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Nr. 15 Oberlaufltzev He!matzsitung 209 Aus dem Kunstleben Zittaus unserer schweren Zeit, in welcher mehr denn je der Kampf aller gegen alle wütet, in welcher jedermanns Hand gegen jedermann ist, macht sich einerseits eine gewisse Gleichgül- tigkeit, andererseits bei den meisten die Hoffnung auf eine Besserung der schwierigen Lage geltend. Ja, viele warten auf ein Wunder, das kommen soll, die Menschheit zu erlösen. In einigen Fanatikern macht sich der Gedanke breit, durch die Her beiführung einer Weltreoolution altes zu stürzen um etwas neues auszubauen. Wie ist die Kluft zwischen diesen Gegensätzen zu überbrücken, wie sind die Differenzen zwischen den hadernden Parteien auszugleichen? Diese Fragen beschäftigen wohl viele Menschenfreunde. Wo ist der Hebel anzusetzen, der diese großen Fragen ihrer Lösung entgegensührt? Ein Faktor ist es, der in aller Stille zwischen allem Hader am Werke ist, diese schwerwie genden Fragen einer Lösung näherzubringen: es ist unsere Fugend. Da es nun einmal die schöne Aufgabe dieses Blattes ist, dessen Leser auf alles aufmerksam zu machen, was die engere Heimat des Interessanten bringt, sei es uns vergönnt, sie auf eine Bewe gung aufmerksam zu machen, die vielleicht dazu berusen ist, zur künftigen Wiederaufrichtung des gedrückten Vaterlandes einen Teil beizutragen. Am l. Juli 1919 gründeten in Zittau Stefan Kötzsch Ke, da mals Unterprimaner des Zittauer Gymnasiums, mit Kurt Sommer, dem damaligen Schüler des Realgymnasiums das Chor-Orchester. Unterstützt und gefördert wurde dieses Unter nehmen vom Kantor des Zittauer Kirchenchores, Herrn Professor Paul S1 ö b e. Der erste Dirigent des N irchenchororchesters, Stefan Kötzschke, bewährte sich als vortrefflicher Organisator, so daß das selbe zum ersten Stiftungsfeste, 10. Juli 1920, und beim Kirchen konzert am 27. Dezember sowie bei einer Clavigo-Auffiihrung des kaufmännischen Iugendbundes schon ganz hervorragende Leistungen entwickelte. Hatte Stephan Nötzschkes organisatorisches Talent dem Chor orchester eine sichere Grundlagezu seincrFortentwickelung gegeben, so wollte es später ein gütiges Geschick, daß dem Unterprimaner Dagobert Barthel, einem mit außergewöhnlichem musikalischen Talente begabten jungen Manne, nach Kützschkes' Abgänge die Leitung des Lhororchefters übertragen wurde. Am 9. Juli 1921 sand in dem kleinen Kronensaal das zwei jährige Stislungsfest des Chororchesters statt. Hier hatte der Chor- präsekl Barthel die Gelegenheit, zum ersten Mal vor die Öffent lichkeit als Dirigent desLhororchesters zu treten. Die erste Num mer war der Krönungsmarsch aus der Oper „Die Folkunger" von dem heimischen Komponisten kretzschmer. Der Obersekundaner Marlin Neumann zeichnete sich durch den tief empsundenen Biolinoortrag eines Adagios aus einem Violinkonzert von Bleriot aus, der zu den schönsten Hoffnungen für seine musikalische Ent wicklung berechtigt. In einem Trio von Haydn glänzte neben Neumann und Barthel der Obersekundaner Rudolf Bühler durch sein Spiel auf dem Cello, welches er geschickt zu meistern versteht. Den Höhepunkt des Abends bildeten zwei Chöre von Rath geber und Huber, die der Kirchenchor zum Vortrag brachte. Biese beiden vortrefflich gesungenen Chöre brachten dem Leiter nebst stürmischem Beifall einen Blumenstrauß. Außer dem Krönungsmarsch brachte das Chororchester ein Adagio aus der Oxford-Symphonie von Heydn und ein Menuett von Mozart, welche Vorträge mit allen Nummern des Abends bewiesen, wie sehr der junge Leiter des Lhororchefters seine Kapelle im Zügel hat. Herr Rektor Papst und Herr Prosessor Stöbe ehrten die Mitwirkenden und die Gäste durch herzliche Worte des Dankes und der Anerkennung. Den Rest des Abends bildeten einige Vorträge und die Aufführung des „Nachtwachters" von Körner, in welcher Herr Hanns Fischer als Nachtwächter Tobias Schwalbe mit Frl. Lotte Ientzs ch als Rose das Publikum er freuten. Herr H. Herkt und Arthur Hübner standen ihnen in nichts nach. Wer diesem Stiftungsfeste beiwohnte, mußte Herrn Professor Stöbe rechtgeben, der in seiner Ansprache ausführte, daß sowohl der Kirchenchor wie das Chororchester ebensoviel wert seien wie das Zittauer Museum. Der Genius deutscher Kunst führt die Jugend zu einer glück licheren Zukunft. Der Kirchenchor wie das Kirchenchororchester erfreuen sich mit vielen andern seines Schutzes. Letzteres, gegründet von Stefan Kötzschke und Kurt Sommer (l.Iuli 1919), dirigiert von Dagobert Barthel, gefördert vom Herrn Kirchen musikdirektor Professor Paul Stöbe und unterstützt von den Herren Rektoren des Zittauer Gymnasiums und Realgymnasiums, jeder in seiner Art ein getreuer Eckhardt deutscher Heimatkunst und Wissenschaft. Kampf ist das Leben, Sieg die Kunst! E> LenzzsiL der Heimat.... Es hat unter blühenden Bäumen Der Mai sich so selig verträumt, And leuchtende Tage versanken Don Sonne und Liebe umsäumt. — Mir klangen noch niemals die Lieder Des Frühlings so froh und jo rein. And niemals noch durst ich empfinden, Daß Liebs so heilig kann jein. Du Lsnzzeit der Heimat verleih mir Aoch lange belebende Lust Lum Leben, zum Schaffen, zum Lieds Nus voller, aus glücklicher Brust. M. Lbsrt. VW iE) EIES 'N» Ordnung muß sein Bon F. R. ler Krieg war ausgebrochen. Überall fahndete man auf s Automobile und Spione. Die Schützenbrüder und Miliiäroereinler sperren die Brückenübergänge. Kelten sind gezogen. Aufregung überall. Ich mache täglich einen kurzen Spaziergang. Am liebsten ins Nachbardorf. An der Spree entlang wandernd, biegt der Weg aus die Landstraße ein. Schon von ferne sehe ich Männer in Uniformen, mit Gewehren drohend einherschreitend. Ich zähle 9 Mann. „'s sind Schützen," brumme ich. Als ich näher komme, spreizt einer das Gewehr vor mir, stellt sich breitbeinig hin und quirlt im reinsten Lausitzer: „Doahiehe gibt« nischt. Mir tun spann." Drei, vier Mann stehen hinter ihm. Ich stutze, sehe mir den alten Schützenbruder an. Wir sind Bekannte, haben mehr wie einmal auf der Bierbank zusammen gesessen. „Mich werden Sie doch wohl durchlafsen," flöte ich. „Heute ne!" sagt jener. „Aber so machen Sie doch keine Sache." „Heute ne! Mir lassen kenn Fremden durch." „AVer wir kennen uns doch!" „Heute ne!" „Aber, Lehmann, sehn Sie mich doch an!" „Ich kenn Sie oo, aber heile gihts ne!" „Was geht nicht? „Se müssen en Ausweis hoan." Ich suche in den Taschen. Finde nichts und finde nichts. Ich versuche es wieder mit Bitten. „Heule gihls ne!" Das ganze Bataillon sieht zu. Lehmannbauer weicht keinen Schritt. Ich suche noch immer. Endlich finde ich im Geldtäschchen eine alte Angelkarte von 1909. Die zeige ich dem Gestrengen.