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s7 K» 924 u. Vom Wiener Congreß bis zur Julirevolution. Philosophie des achtzehnten Jahrhunderts und über die Reformatoren und ihr Werk den Stab, selbst die Verbreitung der heiligen Schrift unter dem Volke ist ihm ein Gräuel; „der Kirche allein gehört das lebendig fortgcpflanzte abge wogene Wort, die Schrift, die Vcrfassungsurkunde der Reformation, ist das stumme Wort, ist ein falscher Gott". Das Papstthum ist ihm das sichtbare Sym bol der Vorsehung; die Päpste sind nach ihm „die Ordner, Schützer und Retter, die wahrhaft constituireudcn Genien Curopa's". Die Religion selbst dient ihm nur als Bollwerk für die Vertheidigung der socialen Zustände, zur Befestigung und Erhaltung der Autorität, nicht als Heiligung für die Seele. Maistre liebte es, seine Ansichten auf die Spitze des Paradoxen zu treiben und mit sarkastischer Ironie die extremsten Meinungen mit schlagfertigem Witz und geistreicher Wen dung zu verfechten. Er vertheidigt den Heerd des Christcnthums, sagt Nisard, „wie man sein Vaterland gegen den Angriff des Fremden vertheidigt, mit allen Waffen der Zerstörung, welche das Kriegsrecht erlaubt, hart gegen die Ideen mehr als gegen die Personen in dem Glaube», daß es eben so wenig crlaubi sei, nach sichtig zu sein auf Kosten der Wahrheit, als freigebig mit dem Gelde Anderer". Die französische Charte ist ihm verhaßt, weil Alles, was durch die menschliche Weisheit vorausgcsehen und festgesetzt ist-, den Ruhm der göttlichen Vorsehung beeinträchtigt! Nach ihm entscheidet nicht der innere Gehalt oder die Wahrheit der Glaubenslehren, sondern die Festigkeit der Organisation über den Werth der Kirche. Louis El. Sa int-Martin dagegen, der „unbekannte Philosoph", der im Gegensatz gegen den fanatischen Klerikalismus selbst in den Schreckcnstagen der Revolution von dem Geheimnisse des Herzens und seinem Zuge zu Gott träumte, und in der Seele des Menschen den „Abglanz Gottes" erblickte, „der die Wahrheit aller Dinge erkennt oder schaut", stellte seinen dem Görlitzcr Theo- sophen Jacob Böhme nachgebildeten mystischen Pantheismus als Religion für Eingeweihte über den Kirchcnglauben der Menge; für die äußere Kirche hatte er keinen Sinn. „Sein Ideal waren die stillen Versammlungen schöner Seelen, in denen man sich liebevoll von den Geheimnissen des Geistes unterhielt". Frei von dieser religiöse» Mystik, aber ebenfalls dem Bourbonischcn König» thum ergeben und darum von Napoleon viel verfolgt, war der als vielseitiger Gelehrter, Kritiker und Dichter bekannte Charles No di er von Bcsancon, ein begeisterter Bewunderer der deutschen Dichtkunst und besonders der „Leiden des jungen Werther", daher er auch durch die Verpflanzung deutscher Ideen einer der ersten Begründer der romantischen Schule in Frankreich wurde. Er hand habte die französische Sprache und Grammatik mit meisterhafter Virtuosität. Unter seinen romantisch angehauchten Novellen sind am bekanntesten „Stella"; „der Maler von Salzburg"; „Smarra oder die Dämonen der Nacht", Phanta- sicbildcr ans einer übersinnlichen Traumwelt; „Jean Sbogar"; „Therese Aubert" und seine Erzüblunge» und Balladen. Seine Figuren sind chimärisch, sagt ein Literarhistoriker unserer Tage, aber die Aninuth des Stils umgibt diese Schat-