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und Vertretern der Bürgerschaft. Mannigfache Trinksprüche würzten das Mahl. Vielbewundert wurde das neue herrliche Bild der Stadt von ihrem heimischen Künstler Hanns Lindner. Während des Mahles wurde auch wieder einmal der alte, ehr würdige Konventspokal des Sechsstädtebundes zu Ehren ge- bracht, indem man ihn, mit drei Flaschen Wein gefüllt, reihum gehen lieb. Vor allem wurde er den Vertretern der Sechsstädte dargebolen. Der Trunkfestigkeit unserer Vorfahren, die den ganzen Pokal zu besiegen verstanden, erfreute sich natürlich keiner mehr, wie der Chronist getreulich vermelden muß. Der Nachmittag sah Hunderte im anmutig gelegenen Herrmannbade, um dem Schwtmmfest des Schwimmoereins beizuwohnen, das zu einem erfreulichen Beweise für die volks tümliche Leibespflege im Wasser wurde. Der Abend war doppelt besetzt durch zwei heimatliche Festspiele. Das eine, von P. Schwarzbach (ein Löbauer Kind, jetzt in Leipzig), hatte sich den alten Löbauer Sagenstoff zum Vorwurf genommen: Die Wunderblume aus dem Löbauer Berge. Diese Vorführung sand im „Lamm" statt, erweitert uno umrahmt von allerlei Volks- und Feenlänzen, turnerischen und musikalischen Darbietungen. -- Ein umfang reicheres geschichtliches Heimatspiel hat den Löbauer Lehrer R. Plesky zum Verfasser, es behandelt den schweren Schicksals schlag der Lausitzer Sechsstädte, den „Pö n fa l l", in drei groß- angelegten dramatischen Bildern. Die Aufführung, von fünfzig Mitgliedern des Ortssechlvereins Glocke wohl vorbereitet und packend dargestellt, errang sich in der vollbesetzten „Tonhalle" starken, wohlverdienten Beifall. Die Kostüme dieser historischen Bilder waren von unserm heimischen Künstler Martin Neumann- Nechern entworfen worden. Lin Morgen Konzert des Löbauer Liederbunde» hatte viele Frühaufsteher am Sonntag morgen in die hübschen Prome- naden am Alberibad gelockt, um die lieben deutschen Lieder zu hören. Die Kirchgemeinde konnte sich dann am Festgottes dienst sowohl in der alten Hauptkirche der Stadt, der Nikolai- Kirche, wie in der katholischen Kirche erbauen. Um l t Uhr eilte alles nach dem Allmarkte, um hier die Etlbotenläuser zu erwarten, die von allen Sechsstädten, von Weißenberg, ja selbst aus Rumburg herbeieilten, um künstlerisch ausgeschmücktc Glück- Wunschurkunden zu überbringen. Diese wurden von Herrn Bürgermeister Dr. Schaarschmidt mit herzlichem Dank entgegen- genommen. Von Lauban bis Löbau (45 Kilometer) hatte der Eilbotenlaus 2 Stunden ll Minuten in Anspruch genommen, von Görlitz (25 Kilometer) I Stunde, von Kamenz (47 Kilo meter) 2 Stunden 6 Minuten, von Bautzen aus (20 Kilometer) 1 Stunde 2 Minuten, von Zittau aus (26 Kilometer) 1 Stunde 8 Minuten, von Weißenberg (l3 Kilometer) 37 Minuten. Unter all den geschmackvollen Glückwunschurkunden fiel besonders die Weißenberger auf, die wunderschöne farbige Bilder des hei- mischen Künstlers Martin Neumann zeigt. Es sei erwähnt, daß gegen 1500 Eilbotenläufer an dem Ganzen beteiligt waren. Der Göriitzer Köcher wurde durch eine Görlitzer Turnerin Erika Pollack mit folgendem sinnigen Gedicht überreicht: Gruß der Görlitzer Jugend an Lübau. Jin Mittelalter schlossen die Scchsstädte Der Oberlausitz einen starken Bund, Dadurch gedieh das Land, es wuchs der Handel, Des Volkes Wohlfahrt wurde so gesund. Heut bildet unser Bolenlauf der Jugend Bon Stadt zu Stadt das einigende Band. Ein Ziel geworden sind so tausend Ziele, Und tausend Hände bilden eine Hand. Das eine Streben, das uns heut beseelt, Set ein Symbol zugleich, ein tiesres Bild. Uni die Idee der Heimat hochzuhalten, Sei jeder nur vom gleichen Geist erfüllt. Wir wollen immer zu einander stehen, Wir, Deutschlands Jugend, die die Zukunst hat. Und daß der hcut'ge Tag ein Bündnis schaffe, Das ist mein Glückwunsch aus der Neißestadt. <S«org Wbmami. Die volkstümlichste Veranstaltung des ganzen Festes brachte aber der Sonntag nachmittag, einen Festzug der Vereine, Innungen, Schulen usw., bet dem natürlich die Festwagen mit Trachtengruppen ganz besondere Teilnahme erweckten. Ein be- sonders belebtes buntes Geschichtsbild stellten dabei die 50 Spieler des Heimatspiels „Der Pönfall" dar, ihren Festwagen zierte ein Modell des alten Rathauses. Die wichtigsten Hand- werke hatten mit besonderer Liebe Festwagen ausgestaltet, höchst geschmackvoll und teilweise auch humoristisch: auch die bedeutendsten Industrien Löbaus waren hervorragend vertreten (Festwagen der Pianosortefabrik A. Förster, Weberei Gebrüder Müller, Max Müller, Rönsch Söhne usw ). Der Zug endete, nachdem er die festlich geschmückten Straßen durchzogen hatte, auf dem Sportplätze (beim Schützenhause), der in außerordent lich anmutiger Lage zu Füßen des Berges sich cmsbreitet. Hier entfaltete sich nun ein Volksfest im besten Sinne des Wortes, das gipfelte in mannigfachen turnerischen Vorführungen, Massenfreiübungen, Volkstänzen, Liedern usw. Höhenseuerauf den der Stadt Löbau gehörenden Bergen (Löbauer Berg, Kottmar, Rothstein) verkündeten abends weit hin die Festfreude der Löbauer. Auf dem Stadtberge hatte dis Löbauer Jugend außerdem noch ein besonderes Sonn wend fest veranstaltet. Das ganze Fest war auch vom prächtigste« Wetter begleitet, sodaß die Tausende und Abertausende, die weither gekommen waren, ebenso wie die Löbauer eines Lobes voll waren über den glücklichen Verlauf des herrlichen Festes. Dauernde Erinnerungen an die Jubelfeier werden verschiedene wertvolle Schriften sein: 1. Die Festschrift mit zwei wissenschaftlichen Abhandlungen von E. A. Seeliger und O. Staudinger. — 2. Oskar Schwär: Bergstunden. — 3. Oskar Schwär: Der Bierkrieg, Ein Fastnachtsspiel. Dann hat der Löbauer Maler Hanns Lindner im Auftrage der Stadt ein wundervolles Stadtbild für den Ratssaal geschaffen, ferner eine wertvolle Kunstmappe mit sechs Radierungen (Löbauer Motive) herausgegeben. Ihm verdankt das Fest auch eine geschmack- volle Ansichtspostkarte. Für Sammler wichtig ist endlich die Ausgabe von Iubiläumsmünzen in Porzellan, eine Sorte rot braun zu 5 Mk., die teuren weiß mit Goldrand zu 20 Mk. Auch soll zum Angedenken an das Fest ein künstlerischer Markt- brunnen geschaffen werden. Dr. Curt Müller, Löbau «WttlMIlNNMIIIUIIUIUUllllUUUIIlttllttlllUIlUIIUIttlliUIUUUIIUUIIMMUMlllllllUIUUttMr' Isis-Maifahrt 1921 Von Dr. Stübler-Bautzen am Sonnabend, dem 7. Mai, zog eine kleine Schar von 13 Herren und 2 Damen, von Radibor wandernd zur Maisahrt ans bei herrlichstem Maiwetler. Die Niederungslandschaft mit ihrem parkartigen Charakter entzückte das Auge durch das verschieden getönte Grün der Laubbäume, und über den roten Ziegeldächern und alters grauen Stroh- oder Rietdächern der Ansiedlungen lag jener zart blaue Maienduft, den wir aus den Gemälden unserer Künstler kennen. Schon an den Holschaer Teichen zog das Vogelleben unsere Aufmerksamkeit auf sich: das Bleßhuhn prahlte im Sonnen schein mit dem fast metallisch glänzenden Stirnfleck, der ihm den Namen gab; Kiebitze torkelten schwerfälligen Fluges mit ein gezogenem Kopfe aus dem Röhricht; die Erpel der rostbraun köpfigen Krickenten mit ihrem silbergrau gewellten Gefieder jagen hinter den unscheinbare» Weibchen her, und in pfeifendem Flüge ziehen die allbekannten Stockenten über uns hin. In Neschwitz hat die Jugend einen doppeltgeschäfteten 32 Meter hohen Mai baum, eine Birke mit flatternden Bändern, gesetzt, wohl noch höher war der in Wittichenau. Es freut uns, daß diese Heimat- liche Sitte wieder auflebt nach dem Kriege. In Königswartha empfängt uns eine guteingespielte Kapelle mit dem Liede: Ein Jäger aus Kurpfalz, der reitet durch den grünen Wald Uns wird so maienlustig zumut, daß uns die letzte Strophe durch den Sinn zieht wie ein Vorsatz, den wir leider nicht nasführen können: