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I. Reaktionäre Experimente u. revolutionäre Gegenschläge. 843 Zeitschriften heftig angegriffen, legte der Diktator seine Würde nieder, ohne sich jedoch dem Vaterlande in der Noth zu entziehen. Sein Nachfolger als Oberbe fehlshaber war der reiche, vaterländisch gesinnte Fürst Michael Rad zivil, dem, weil er des Krieges unkundig war, General Chlopicki als freiwilliger Rathgeber zur Seite stand; die Verwaltung leitete ein Collegium von fünf Rächen, unter denen Fürst Adam Czartoryski das meiste Ansehen besaß und auch die Volks partei in dem Geschichtschreiber Lclewel, einem Manne von republikanischen Grundsätzen aber dem praktischen Leben entfremdet, ihren Vertreter hatte. We nige Tage nachher sprach der Reichstag, auf Anregung der Grafen Soltyk und Ostrowski, die Entthronung des Kaisers Nicolaus und des Hauses Romanow rs. Jan. in Polen aus. Nach vollendeter Befreiung sollte eine konstitutionelle Monarchie auf der Grundlage der Volkssouveränetät errichtet werden. So schnitt man einerseits jede Versöhnung ab und unterließ doch anderseits die Erweckung eines Volkskriegs, der allein Polen hätte retten können, indem im folgenden April der Reichstag durch die Uebermacht der Adelspartei den Antrag verwarf, den Bauern Grundcigenthum zu erthcilcn und die Frohnden in einen ablösbaren Bodcnzins zu verwandeln. Damit wurde der Revolution der Lebcnskeim ausgcbrochen. Die Hoffnung, daß Frankreich sich des alten Bundesgenossen, der durch den Aufstand die beabsichtigte Invasion und Coalition der Ostmächte abgewendet habe, annehmen würde, erwies sich als eitel. Ludwig Philipp war mehr auf Befestigung seiner jungen Krone, als auf Erwerbung von Kriegsruhm bedacht. Das Sprichwort der Väter, daß Gott zu hoch und Frankreich zu fern sei, traf auch bei den Nachgebornen ein. b. Der Revolutionskrieg und das organische Statut. Dem Beschluß vom 25. Januar, der das Haus Romanow der polnischen D» -»sM. Krone verlustig erklärte, folgte der Einmarsch der russischen Heere auf dem Fuße. Im Felde bewährte sich indessen die polnische Tapferkeit aufs Glänzendste. Trotz der Überlegenheit der russischen Strcitkrüftc waren die Polen in den meisten Ge fechten siegreich oder bestanden doch mit Ehren. Chlopicki und Skrzynecki foch ten mit Heldeumuth, und wenn auch Fürst Radzivil während seines Oberbefehls keine militärische Begabung zeigte und seine Unzulänglichkeit für den Posten, zu dem er berufen war, selbst bekannte, so hat er doch bei Freunden und Gegnern den Ruf persönlichen Muthes hinterlassen. Vom 17.—19. Februar folgte Ge fecht auf Gefecht. Am Tage, da Skrzynecki, ein Begünstigter der Czartoryski'- schen Familie, bei Dobre den zweimal überlegenen Feind ruhmvoll aufhielt, schlug und zerstreute Dwcrnicki glücklich und unerwartet die von Geismar befeh ligte Trnppcnabthcilung bei Stoczeck, und bei Wavre widerstanden Szembeck und Zymirski mit Ehren den russischen Feldherren Rosen und Pahlen. Umsonst drang Diebitsch bis in die Nähe der polnischen Hauptstadt vor; die blutige