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Nr. IS Gberlauflher Helmatzsitung NS Heimatfahrt der Bautzner Landsmannschaft in Dresden liebe Gäste waren es, die Sonnabend (ll.Iuni) in Bantzen einkehrten. Biele sind schon inderturinreichen Stadt zu Gaste gewesen, sie kamen, grüßten sie und gingen. Die aber an diesem Tage kamen, die waren NWW keine Fremden, die waren welche von den unseren. Sie gehören zu uns, noch immer, auch wenn Beruf und Leben sie fort geführt hat in die Weite, ihr Bild wird unvergessen bleiben, auch wenn sie fern von uns weilen. Denn auch sie vergessen ihre Hei mat nicht, die alte, echte, die ihre Wiege trug, in der sie Freud und Lust der Kinderzeit verlebten, die ihnen ihre besten Erinne rungen mit auf den Weg gab. Daß sic ihnen unvergessen, daß sie ihnen wert und lieb und teuer ist, bewies ihr Kommen. Mitten im Lärm der Großstadt haben sie sich zusammen gefunden, mitten im Hasten nnd Treiben der vielgeschäftigen Straße wurde ihnen die stille Stadt mit ihren dunklen Toren und starken Türmen, mit ihren moosumgrünten Manern und efeu beschatteten Giebeln lebendig. Der Drang zur Heimat war es, der sie vor zwei Jahren zusammenfügte, der Drang zur Heimat, der sie an jenem I I. Juni auf Stunden zurückbrachte. Und wie freudig nahm sic die Heimat auf! Fahnen winkten ihnen von Dächern und Türmen schon in der Ferne zu, wie man alten, trauten Freunden zuwinkt: „Kommst kommt!" Das war ein Wiedersehn! Hier drückte man sich froh die Hand zum Gruße, dort wurden alte Erinnerungen ausgetauscht, da wurden frühe Freundschaften erneuert, hier neue geknüpft. Eitel Freude war es, die den stimmungsvollen Raum durchzog, in dem man sich am Sonnabend abend zusammengefunden hatte. Freude sprach aus den Worten des Oberbürgermeisters Riedner, welcher die Gäste in Bautzens Mauern aufs wärmste willkommen hieß, und Geh. Rat Dr. Kae übler versicherte mit Worten, die von Herzen kamen und zu Herzen gingen, daß er und seine treue Schar mit Freude gekommen seien. Lieblich tönte der Männerfang seine Weisen von Heimat und Freundschaft, und mit den mundart lichen Versen klangen alte, vertraute Laute in Ohr und Herz. Nur zu schnell waren die Stunden verflogen. Als man am Abend auseinanderging, ging man mit dem Bewußtsein, Stunden der Freude und Liebe gewonnen zu haben, Stunden, an denen wir so arm geworden sind und die wir doch so dringend not haben. Am Sonntag morgen in der Frühe ging man durch die Stadt, an alte, liebgewordene Orte, zum Rathaus und zum Petridom. Zwar stürmte es draußen und der Himmel schien trübe darein, aber drinnen, da leuchtete es von Licht und Sonne und vergol dete die Stätten, an denen man einst, vielleicht vor vielen, vielen Fahren, geweilt. Eine Weihestunde eigener Art aber brachte das kurze Bei sammensein um Mittag im Bürgersaale. Der Raum, in welchem sonst ein Stück Stadlregierung geschieht, war heute geschmückt mit Maicngrün und Tannenzwcigen,' wo sonst politische Mei nungen oft hart aneinanderstoßen, klang heute nur ein Gefühl wieder, in dem sie alle sich einten, die da in langen Reihen saßen: das Gefühl der Heimat, Freundschaft und Zusammengehörigkeit. Liebe Heimatlieder sangen Kinder. Für die Bautzener sprach OberbürgermeisterNiedner: „Das Wort unseres deutschen Dich ters, der heute noch so modern ist wie vor hundert Jahren: „Ans Vaterland, ans teure schließ dich an, Das halte fest mit deinem ganzen Herzen, Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft!" Dieses Wort gilt ganz besonders auf die Heimat im engeren Sinne. Es ist wahr, in unserer Heimat liegen die starken Wur zeln unserer Kraft. Das werden Sie, die Sie sich hier im festlich bewegten Bürgersaale unserer Stadt zu einer Feierstunde zusam mengefunden haben, so recht aus innerstem Herzen empfinden. Ich begrüße Sie auch bei dieser Gelegenheit in Ihrer alten, lieben Heimat. Je trauriger die äußeren Verhältnisse unseres deutschen Vaterlandes sich gestaltet haben, umsomehr müssen wir den Wer ten nachjpüren, welche uns über die Ungunst der Zeiten hinweg helfen, die uns Kraft verleihen, das Unglück, welches über uns hereingebrochen isst zu tragen, größer zu sein als unser Unglück, stark zu werden und fest zu stehen in allen Stürmen, welche das Leben uns noch bringen wird. Und da ist die Heimat und das, was wir hier finden in der Heimat, was wir hier erleben und empfinden, eine Kraft, die uns vorwärts und aufwärts helfen kann. Blicken Sie von den schön bewaldeten Bergen der Um gebung auf die blühenden Fluren, auf die reichgesegneten Felder! Sollte nicht dieser Anblick einen Strahl des Friedens und der Dankbarkeit in uns aufleuchten lassen? Und wenn Sie mit An dacht in den altehrwürdigen Petridom eingetreten sind, wenn Sie die alten, Ihnen wohlbekannten Klänge wieder hören und die himmelanstrebenden Pfeiler und Bogen bewundern: Wird Ihre Zuversicht nicht gehoben, daß es noch etwas Höheres gibt als unsere kleinen menschlichen Geschicke und Leiden, wenn auch die Formen, unter denen wir das Göttliche verehren, verschieden sind? Oder Sie treten ein in unsern alten schönen Ratssaal mit den Bildern der alten Ratsherren und Bürgermeister: Die wissen davon zu erzählen, durch wieviel Not und Elend auch die Stadt Bautzen hindurchgegangen ist. Hier das Bild über meinem Haupte im Bürgersaal (die Hussiten berennen Bautzen) schildert eine solche schwere Zeit. Und doch sind immer wieder bessere Zeiten gekommen! Und doch hat sich Bautzen aus Schutt und Asche immer wieder zu neuer Blüte emporgearbeitet! Sollte uns das nicht mit Mut und Zuversicht für die Zukunft erfüllen? Und wenn Sie dann im Museum sich an unseren schönen Samm lungen der Kunst erfreuen: Sollte in ihnen nicht der Gedanke mächtig werden, daß es unzerstörbare Werte im Leben gibt, die kein Feind uns rauben kann, daß es nur auf den Menschen selbst ankommt, ob er innerlich reich und reif ist, um trotz allen Un gemachs, das ihn bedrängt, Kraft und Mut zu behalten, um sich zu freuen an dem, was schön und wahr und groß im Leben ist? Ich denke mir es als einen schönen Gewinn Ihrer Heimatfahrt, wenn etwas von dem Hochgefühl Ihre Brust erfüllt, aus der Heimat neue Kraft, neue» Mut für Ihr ferneres Leben zu schöpfen. Eine der mächtigsten Offenbarungen künstlerischer Größe, die neunte Sinfonie von Beethoven, bringt es gewaltig und erhaben zum Ausdruck, wie der gewaltige Mensch über alles Erdenleid, das ihn zermürbt, das uns zerreißt und bekümmert, trotz der Schicksolsschläge, die auf ihn einhämmern, doch letzten Endes in dem Gefühl einer Freude, das ihn sich über das Irdische erheben läßt, triumphiert. Und so mögen auch Ihnen, wenn Sie Ihre Schritte wieder heimwärts lenken, die Tage in Bautzen als eine schöne Erinnerung haften bleiben. Möchten Sie aus der Heimat neuen Lebensmut und Kraft schöpfen, aus dem Schönen, das uns erfreut, aus dem Großen, das uns erhebt, aus dem Wahren, das uns vorwärts bringt!" Goldene Worte waren es, die darauf Geh. Regierungsrat Dr. Kaeubler, der frühere Bautzner Oberbürgermeister, sprach: „An dieser Stelle, an der ich vor mehr als dreißig Jahren beim Antritt meines Amts geschworen habe, das Beste der Stadt Bautzen nach Kräften zu fördern und an der ich vor bald drei Jahren bewegten Herzens Abschied nahm von Amt und Heimat, stehe ich heute als Vertreter derer, die mit mir sich in Dresden im Verein Bautzener Landsmannschaft zur Pflege der Heimat liebe zusammengeschlossen haben und welche die Sehnsucht, die alte Heimat wiederzusehen, hierhergeführt hat Und Ihr, liebe Kinder, die Ihr mit Heimatliedern uns diese Stunde weihe voll verschönt, nehmt unsern Dank für die Tat der Heimatliebe entgegen und nehmt auch für Euch eine Mahnung zur Heimat liebe mit hinweg, auf daß Euer ganzes Leben hindurch Euer Herz die dankbare Liebe, die Ihr der Heimat schuldet, nie vergesse! Die Liebe zur Heimt ist unbestritten die Grundlage aller mensch lichen Tugenden. Auf ihr beruht das Gefühl der Zusammen gehörigkeit, die Anteilnahme am Wohl der Volksgenossen, das Streben, diesem Wohl zu dienen. Die Heimatliebe, wenn sie die rechte ist, überbrückt die Gegensätze, schließt die Liebe zn den Volksgenossen in sich und überbrückt alles, was im Leben den Menschen vom Menschen trennt. Das ist auch der Grundsatz unserer Bautzener Landsmannschaft, die von winzigem Anfang