930 13. Vom Wiener Congreß bis zur Julirevolution. wird und non dem grausamen und wollüstigen vorsündfluthlichenRiesengcschlccht, das Non Kain abstammt, alle Martern und Qualen zu leiden hat, bis er sich mit seinem Weibe auf einem Scheiterhaufen in der Wüste verbrennt. In den drei ßiger Jahren zum Abgeordneten der zweiten Kammer gewählt, entsagte Lamar tine allmählich seinen Icgitimistischen Ansichten und wurde der Vorkämpfer des humanitarischen Idealismus und des demokratischen und philanthropische» Kos- mopolitismns. Als schwungvoller Redner und Verfechter aller freisinnigen Ideen und Vorschläge, wurde er bald ein einflußreicher Führer der Opposition, der, erhaben über die dynastische wie über die republikanische Parteistellung, das Ziel der neuen Politik in einer organischen Entfaltung der gesellschaftlichen Ord nung suchte. Ein Mann von so vorherrschend idealistischer und humanistischer Richtung wie Lamartine, mußte sich besonders von den auch im Jrrthum großen und edlen Gestalten der Girondisten angezogcn fühlen, daher er auch in der Ge schichte dieser Ideal-Republikaner ein rhetorisch und poetisch ausgcschmücktes Bild von der aufgeregtesten und interessantesten Periode des Revolutionskampfes entwarf und sich dadurch in solchem Grade die Volksgunst erwarb, daß er in den stürmischen Tagen des Jahres 1848 vorzugsweise geeignet schien, den schäu menden Wogen der Revolution Einhalt zu gebieten. Wir werden bei der Dar stellung dieses Ereignisses seine einflußreiche Stellung näher kennen lernen. Mitglied der provisorischen Regierung, Minister der auswärtigen Angelegen heiten, von zehn Departements zum Volksrepräsentanten in die constituirende Nationalversammlung gewählt und von dieser in die Executivcommission be rufen, genoß er einige Monate eine unermeßliche Popularität, und wandte sie auf eine Weise an, daß ihm nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa zu Dank verpflichtet ward. Unvergessen sind die Worte, mit denen er dem Volks haufen cntgegentrat, der als Symbol der Republik die rothc Fahne aufpflanzen wollte: „Die dreifarbige Fahne hat mit der Republik und dem Kaiserthnme, mit der Freiheit und mit ihren Rnhmeskränzen die Reise um die Welt, und die rothe Fahne hat nur die Reise ums Marsfeld gemacht, geschleppt durch Ströme vom Blute des Volks". Damals hat Lamartine großes Unheil abgewandt. Aber wenn es ihm in aufgeregten Augenblicken nicht an persönlichem Muthe fehlte, so besaß er doch nicht genug innere Festigkeit, um sich in jenen bewegte» Tagen nicht von seiner Umgebung fortreißen zu lassen. Namentlich schadete ihm in den Augen aller besonnenen Franzosen sein wirkliches oder scheinbares Einverständ- niß mit Lcdru-Rollin. Die Junischlacht fegte ihn so zu sagen weg von der poli tischen Bühne. Vergebens suchte er sich zu rechtfertigen. Der Unwille gegen ihn war so allgemein, daß er in den gesetzgebenden Körper von 1849 gar nicht gewählt wurde; nur durch eine Nachwahl erhielt er darin eine Stelle. Nach dem Staatsstreich war seine Rolle als Politiker ausgespielt, und nun wandte er sich wieder zur Literatur zurück. Er schrieb eine „Geschichte der Restauration", worin er seiner alten Neigung für die Bourbons und seiner adelig-monarchischen