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956 L. Vom Wiener Cvngreß bis zur Iulircvolution. ,^-Wcht- In der Geschichtschreibung schritt man theiis auf der durch Voltaire und Montesquieu geöffneten Bah» des philosophische» Pragmatisnius fort, thcils legte man das Hauptgewicht auf die kunstvolle Anordnung und Verarbeitung des mit Fleiß und Sorgfalt erforschten historischen Materials, mehr die for male Seite der Historiographie ins Auge fassend. In der ersterc» Richtung nimmt die hervorragendste Stelle der berühmte Staatsmann und Schriftsteller E^uijo,Franc. P- Guizot ein, indem er in einer Reihe von Werken („Geschichte der Civilisation in Europa", „Kulturgeschichte Frankreichs im Mittelalter", „Geschichte der englischen Revolution" nebst einer Sammlung von Denkschrif ten über dieses Ereignis, und aus der französischen Geschichte u. A.) den zu- sammengetragcncn historischen Stoff hauptsächlich dazu benutzte, philosophische Ergebnisse und Idee» im Sinne der eklektischen Philosophenschule daraus zu ziehen, oft mit politischen und religiösen Nebenteudcnzen und einer Vorliebe für das Stüdtc- bürgerthum des Mittelalters. Guizot sieht die Civilisativu, d. h. die Herrschaft der Ideen über die Materie, der Vernunft über den Jnstinct, der Prüfung über die Ge wohnheit, als die Aufgabe der Menschheit selbst an, und betrachtet die freie Ent wickelung des Individuums und dic Uebereinstimmung der öffentlichen Einrichtun gen mit diesem Zweck des Einzelnen als das vornehmste Kennzeichen einer wahren Gesittung. Klar und logisch in der Analyse der historischen Erscheinungen, ist er dagegen einförmig und trocken in der Erzählung, ohne Schwung und Phan tasie. In der letzteren künstlerisch und formal vollendeteren Gattung ragen neben Bar ante, dem Verfasser der „Geschichte der Herzöge von Burgund", der früher angeführten „Geschichte des Nationalconvcuts und des Direktoriums", und der geistreichen „Geschichte der französischen Literatur im achtzehnten Jahrhundcrl", ^795-!Ä besonders hervor die Brüder Augustin und Amedee Thierry, deren durch gründ- Forschungen über die Natur und die Cigenthümlichkcitcn der verschiedenen i7»7-l87g Volksstäuime unterstützte genetische oder beschreibende Geschichtsbücher neue An schauungsweisen hervorricfeu. Die „Geschichte der Eroberung Englands durch die Normannen"; die „historischen Briefe"; die „Erzählungen aus den Zeiten der Merowinger"; die „Geschichte der Entstehung und Entwickelung des dritte» Standes" im Sinne von Sieyes, von Augustin Thierry, der einige Zeit der Ver bindung der St. Simonisten angehörte und im Alter erblindete, und die „Ge schichte der Gallier" von Amedee Thierry regten durch lebensvolle plastische An schaulichkeit das Interesse der Franzosen für die geschichtliche Vorzeit ihres Lan des mächtig an. Der leichteren Methode der Historiographie, die cs mehr auf anmuthige Unterhaltung als auf ernste Belehrung abgesehen hat, haben sich drei fruchtbare schrcibfcrtigc Geschichtschreiber gewidmet: Eapcfigue. der Verfasser mehrerer umfangreichen Werke aus der französischen Geschichte, und die Brüder ^E^^Lclcretclle, deren zahlreiche Schriften, insbesondere über die neuere Geschichte gerade durch Gründlichkeit und Wahrhaftigkeit glänzen, wohl aber durch gefällige Erzählungsform und gewandten fließenden Stil, die journalistische