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958 L. Vom Wiener Congreß bis zur Julirevolution. triotismus, des Nationalgcfühls. Seine „Geschichte der Revolution" ist eine Ver herrlichung des großen Ereignisses, das eine neue Aera in der Entwickelung der Menschengeschichte begründet habe, ja eigentlich die Quelle alles Rechts, alles Guten und Edlen, der Anfang aller eigentliche» Geschichte sei. Sein Heros ist das Volk, der instinctive Wille der Nation. Aehnliche, halb philosophische, halb journalistische Schriftsteller sind auch Jules Simon sie travail, l'eoole u. a.) und Eugene Pelletan (1a lamills, 1a märe. re. la irorrvells 1ta1>vl»n6 ein Angriff gegen das zweite Kaiserreich). Geistreicher und mit mehr sittlichem Nachdruck hat Laboulaye die faulen Zustände der sechziger Jahre in seinen fesselnden kleinen Schriften karis sir Vinericjna, Urinos Oanielre u. a. ge geißelt und in den Vorlesungen über die politische Geschichte der nordamerikani schen Union ein Gcgenbild ausgestellt. Große Anerkennung fand die „Geschichte Frankreichs" in der monarchischen Zeit, von dem republikanisch gesinnten Henri Ab^iÄv" Martin, in welcher gründliche Forschung mit Wahrheitsliebe, Freimuth und gewandter Darstellung verbunden erscheinen. Eine gehaltvolle Schrift „über den N7g-i85«! Krieg der Fronde" rührt von dem Grafen St. Aulaire her; und über die pro- vcnealische Volkspoesie und andere Theile der Literaturgeschichte haben Raynou- ard, Fauriel, Ampere, Nisard, Villcmain, der Meister eleganter Form, Gin- guene (ch 1816, „Literaturgeschichte von Italien") und der erwähnte Sainte- Beuve werlhvolle Arbeiten geliefert und gründliche Forschungen angestellt. Sainte-Beuve's Hauptwerk ist eine Geschichte von Port-Royal; seine Aufsätze, Kritiken und Recensioncn, welche jeden Montag im Constitutione! zu erscheinen pflegten und jetzt in einer stattlichen Reihe von Bänden als »6au86ris8 äu luucli» gesammelt sind, gehören zu dem besten, was je in dieser Gattung geschrieben worden ist. Es sind wahre Musterstücke, sowohl durch die Feinheit und Klar heit des Stils als durch den Ernst der Auffassung und die Vielseitigkeit des Ur- theils. Die „Geschichte des Königthums" von Alexander Graf v. St. Priest, einem unter der Emigrantencolonie zu Odessa herangewnchsenen französischen Edelmann, ist das Produkt aristokratischer und legitimistischer Bildung und An schauung; die „Geschichte der Eroberung Neapels durch Karl v. Anjou" eine Rettungsschrift aus nationalen und kirchlichen Gesichtspunkten. Mit besonderer Vorliebe wendete sich die französische Geschichtschreibung der g,^i7S6.'Revolution und dem Kaiserreich zu. F. A. A. Mignet aus Aix, ein fruchtbarer klassischer Historiker, hat in einer gedrängten Darstellung dieser großen Geschichts epoche mit logischem Geist und fatalistischer Anschauung nachgcwicsen, wie jede ein zelne Erscheinung als uothwendige Folge vorangegangener Ursachen unvermeidlich eintreten mußte. Doch verwahrte er sich in einer Gedächtnißrcde. auf den Philo sophen und Historiker Droz. welcher in seiner „Geschichte Ludwig's XVI." einen ähnlichen pragmatischen Fatalismus in der Entstehung der Revolution nachzuweiscn suchte, daß man eine Erklärung nicht für eine Rechtfertigung nehme. „Wenn in solchen schrecklichen Augenblicken die Macht des Einzelnen sich ver-