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136 GberlausihsrHelmatzeltung Nr. 10 Schloß Reibersdorf Von Richard Mäitig stolz sich Marktflecken nennende, sonst aber sehr bescheidene Dörfchen Reibersdors bietet verschiedene das 1736 eingeweihte, Innerlich klassizistische trauliche Dorskirchlein, aus dem dasselbe KWWÄ umgebenden Friedhose zwei etwas verwitterte, nicht aber ganz ungeschickte renaissancene Rittergrabsteine, darstellend Hieronymus von Moxen und Kaspar von tzaugwitz, die sonst schlichte, dem Gotteshause angeiügte von Einsiedelsche Gruft mit reichem Barockaiebel von 1746, das inmitten weitläufiger Gutsgebäude stehende schwerdachige, wohl von Heinrich Prescher- Zitlau 1690 errichtete, im Volksmunde als Amtshof bezeich nete alte Schloß und als bedeutendste der stattliche großzügige Bau des neuen Schlosses mit seinem reizvollen Park, welchen beiden, soweit es erlaubt, wir einen Besuch abstatten wollen. Kommen wir vom Marktplätze her und wandern sodann die Sommerauer Straße hinaus, läßt sich alsbald, nachdem die Wirtschaftsgebäude des Hofes zurückgewichen, das vornehme Schloßgebäude in seiner schönsten Ansicht erblicken. Ein nicht allzu großer, von niedrigem Gebüsch umsäumter Teich bildet den Vordergrund, dann folgt eine Reihe hoher Linden und hinter diesen erhebt sich in taktvoller Bescheidenheit das Schloß selbst. Umschreilen wir den Teich, so präsentiert sich die weite Ein- fahrt: zwei klaisizisrische Psetler mit Trophäen (nach der Straße) und Wappenschildern (noch dem Hose) obenauf. In des Hofes Mitte erhebt sich ein seiner Brunnen in ansprechenden zopfigen Formen; aus einem baumstammartigen Unterbau steigt ein von Voluten viermal eirgesaßter Säulenstumps mit kräftigem kreis runden Architrav, daraus in abenteuerlichster Weise Delphine mit Dreizack und Ruder aus Eckilswerk heroorschielen. Im Unterbau zwei phantastische Wasserspeier, welche das lustig sprudelnde Naß in zwei (ein kleineres und andererseits ziem, lich umfangreiches) Becken gießen. Das dahinterstehende Schloß zeigt sich als ein süns .ehn Achsen langes und fünf breites Rechteck mit nach dem Hof- zu herauswachscnden Flügeln, dem Grund ritz dadurch eine ss-Form gebend, dazu noch beiderseits wenig heroortretende Giebelrisatile. Die Bauformen halten fick In sehr abgeklärtem und schon dem Klassizismus fick zuneiaenden Rokoko; die zwei auf einem, dem Ganzen etwas herrschlickes Aussehen gebenden Sockel ruhenden Geschoss-- sind durch nichts melier als durch breite ringsherurnlauiende Gesimse, wie durch großzügige von schwachen Ltsenen umrahmte Fenster, davon die unteren je eine kleine ornamenrale Muschelbekrönung ousweiien, belebt. Der Mittelbau oder Risalit, von d-ssen Giebel (der Hof seite) das von Einsiedelsche Wappen in Kartuschenumrahmung und von zwei Löwen bewacht heeabgriitzt, hat zu Seiten seiner höfisch feinen, von einer stattlichen Freitreppe vorgelagerten Lrngangsiür wie auch im Oberstock je ein Feld mit Wappen und sonstigem Palmen- und Lorbeergehänge. Der Gartenseite Hauptschmuck bildet die weit mächtigere Freitreppe mit von Balustraden, daraus in wohlgeordneter Symmetrie je ein Löwe und Vase sich verhallen, abgegrenzter Terrasse. Der Risalit, giebel trägt zwischen Gattengerä« uud Blumen ein großes »L". Das Schloß wird von einem gut abgewogenen Walmdache, aus welchem noch dazu els charakteristische Kamine steigen, wie in zweireihiger Anordnung reizende Ochsenougendachfenster heraus- wacl sen, bek önt. Die Bemalung des Baues — blauaetönter Sockel, gelbe Putzflächen und weiß die Gesimse und Stukka- turen — ist sehr farbenfroh geholten und gibt dem Ganzen einen festlich heileren Charakter. Zur Vervollständigung des hosartigen Gepräges lagern sich beiderseits des Schlosses je ein langes ein stöckiges, in gleichen Bausormen gehaltenes mit -Inem zierlichen Dachreiter geklöntes Seitengebäude hin. Als Schöpfer dieser wunderschönen Anlooe wird der Zittauer Bousckrciber Andreas Hünigen genannt; 1763 begann er und 1766 vollendete er den äußeren Bau, hingegen die innere Vollendung bis 1799 an- dauerte und vom damaligen Reichsgrasen Johann Georg Fried rich von Einsiedel in Benützung genommen werden konnte. Der später noch zu erwähnende Parktempel entstammt dem Jahre 1830, soll aber im wesentlichen einem 1796 von Eschke ent- worsenen Plane ähneln. Das seit seiner Entstehung unberührte, der Außenwelt leider verschlossene Schloßinuere soll durchweg vornehmes Empiremobiliar in seinen rokvko klassizistisch stuk kirrten Gemächern, sowie eine nicht unbedeutende Gemälde galerie, darunter Bilder von A. Graff-Dresden, Louis de Sil- vestle und gar eins von Tizian sich befinden, aufweisen. Nur das durch seine schwungvollen linearen Füllungen künstlerisch wertvolle Geländer des Treppenhauses läßt sich durch ein Fenster von außen sehen Außer diesen Kunstschätzen ist noch eine reich- haltige Bibliothek vorhanden, hingegen das Archiv im asten Schlosse untergebracht wurde. — Rechts und links des Schlosses laden schlichte Tore zu einem Besuche in den dahinter sich aus breitenden Park ein; folgen wir diesem Ruse, werden wir aufs beste befriedigt, darf sich doch ohne jegliche Übertreibung diese Gartenanlage rühmen, eine der schönsten unserer Heimat zu sein. Mit dem Schlosse gleichzeitig angelegt, gestaltete man diese nach der damals sehr beliebten sogenannten französischen Art, das heißt nach dem in Frankreich zuerst gepflegten System, die Natur gewaltsam in kunstvolle Symmetrie, wie schnurgeraden Wegen, verschnittenen Bäumen, Toxushecken, zu bannen, sowie oben drein mit fröhlichen Bildwerken und sonstigen Kunstwerken zu schmücken. Doch mutzte sich, da inzwischen die englische Garten kunst Mode geworden, das Ganze zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts eine Änderung soweit als möglich nach diesem Geschmacks gefallen lassen. Nebenbei ermähnt, betonte diese Rich- tung, im Gegensatz zu jener ersteren, die sich frei entfaltende Natur unbeschnttten walten zu lassen, beliebte anfangs schlichte, ungekünstelte Motive, wie einfache Baumgrvppen inmitten grünender Matten, durch Blicke auk laufende Wässerchen und dergleichen, verflieg sich aber schlechterdings später zu künstlichen Hügelcken mit Gartenhäuschen, hohen Bogendrücken und sonstigen unnatürlich wirkenden Effektmitteln. Durch diese nur teilweise durchgesührte Umgestaltung erhielt der Reibersdorser Park das angenehme Gepräge. Bemühen wir uns zunächst bis vor die Schlotzterrosse und ein herrliches Bild wird uns zuteil. Den gesamten Park durchziehen drei Achsen, gewissermaßen Schneisen, welche je einen Blick nach einem bestimmten Objekte gewähren; die mittlere zeigt einige von Zittaus Türmen mit dem Breite- Berg dahinter, die rechte läßt uns das nahe malerische Frieders- dors sehen und durch di? linke grüßt aus weitester Entfernung der stattliche Hochwald. Wie schon angedeutet, milderte die spätere Engtisierung den früher gewiß steifer gewesenen Charakter, sodaß dieses Bild einen wundervoll-natürlichen Zug erhält. Noch diesem Genosse ergehen wir uns einmal In den hehren Hallen, welche die mächtigen Linden und Eichen auf natürlichste Art bilden, um von der Schönheit der Natur und der feierlich darüber- gegossenen Gottesruhe, welche nur hin und wieder durch dos Schnauben und Bimmeln der in unmittelbarer Nähe vorbei fahr,nden Kleinbahn, oder durch das Geschrei der Dorsjugend oder im Gutsteich sich badende Gänse gestört wird, ein wenig zu nippen. Bald leuchtet uns durch Gebüsch ein auf einem Hügel stehender kleiner Gartentempei entgegen. Seine nach Westen gerichtete Eingangsseite zeigt einen ans vier jonischen Säulen bestehenden Portikus, an dessen Giebel die Worte: »^micis et xenio" prangen. Des Tempels kuppclüberdachte Innere mit seinen schönen Stukkaturen und köstlichen Malereien ornamentaler Art läßt sich durch ein zerichlagenes Fenster sehen — wie ja überhaupt der ganze hübsche Bau etwas vernach lässigt scheint —, hinter ihm, so ganz, als wäre sie nur ab- gesetzt, steht eine auf gefälligem Sockel ruhende Büste Sophokles, als Zeuge des literarisch hochgebildeten klassischen Zeitalters, in etwas weniger zart durchoeführter Manier. Links des Hügels breitet ssch innerhalb der Mittelachse ein lieblicher Teich, in dessen Fluten dos Scklotz sich stolz bespiegelt, aus, danach folgt eine hohe Steindrücke, weiter vor eine mehr renaissancene als antike Banklaube und noch etliche solcher Intimitäten. Nebenher vermögen uns kleine Durchblicke nach dem Schlosse sowie nach der lieblichen Umgebung zu entzücken und wir leicht geneigt werden, länger als gewollt, in diesem „Elysium" zu lustwandeln.