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876 D. Vom Wiener Kongreß bis zur Julirevolution. selbst, endlich dorgcstellt. Das Kunstwerk als „die vollkommene Identität der Ideen und der Erscheinung", des Geistes und der Natur, ist unserem Philosophen daher das höchste Produkt des Geistes, darin „die Intelligenz zur vollkommenen Selbstanschau ung gelangt". Cchkiiiny's Aus diesem Punkte Mt zugleich ein Helles Licht auf Schelling's Bedeutung A sti-nk.-->r ^ pxutschx Nationallitcratur, auf die Stellung der Zdcntitätsphilosophie in der modernen Lulturgcschichtc überhaupt. Kant und Fichte waren Schöpfer eines Dualis mus gewesen, für dessen äußerste Pole die Begriffe Ich und Richt-ich ausgeprägt wor den waren. Den Höhepunkt unserer Dichtung bezeichnet ein gewaltiger Drang nach Harmonie der Weltanschauung, also nach Einheit von Subject und Object, von Idea lem und Realem. Unter dem Einflüße dieser allbcherrschenden Stimmung hatte Schelling auf die Natur gewiesen. Aber die äußere, rohe, unverarbeitete Natur läßt jene Harmonie nur unter beständigen Einschränkungen und Verschränkungen erscheinen. Nicht an den Rohstoff hielt sich daher jene ideale Stimmung, wie sie dann besonders die Romantik beherrschte, sondern an seine Verarbeitung, an die Kunst. Schon Schiller hatte in seinen „Briefen über ästhetische Erziehung" gezeigt, wie die auseinandergehcndcn Seiten der menschlichen Natur in der Production und Anschauung des Schönen sich einheitlich zusammenschließen, und in der Vorrede zur „Braut von Messina" findet er, das Poetische liege in dem Zndifferenzpunktc des Sinnlichen und des Ideellen. Dies ein deutlicher Anklang an Schelling, welcher als klassischer Philosoph der Romantik nunmehr einen Cultus des Schönen auferbaute, wie er damals und später in den Kreisen der Gebildeten geradezu die Stelle der Reli gion einnahm. Ihnen war nach Schelling's eigenen Worten die Kunst „das Aller heiligste, wo in ewiger und ursprünglicher Vereinigung, gleichsam in Einer Flamme brennt, was in Natur und Geschichte gesondert ist, und was im Leben und Handeln ebenso wie im Denken ewig sich fliehen muß". Er selbst aber bringt mit solcher Werthung der Kunst eine Huldigung dem Genius Goethe's dar, dessen wissenschaft liche und dichterische Bestrebungen, das Universum als die Stufenfolge aller Lebens ordnungen zu begreifen, in welche die Natur sich auscinandersetzt, um sich selbst zu genießen, das ursprüngliche Vorbild zu der Begriffsdichtung der Naturphilosophie abgegeben haben. Schon durch die Scheidung zwischen Natur- und Transcendcntalphilosophie hatte Schelling mit dem Standpunkte Fichte's gebrochen. Ihm stand vielmehr längst fest, daß das Bewußtsein nicht das Erste und Ursprünglichste ist. Vielmehr heißt die Natur Denken seine eigene Vorgeschichte Erkennen. Mit der unbewußt schaffenden Natur war nun aber ein Grundgedanke der Spekulation Spinoza's ausgenommen, dessen ma- krokosmischc Weltanschauung allmählich sogar das Uebergewicht über den mikrokosmi schen Idealismus Kant's und Fichte's gewann. Namentlich während seines Ausent- i8üz—s. Haltes als Professor in Würzburg, womit die dritte Periode seines geistigen Schaffens beginnt, tritt die Identität des Realen und des Idealen, nach Spinoza's Ausdruck der Ordnung der Dinge und der Ordnung der Ideen, nach moderner Fassung des Seins und des Denkens, immer ausschließlicher in den Vordergrund. Dahin gehören schon idü2. Schriften wie „Bruno oder über das natürliche und göttliche Prinzip der Dinge", namentlich aber die „Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums", welche eine populäre Darstellung der Grundzüge des jcßt abgeschlossenen Systems der Jdentitütsphilosophie, des Näheren den Versuch einer encyklopädischen Bearbeitung sämmtlichcr Facultätswiffenschasten und Disciplinen in übersichtlicher Darstellung vom Standpunkte der genannten Philosophie aus enthalten. Nach der hier gegebenen An weisung, die Aufgaben des Wissens zu begreifen, soll die intellektuelle Anschauung eine