68 Europa unter Boiiapartischeiu Einfluß. wohl nicht als stichhaltig gelten lassen darf. Da die Begriffe von militärischer Ehre bei den orientalischen Söldnern weniger entwickelt waren als im Abend land, so mögen sich wohl einige Wortbrüchige aus El Arisch unter den Vcrthei- digern von Jaffa vorgcfunden haben; allein die Zahl der Erschossenen war größer als die ganze Besatzungsmannschaft in El Arisch. Es war eine Maß regel grausamer militärischer Staatsraison. Man wollte sich der Last der Ver pflegung und des Transports entziehen und sich doch nicht der wahrscheinlichen Gefahr aussetzen, wenn man die Gefangenen laufe» ließ, die Reihen des Feindes zu verstärken. Von Jaffa zog das Heer, schon die Keime der Pest mit sich füh rend, vor die in der Geschichte der Kreuzzüge so viel genannte Stadt Acca oder St. Jeand'Acre, wo Djezzar, einer der blutdürstigsten und habsüchtigsten Tyrannen des Orients, als Pascha gebot. Hier erfuhr Napoleon's Glück den ersten Stoß. Die alten Festungswerke aus den Tagen des heiligen Ludwig waren durch die Hülfsmittel moderner Fortifikationskunst verstärkt worden. Der eng lische Schiffsoberst (Commodore) Sidney Smith, ein kühner, thatkräftiger, von Nationalhaß gegen das republikanische Frankreich erfüllter Offizier, hatte sich der französischen Fahrzeuge mit dem Belagerungsgeschütz bemächtigt und dasselbe auf die Mauern und Wälle schaffen lassen. Unter der Leitung europäischer Ar tilleristen wurde nun eine energische Vertheidigung ins Werk gesetzt, die um so erfolgreicher war, als die französische Armee nur auf ihre Feldartillerie ange- gewieseu war und an Munition empfindlichen Mangel litt. Man mußte sich der Kanonenkugeln bedienen, die aus der Stadt auf die Stürmenden geschleudert wurden. Die Franzosen bewährten ihren ganzen Kricgsmuth und verrichteten Wunder der Tapferkeit; dennoch wurden alle ihre Angriffe zurückgeschlagcn und viele heldenmüthigen Krieger fanden durch das wohlgezielte Feuer europäischer Artillerie ihren Tod vor den Mauern, die vor Jahrhunderten ihr eigener König hatte aufführen lassen. Selbst ein französischer Genieoffizier, der einst ein Mit schüler Napoleon's gewesen, dann aber mit Sidney Smith, der als Kriegsgefan gener einige Zeit im Templc gesessen, entflohen und in britische Dienste getreten war, befand sich unter den Vertheidigern der Stadt. Die Kriegsnoth der Be lagerer mehrte sich, als ein beträchtliches türkisches Heer zum Entsatz hcranzog und die Franzosen im Rücken bedrohte, und als die syrischen Stämme durch auf reizende Proklamationen zu Kampf und Empörung aufgcrufcn wurden. Aber mit den Gefahren wuchs auch Napoleon's kriegerische Kraft. Kleber war mit seiner Division wider die unter Abdallah-Pascha von Damascus heranziehenden Feinde ausgcrückt. General Junot, der die Vorhut führte, widerstand bei Naza reth an der Spitze von etlichen hundert Mann dem zehnfach überlegenen Feind mit großer Tapferkeit. Dennoch kamen die französischen Regimenter am Berge Tabor in Gefahr von der feindlichen Uebermacht erdrückt zu werden; als Bo naparte selbst von dem Belagerungsheer die Division Bon mit acht Kanonen abtrennte, in Eilmärschen den bedrängten Kriegsgefährten zu Hülfe zog und