918 U. Vom Wiener Congreß bis zur Julirevolution. seines Herzens und Verstandes in allen Situationen und Lcbensvcrhältnissen der Welt offenbart hat, entwarf in dein Roman „Adolph" ein Lebensbild aus der vornehmen Gesellschaft voll tiefer psychologischer Beobachtungen über die Leiden schaften, Schwächen und Vorurthcile der Menschennatur und die Abgründe der Eitelkeit und Selbstsucht. Im Jahre 1802 aus dem Tribunal entfernt, begab er sich nach Deutschland und theilte das Wanderleben der Frau v. Stael. Wie sehr er für die deutsche Literatur Neigung schöpfte, bewies er durch die Ueber- sehnng von Schiller's Wallenstein. Dieser Umgang mit der geistreichen Frau machte B. Constant ernster; er streifte die Frivolität seiner Natur ab und wid mete sich in Göttingen eifrig den Studien. Die Frucht war das dreibändige Werk: „Ucber die Religion, ihren Ursprung, ihre Formen und ihre Entwicke lungen", an das sich ein nach seinem Tode veröffentlichtes Werk über den römi schen Polytheismus anreihte. Nach der Abfassung einer Schrift politischen In halts „Ueber den Geist der Eroberung und Usurpation", ging er im Gefolge Bcrnadotte's nach Paris und schloß sich den Bourbons an, trat dann aber während der hundert Tage in de» Staatsrath. Die zweite Restauration nöthigte ihn auf einige Jahre Frankreich zu meiden. - Doch kehrte er 1819 wieder zu rück und nahm in der Deputirtenkammer seinen Sitz bei der Opposition, wo er ^^"^»eben Roher Collard der bedeutendste Redner war. Roher Collard selbst, der einst neben Bailly im Gemeinderath von Paris gesessen, dann nach der Schreckeuszcit in den Rath der Fünfhundert gewählt worden war, hatte die Uebcrzcugung gewonnen, daß bei dem fortwährenden Wechsel der öffentlichen Meinung eine bleibende Autorität aufrecht erhalten werden müsse. In dieser Ansicht befestigte er sich mehr und mehr. Während des Kaiserreichs Professor der Philosophie an der Pariser Universität, wo er mit hinreißender Beredsamkeit vor einer begeisterten Jugend seine dem Sensualismus Condillac's entgegenge setzten Doctrincn vortrug, wurde er nach der Restauration ein Verfechter der constitutionelle» Rcgierungsforni. Das Erbköuigthum um dem Rcpräsentativ- systeui erschien ihm als die geeignete Staatsordnung, um die durch die Revolu tion der Nation errungenen Rechte und Güter zu wahren und auszubilden. Im Gegensatz zu der herrschenden Reaktion stritt er in dein Abgeordnetenhaus für Freiheit des Glaubens, der Presse, des Unterrichts, für bürgerliche Gleichheit. Als die Julirevolution ausbrach, war er, wie uns erinnerlich, Präsident der Kammer. Er fügte sich dem neuen Regiment, das die Grundsätze der konstitu tionellen Monarchie zn verwirklichen verhieß. doch ohne Begeisterung, und als Louis Philipp mehr und mehr in die rückläufige Bahn der Bourbons einlenktc, trat Roher Collard gegen seinen ehemaligen Schüler Guizot wieder für die Freiheit der Presse in die Schranken. Auf gleichem Standpunkte bewegte sich sein Schüler Cousin, der redegewandte Gründer der eklektischen Philosophenschule in Frank reich. Anfangs den schottischen Weishcitslehren huldigend, wandte sich Cousin in der Folge den deutschen Systemen, insbesondere dem Hegel'schen zu und übte sowohl