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Das Wort „Präbende" führt zu einer Betrachtung der Einnahmen de» Domstifts, die hier eingeschaltet sein möge. Da das Domstift aus der ehemaligen Stadtpfarre hervorgegangen ist, muß angenommen werden, daß die Einnahmen des Pfarrers ohne weiteres auf das Kapitel übergegangen sind. Doch waren diese Einkünfte nur gering, das Stift konnte unmöglich von ihnen leben. Darum hatte der Gründer, wie schon angedeutet wurde, ihm gleich zu Anfang namhafte Zuwendungen gemacht. Er schenkte ihm Schmiedefeld bei Stolpen und Kunnersdorf bei Löbau. Aber auch das reichte nicht aus, vielmehr stützte sich das Stift auf eine Reihe laufender und ein maliger Einnahmen, die durchaus nicht gering waren, sodaß das Bautzener Domstift jeder Sorge nach dieser Richtung hin enthoben war. Man kann die Einkünfte nach ihrem Charakter in kirchliche und weltliche gliedern. Zu den ersteren gehören zunächst die Präbenden. Das Stift besaß als solches, teils durch Ankauf, teils durch Geschenke, ein Gesamtvermögen. Im zeitigen Mittelalter waren die Bischöfe alleinige Nutznießer des Vermögens, später wurde es unter die Kanoniker geteilt, ein Teil hieß Präbende. Eie bildete das feste Amtseinkommen eines jeden Kano- nikers, das ihm auf Lebenszeit zustand. Doch hatte er keine Eigentumsrechte darüber, nach seinem Tode fiel es wieder an das Stift zur anderweitigen Vergebung zurück, Der Besitz einer Präbende berechtigte zu mancherlei An sprüchen, z. B. auf freie Amtswohnung u. a. m. Die Einkünfte aus der Präbende beruhten fast ausschließlich auf der Lieferung von Getreide, zu der die Gemeinden herangezogen wurden. Die Ortschaften erhoben diesen „Getreidezehnt" wiederum von ihren Bauern. Über Art und Höhe der Lieferungen geben uns alte Urkunden und Aufzeichnungen in Wirtschaftsbüchern Aufschluß. Da heißt es z. B. vom Dorfe Preititz bei Bautzen, daß dort früher große „Pauern" gewesen seien, jetzt sei aber ein großes Vorwerk aus allen Gütern gemacht worden, dieses habe jährlich abzustatten „31 Sch. 2 V. — M. Korn, 31 Sch. 2V. — M. Hafer." Kleinbautzen hatte „16 Sch. — B. — M. Korn" zu liefern, Doberschütz 5 Scheffel Korn und ebensoviel Hafer. Die Höhe richtete sich nach der Größe des Besitzes. Zu dem in Naturalien bestehenden Teil der Präbende gehörte noch das sogen. Präsentgeld, das im wesentlichen aus Zinsen und Hosegeldern der Erbgüter bestand. Neben den Präbenden bildete eine wesentliche Ein nahme der sogen. Zehnte, der von den Untertanen ab gegeben werden mußte und hauptsächlich im Getreidezehnt bestand. Zuweilen hören wir auch von einem Honigzehnt, den z. B. König Ottokar von Böhmen und 1245 die Königin Kunigunde von Böhmen dem Stift leisteten, letztere aus den Orten Dobranit;, Connewitz und Coblenz. Wie aber heute, so zeigten sich auch damals schon die Ablieferer säumig in ihrer Pflicht, und das Stift hatte darüber oft Klage zu führen, wie folgende Stelle aus einem domstistlichen Wtrtschaftsbuche beweist: Da heißt es, daß Weigsdorf jährlich 2 Scheffel 3 Viertel 2 Metzen Korn und 5 Scheffel 2 Viertel Hafer abgeben solle, aber nichts abführte, trotzdem es oft gemahnt worden war. Von Wendischpaulsdorf bei Löbau wird sogar gesagt, daß es 42 Jahre hintereinander nichts abgegeben habe. Wo Ermahnungen fruchtlos blieben, schritt das Stift mit Kirchenstrafen ein, und wenn auch sie nichts halfen, er- folgte Anzeige beim Landesherrn und beim Bischof. Von dem Zehntgetreide gab das Stift nicht alles auf die Präbenden ab, ein Teil wurde zur Gesamtverwaltung zurückbehalten, man bezeichnete dies als den „Dezimen ins Stift." Als letzte der kirchlichen Einkünfte seien die sogen. Altarstiftungen angeführt. Man könnte sie vielleicht als „gute Werke" bezeichnen, die zur Erleichterung schuld- beladener Seelen von den Gläubigen getan wurden. Es waren Stiftungen, die fromme Leute einzelnen Heiligen errichteten und die nach diesen ihren Namen hatten, freiwillige Beiträge, die — im Gegensatz zu den vorhin genannten Abgaben — unregelmäßig flössen und ver schieden hoch waren. Auch mußte das Stist als Gegen leistung für den Betreffenden, zu dessen Gedächtnis die Stiftung errichtet worden war, an bestimmten Tagen und an bestimmten Altären Messen lesen. Diese zelebrierten zumeist eigens dazu angestellte Hilssgeistliche, sogenannte Altaristen oder Vikaristen. Daher hießen die Altar- stiftungen wohl auch noch Pikarien. Während die Stif tung dem Kapitel verblieb, erhielten die Vikaristen zu ihrem Unterhalte die Zinsen. Vielgestaltiger als die kirchlichen sind die weltlichen Einkünfte. Als erste sei der Erbzins genannt, der wohl auch Grundzins, Grundrente oder Grundsteuer hieß. Das Stist besaß Ländereien, nicht nur Güter, Mühlen und dergleichen Einzelgehöfte, sondern ganze Dörfer. Der Zins, den die daraus wohnenden Bauern zu leisten hatten, war festgesetzt und richtete sich nach der Größe des Besitzes. Ec wurde zum Teil in Geld, zum Teil in Naturalien abgestattet. In den Wirtschaftsbüchern lesen wir beispielsweise von Zinseiern, Zinsgetreide, Zins hühnern u. ähnl. Auch von einer Rauchsteuer, einer Kopfsteuer, einer Mundgutsteuer, einer Personensteuer, einer Gewerbesteuer hören wir. Damit hat es sein eigen Bewenden. Es handelt sich hierbei nämlich um Steuern, die das Stift als Gutsherrschast für den Staat einzog. Bei der Einhebung ging es vor wie einstens die Zöllner, es verlangte „mehr als gesetzt" war — wie es von diesen in der Bibel heißt — und behielt das Mehr für den Stistssäckel ein. Natürlich sahen die Gemeinden hierin eine Übervorteilung und legten — ob mit Recht oder Unrecht, soll hier nicht entschieden werden — dagegen Beschwerde ein. Ts kam zu langwierigen Prozessen zwischen ihnen und dem Stift. So hören wir u. a. von den Gemeinden Ober- und Niedercunnersdorf, Großdehsa und Kleinpostwitz, daß sie Rechtshändel aus dem an geführten Grunde mit dem Domstift hatten. Eine weitere Einnahme bildeten die Hofedienste oder, wie sie auch genannt wurden, Robotte. Die Erb- untertanen hatten nämlich außer dem Grund und Boden, auf dem sie wohnten, auch die übrigen Besitzungen de« Domstifts zu bewirtschaften. Dazu wurden sie tageweise in der Woche herangezogen. Die Häusler leisteten meist Handarbeiten, die größeren Bauern mußten Spanndienste tun. Je nachdem unterschied man Handrobotte und Zug- robotte. Die Bauern gingen natürlich sehr ungern „zu Hofe". Nicht nur, daß sie für die Arbeitsleistung gar keine Entschädigung bekamen, es gingen die Tage, an denen sie für die Gutsherrschast arbeiteten, der Arbeit auf ihrem Grunde verloren. Wem es darum nur einiger maßen möglich war, der zahlte an Stelle der praktischen