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vk»nvoren Blatten fül^ Sonntag, 29. Mai )92I Unbevechtigrel' Nactiöriuc^ Erscheint aller 14 fLugr» Aeei'/crgs' L?eimatkunöe ' «III«! »II» ! » „I II>MM»!I»»>7II Scsinstleftung und Geschäftsstelle in^Reichenau.Sa. Fernsprecher Nr. 21S Vr.u Gescf>Lok)te, ^Kunst.Literalui^ Druci^ u.Verlc>g:Älwm Marx (Jntz.l)tto Marx) Südlaufttzer Nachrichten,Reichenau^Sa. 2. Jahrgang Wolken Schöne Wolke, Halls stille! Warum eilst du gar so schnell, ist es deines Schöpfers Wille, dop' du pünktlich bist zur Stell'? Las) mich sinnend nach dir schauen. — Phantasie im Wolßendunst — Schlösser will ich aus dir bauen, denn du bist ein Werk der Kunst! Meisterhände sinds gewesen, die dich formten, bis zum Tod. Mus) der Schwächste nicht genesen, Wenn er sieht dein Glnhsndrot von Leben sprühend doch nie lange? G sieh! Dazwischen jäh sich schon drängt ein feindlich Grau, gleich einer Schlange, das mit dem Glutrot sich vermengt. Jetzt ein Kamps, ein heitzes Dingen, düster ballen graus Fetzen, wer wird wohl den Sieg erzwingen, wer den Feind zu Tode Hetzen? Atemlos steh ich und spähe. — G, du armer Erdsnwurm, spürst du nicht die grauj'ge Nähe des Entscheidens? — Es gibt Sturm l Horch, schon rauscht es in den Bäumen, leise erst, dann bricht es los!! l Röchelnd noch ein letztes Schäumen in den Wolken — Todesstotz! Nur noch trübe Dünste hängen in den Lüsten schwer und bang, und nun ist's, als ob sie sängen deiner Schönheit Gcabgesang. Einem Menschenleben gleichend ist die Wolke glühendrot. Heut Glück bis zum Rande reichend, morgen vielleicht schon der Tod?! Mensch, niemals wirst du ergründen dies Geheimnis!.— Wolksndunst — Täglich mutzt du neu empfinden: Natur hat die Höchsts Kunst l Lharloit« Hartmann, Rosenthal Am Birkteich Roman aus dem Lausitzer Volksleben 7) von Richard Blastus ^M^Wehnliche Gedanken beschäftigten die Mutter. Gegen MMW zwanzig Jahre waren verflossen, seitdem sie diesen Weg nicht mehr betreten. Es hatte sich sehr wenig MWD geändert in dieser Zeit. Industrie war nicht ins Dorf gekommen, und die Bauern liebten keine Neuerungen. Dort oben, wo jetzt die zwei großen mas,ioen Gebäude standen, hatte früher ihr Geburtshaus herunter geschaut. Eine Träne der Wehmut schlich ihr ins Ange. Die Bilder der Kindheit jagten in wirrem Durcheinander durch ihren Kopf. War es auch anders zu erwarten? Jeder Baum und Strauch, jedes Haus, jeder Steinblock im Bache reden von Zeiten, die in ihrer glücklichen Reihe schon so lange dahin waren und einem Leben Platz gelassen hatten, das sie fast ein verlorenes nennen möchte, wenn nicht das blühende Antlitz ihrer Tochter gewesen wäre. Unterdessen waren sie an den Schulgarten gekommen, in den Lenas Augen so neugierig lugten, daß Felix seine Gäste erst dahinein führte. Agnes blieb sinnend unter einer breit ästigen Kastanie sitzen, während Felix und Lena eng um schlungen durch all das Blühen schritten. Der Garten zog sich an einer sanften Anhöhe hinauf. Dort oben stand das Paar und schaute, Wange an Wange gelehnt, hinunter. Uber sie streckte ein Kirschbaum seine blütenschweren Aste. Durch seine schneeige Wolke fuhr ein leiser Lusihauch und überschüttete das Paar mit reinen weißen Blütenhüllen, als wolle er dem Herzensbunde da unten auch seine Weihe geben. Felix bedeckte Lenas Hände mit glühenden Küssen, bis sie ihm diese errötend entzog und verlangend seinen Mund suchte. Sie träumten, bis die Sonne langsam zum Feier abend rüstete und goldene Wolkensäume malte. Da keh ten ihre Seelen aus den sonnigen Traumländern in die Wirk lichkeit zurück Ihr Mund sand sich noch einmal, dann schrit ten sie der Mutter zu und selbdritt ins Schulhaus. Hier gab es noch viele öde, unbehagliche Winkel, welche schon lange auf frisches, jubelndes Leben warteten. In seinem Arbeitszimmer konnte zwar Felix auch nur einige harte Stühle anbieten, aber wenigstens lag hier nicht der graue Staub, der beengende Moder der Verlassenheit. Die hohen Bücherregale, der beladene Schreibtisch sprachen von Arbeit.