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240 Gbsrlausitzer Heimatzeitung Nr. 18 Oft beobachtet man, daß durch stammesörtliche oder Rassenmischung in einem besonderen Landstrich eine größere Anzahl von bedeutenden, teils verstandesmäßigen, teils künstlerischen Persönlichkeiten heroorgebracht werden. Auch unsere Lausitz gehört zu den Gebieten, die im Laufe der Jahrhunderte eine recht stattliche Anzahl hervorragender Persönlichkeiten zu den ihrigen zählen können. Aber diese Feststellung bezieht sich nicht allein auf das männliche Geschlecht, sondern auch manche Frauen früherer Zeiten haben sich im Verhältnis zu ihrer abgeschlossenen, zurückhaltenden Lebensweise in verschiedenen geistigen Dingen und auf gewissen Kunstgebieten ganz besonders ausgezeichnet. Auf dem Gebiete der Malerei finden wir sogar im Anfang des 18 Jahrhunderts eine beachtliche Ver treterin in der dritten Tochter Christiane Dorothea des all seitig hochgeschätzten und beliebten Gymnasial - Rektors Gottfried Hoffmann. Schon in ihren frühesten Jahren hegte sie eine große Neigung zum Zeichnen, was sie nebst ihren älteren, gleich falls für alle handlichen Arbeiten begabten Schwestern zu Zwecken des häuslichen Gebrauchs, wie Stickereien u. a. ausfllhrte, und worin sie auch ihre jüngeren Schwestern er folgreich unterwies. Dank der ernsthaften, vielen Zeitgenossen vorauseilenden Anschauung im Hoffmannschen Hause, den Töchtern eine gediegene Erziehung zu geben, erhielt auch Jungfrau Christiana Dorothea einige Anleitung in der Kunst des Malens, die sie später als ihre Lebensarbeit ausübte und dis ihr einen guten Ruf als Porträtmalerin einbrachte. In „Gottfried Hoffmanns Leben" erzählt der Schriftsteller, ihre Kunst habe solch beachtliche Höhe erreicht, daß „sie die Kapazität erlanget habe, alles gar lebendig darzustellen und insonderheit ein feines Porträt zu machen, dergleichen sie nuturue ipsirm exempiur (der Natur gemäß) zu treffen vermag, wenn sie schon die Person gesehen und die selbe im Malen ietzo nicht vor Augen hat, welches man doch zum Preise des himmlischen Urhebers solcher Künste an- zuiühren nicht vergessen wolle." Die Persönlichkeit dieser ehemaligen Zittauer Malerin veranlaßt uns, einmal einen Blick in den Kreis der Familie zu werfen, der sie entstammt. Wie schon erwähnt, war ihr Vater der aus pädagogischem und wissenschaftlichem Gebiet gleich hervorragende Rektor Gottfried Hoffmann, geb. 1658 in Lauban, yest. 1711 als Rektor des Gymnasiums in Zittau. Dieser treffsiche Gelehrte hat durch seine Anschauungen über die Bildung der Frauen eine Großzügigkeit bewiesen, die auch seinen Töchtern zugute gekommen ist. Hielt er es doch für viel zu wenig, wenn ein Mädchen bloß lesen lernte, den Katechismus ins Gedächtnis brächte und, wenn es weit käme, etliche Worte übel und böse schreiben könne. Er wollte den Mädchen eine gründlichere Ausbildung in den Wissenschaften, die Verstand und Willen bilden, ver mitteln, und begründete dies damit, daß die Frauen durch tiefgründigere Bildung das Elend der menschlichen Natur und des Ledens besser zu erfassen und sich in Gottes Walten und Willen leichter und verständnisvoller zu finden ver möchten als bisher. In diesem Sinne unterwies auch die Mutter ihre Töchter in ernsten Dingen und schuf sie sich frühzeitig zu nützlichen Gehilfinnen, die die jüngeren Schwestern nutzbringend zu lehren verstanden. Die Töchter aus der zweiten Ehe Gottfried Hoffmanns, darunter sich die Malerin befand, haben dem Vater viel Freude bereitet und in den wffsenichaftlichen Fächern, in denen er sie unterwiesen, große Fortschritte gemacht. Aber auch von der Mutter, der Tochter eines treuoerdieuten Predigers Schön felder in Zittau, Frau Christiane, wurden die Mädchen in wirtschaftlichen und praktischen Dingen tüchtig gemacht. DerHausstand derRektorsfämilie war groß und unruhig, denn nicht nur die eigenen neun Kinder umringten den Tisch, sondern es wurde jederzeit, dem Beispiele Luthers folgend, einer Menge von jungen Leuten, besonders Schülern, ein offenes Haus und ein gastlicher Tisch bereitet, denn Gott fried Hoffmann verfolgte den Grundsatz: tz,Ich sorge für fremde Kinder, Gott wird für die meinigen sorgen," was sich auch hier erfüllt hat. Diesem lebensvollen Hause entstammte die Malerin, auf deren Schaffen nicht nur ihre Zeitgenossinnen, sondern auch die nach ihr kamen und kommen werden, mit Recht stolz sein können. Das gelungene Bild ihres Vaters verrät die Technik und Auffassung einer wirklichen Künstlerschaft und hat auch in der Aula des neuen Gymnasiums zu Zittau wieder einen würdigen Platz gefunden. Zu einer von Gott fried Hoffmanns Schriften über Jugenderziehung haben sein Sohn Christian Gottfried, Professor an der Universität Leipzig, und die Malerin selbst Beiträge geliefert; der erstere schrieb die Vorrede, während Dorothea einen Kupferstich dazu anfertigte, ein Beispiel von dem einmütigen geistigen Leben im Hoffmannschen Hause. Leider ist die Künstlerin als Gattin des Doktors Prieber im Juli 1757 während der verhängnisvollen Beschießung Zittaus mit ihrer erwachsenen Tochter durch Ersticken ums Leben gekommen. Damit ist ihrer Künstlerschaft ein jähes Ende bereitet und ihr auf dem Höhepunkt ihres Schaffens ein Ziel gesetzt worden. In dieser selben Zeit fanden sich in Zittau auch noch andere weibliche Leuchten geistigen Lebens, von denen be sonders berichtet wird. Eine sehr gelehrte, wenn auch nicht in hervorragender Weise produktive Frau war Christiane Elisabeth Dalansky, die Tochter eines böhmischen Predigers, in Zittau 1695 geboren, die im Hause des Subrektors Heinke erzogen wurde und später den Rechtsgelehrten Gottfried Richterheiratete. Ihr Pflegevater bemerkte schon frühzeitig ihre großen, geistigen Fähigkeiten und unterrichtete sie in Sprachen und Wissenschaften. Besonders stark war sie im Lesen klassischer Autoren, auch reichten ihre Kenntnisse aus dem Gebiete der Rhetorik und Poesie über das Gewöhn liche hinaus. Eine besonders zu damaliger Zeit sehr ge schätzte Kunst, im Latein einen schönen Vers zu machen, beherrschte sie hervorragend und übertraf damit viele ihrer Mitschüler. Ihr Nachruhm preist sie ebenso als Meisterin auf dem Gebiete der Geographie und Historie, als auch in der Arithmetik und dem Klaoierspiel, worin sie eine rechte Meisterschaft erreicht haben soll. Jedenfalls hat diese Frau in Zittau einen geistigen Mittelpunkt gebildet, der über das Gewöhnliche hinausragte, da sie nicht nur Pescheck in seiner Geschichte des Frauenlebens, sondern auch das Lexikon von Otto als besonders hervorstechend erwähnt. Auch Marie Elisabeth Curtius, die Tochter eines Schul kollegen, die als zweite Gattin des Pastors Schulze in Wittgendorf um 1705 lebte, wird eine große Gelehrsamkeit nachgerllhmt. Als Dichterin würdigte man die Tochter des Apothekers Leupold, geb. 1608, die die spätere Gattin des Stadtrichters Ettmüller war, und von Johanne Susanne Stoll, der Gattin des Direktors Müller um 1724, wird gesagt, daß sie sehr gebildet gewesen sein soll. Von einigen anderen hochgebildeten Frauen wird noch berichtet, daß sie in edlem Gemeinsinn zur Anschaffung von Büchern für die Ratsbibliothek Geldmittel lieferten und damit der Wissen-