahrzehnt hat man durch schlagende vorgeschichtliche Entdeckungen gemacht, ja selbst mannig fache Zufallssunde bet den ungeheuren Erdarbeiten des Schützen grabenkrieges haben die Vorgeschichte noch während der Kriegsjahre gefördert. Bor allem hat ein deutscher Forscher zur Enthüllung der ersten Entwicklungsstufen der Menschheit ganz erheblich bei getragen: der Schweizer Otto Hauser. Zweierlei hat ihn und seine arundlegenden, umfassenden Forschungen erst jüngst dem großen Publikum bekannt gemacht: erstens die betrübliche Tatsache, daß viele seiner Sammlungen und Forschungsergebnisse, all sein mühsam und opfervoll erworbener Grundbesitz in SUdsrankreich ein Opfer sinnlosesten nationalen Hasses der Franzosen geworden ist: zweitens ist er selbst mit den Ergebnissen seiner Riesenarbeit im Gebiete der Urgeschichte erst seit wenigen Jahren in volkstümlich geschriebenen, wissenschaftlichen Veröffentlichungen hervorgetreten. Zwei seiner neuesten, bedeutungsvollen Bücher liegen uns vor, sie haben auch für die Leser der „Heimatzeitung" Bedeutung, enthält doch auch unser Lausitzer Heimalboden, rin uraltes Siedelungsgebiet, reiche Schätze an vorgeschichtlichen Resten. Erst vor kurzem sind im fruchtbaren Löbauer Gefilde Funde gemacht worden, die aller Wahrscheinlichkeit nach der jüngeren Steinzeit zugesprochen werden müssen. Don den steinzeiilichen Perioden und ihren reichen Resten in Siidsrankrcich erzählen aber gerade die hochinteressanten Bücher Otto Hausers: 2m Paradies des Urmenschen, 25 Jahre im Dienste der Vorwcltforschung. (Hamburg—Berlin, Hoffmann u. Lampe 1920, gbdn. M. 2v.—.) — Urmensch und Wilder. Eine Parallele aus Urweltsagen und Gegenwart. (Berlin, Ullstein u Lo. 1921, gbdn. M 20.-.) Wer zum erstenmal vorgeschichtliche Funde sieht, besonders wenn es sich um einige wenige handelt, der wird enttäuscht sein: die Einzelstücke: Tonscherben, Spinnwirtel, Steinsplitter, Steinhämmer usw. sind meist sehr unscheinbare Dinge. Und wer gar als Laie die Fundstätten betrachtet und wohl mit sucht, der wird zunächst recht wenig oder gar nichts sehen: Herzgruben, vorgeschichtliche Kultur geschichten mit allen Resten an Knochen, Gesäßen, Werkzeugen und Waffen sind erst recht unauffällig und unscheinbar. In den Museen dagegen, wo ihm diese Funde in ihrer Massenhaftigkeit und als Dergleichsobjckte aus verschiedenen Gegenden cntgegentretcn, wo sic in Rekonstruktionen Leben gewinnen, da wird auch dem Laien ein Licht darüber aufgehen, wie bedeutungsvoll diese scheinbar bedeu tungslosen Stücke für die Erkenntnis der ältesten Stufen der Mensch heitsgeschichte sind. Es ist nun außerordentlich anziehend, den be rühmtesten und verdientesten unsrer Vorgeschichtssorscher, Otto Hauser, über seine jahrzehntelange opferreiche Und mühevolle Arbeit vor allem im VSzöretal in Südsrankreich berichten zu hören. Es ist wirklich ein Lebenswerk, von seltener Energie und stärkstem Forschergeist be stimmt, das sich hier uns enthüllt. Hauser hat schon von Fugend auf bestimmte Neigung zur Urgeschichte gezeigt und bereits als Student in erfolgreichen Schweizer Ausgrabungen betätigt. Seine eigentliche Lebensarbeit fand er aber in planmäßiger Durchforschung der Grotten und Diluvialschichten des Tales der Bözöre in Südrveslfrankreich. Seit 1860 schon hatten zwar französische Prähistoriker reiche Zufalls sunde aus der Diluvialzcit gemacht und damit die Wissenschaft vom altstcinzeitlichen Menschen begründen Helsen, erst Hauser aber hat ganze gründliche Arbeit geleistet, indem er Schicht für Schicht sorg fältig und planmäßig aufnehmen und durchsuchen ließ. Dadurch hat er das französische Schema steinzeitlicher Perioden wesentlich verbessern und ausbauen können und unzählige Urkunden des Lebens dieser Eiszeit- und Zwischeneiszeitmenschen aus dem Boden gehoben. Wir können tatsächlich in den einst in den Eiszeiten gletschersreien und viele Jahrtausende lang besiedelten Gebieten ein „Paradies des Urmenschen" erblicken. Die Krönung des Hauser- schen Ltdenswerkes waren seine großen Skelettfunde aus der Dilu vialzeit (Homo däoustorionsis Uauseri und Homo ^uriAnaosnsis Uausori), die heute zu den erlesensten Schätzen des Berliner Völker kunde-Museums gehören. Die von Hauser erarbeitete gründliche Ausgrabungstechnik, die allein einwandfreie wissenschaftliche Ergeb nisse zu liefern vermag, sowie all seine Anregungen und Ausblicke auf die Forschungsmöglichkeiten auf deutschem Boden tragen hoffent lich bald reiche Frucht für die deutsche Borgeschichtswissenschaft. Mögen dabei auch die persönlichen Angriffe unterbleiben, die leider Hauser von klerikaler Seile und von französisches Chauvinisten er- sahren hat! Auch die temperamentvolle Polemik gegen diese seine Widersacher liest sich spannend und gehört zum Bilde dieses Forscherlebens, das wir jedem Freunde der Vorgeschichte warm empfehlen können. Wie sich die steinzeitlichen Reste als Kennzeichen des Entwicklungs ganges der Menschheit deuten lassen, das zeigt Hauser in dem zweiten höchst anziehend geschriebenen Buche. Auf die Parallele „Urmensch und Wilder" ist schon oft hingewiesen worden, aber noch nicht in dieser umfassenden und auch geschickten volkstümlich-wissen- schriftlichen Weise, wie es hier durch einen Forscher geschieht, der in jahrzehntelanger, ergebnisreicher Ausgrabungsarbeit tausendfach Gelegenheit und Veranlassung hatte, sich in das Leben des Ur menschen hineinzudenken, cs im Hinblick auf die Lebensregungen der noch heute lebenden Naturmenschen zu rekonstruieren. Von wesentlicher Bedeutung für die glückliche Ausgestaltung dieser Parallele wurde sür Hauser seine Freundschaft mit dem aus gezeichneten Breslauer Anthropologen Klaatsch, dem Erforscher der primitiven Australier, und dem Berliner Ethnologen Adolf Heilborn, dessen „Allgemeine Völkerkunde" für Hausers Werk bedeutsam ist. Es ist ost geradezu erstaunlich, wie die einfachen Formen des mate riellen Lebens, die untersten Stufen der Wirtschaft und Technik, wie man sie bei unfern farbigen Jäger- und Fischernomaden, bei den Vertretern des primitivsten Ackerbaus beobachtet hat, in den Erdfunden der Vorgeschichte ihre Bestätigung erhalten haben. Das Kulturbild, das uns heute die Eskimo, die Buschmänner, die Zwergvölker Asrikas und Asiens, die Australier und die süd amerikanischen „Wilden" dardieten, findet sein Spiegelbild bei den Eiszeitjägern und Höhlenmenschen, die vor 30 und mehr tausend Jahren unter den Felsen und in den Höhlen des Bözöretalcs müh- sam ihr Dasein fristeten. Dieselben Waffen und Werkzeuge, dieselbe Technik der Feuecbereitung und der Jagd, dieselbe Art, sich aus Tierfellen Kleidung herzustellcn und den Körper in einfachster Weise mit Steinen, Knochen, Zähnen usw. zu schmücken, lind viele Zeichen (z. B. die Bestattungsformen) lassen beim Urmenschen der Diluvial zeit auch ähnliche Erscheinungen wie beim heute lebenden Naturvolk in den Urstusen des gesellschaftlichen Daseins, in der sozialen Gliederung, in Kunst und Religion, in der Sprache vermuten. Eine Fülle sehr interessanter Abbildungen veranschaulicht die reichen Forschungsergebnisse des Schweizer Forschers. Beide Bücher sind wegen ihrer lebendigen und anschaulichen Darstellung für Volk und Jugend wohlgeeignet, sic mit den ältesten Urkunden und Zeugnissen des Menschengeschlechts vertraut zu machen. Pros. Dr. Curt Müller, Löbau UNIUIMIIINIMIUINMUNUMUlllMMIIIMIUUIMIIIIIIMINIUMIIINIIIIIMIIMMIIIMNIIUMII Vergessene Lausitzer Sagen Mitgeteilt von Fritz Leister Der böse Herr zu Groß-Särchen Im Kreise Hoyerswerda liegt der Ort Groß-Särchen. Wie es in früheren Zeit üblich war, bestand das Dorf nur aus einem großen Gute mit Schloß und den dazugehörigen kleineren Ge höften der Leibeigenen. Uber den damaligen Besitzer dieses Ortes meldet die Sage sehr schwarze Schauermärchen. Der böse Herr von Groß-Särchen hatte sich mit Leib und Seele dem Teufel ver-- schrieben, wofür ihm der Satan die Kraft zu allerlei Schwarz. Künsten und Zaubereien gab. Das erstemal versuchte der böse Herr seine Kunst an dem dort vorüberfließenden Bache, indem er ihm einfach mit seinem Pfluge einen neuen Lauf in ganz anderer Richtung anwies. Da er aber den vor den Pflug gespannten polnischen Ochsen, in den der