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I. Reactionäre Experimente u. revolutionäre Gegenschläge. 777 Villele vor die Alternative gestellt, entweder in liberalere Bahnen einzulenken und sich strenge an die Charte zu halten oder durch eine Art Staatsstreich die Opposition zu brechen. Er wählte den letzteren Ausweg. Eine neue Verstär kung der Pairskanimer um sechsundsicbzig Mitglieder, die er aus dem Theil der Deputaten entnahm, welche ihm unbedingt und willenlos ergeben waren, und die Ersetzung des Ausfalles durch neue Wahlen erschienen ihm als das sicherste Mittel für seinen Zweck. Voraus ging eine Anordnung, welche die Censur herstellte und ^7^"' einen Censurrath unter Bonald's Vorsitz errichtete. Dadurch sollten die wider strebenden Elemente eingeschüchtert und gegnerische Angriffe verhütet werden. Die glänzende Leichenfeier des früher ausgestoßenen Deputaten Manuel mitA^' demonstrativen Kundgebungen von Seiten der Bevölkerung war nicht vermögend, den Minister auf andere Gedanken zu bringen; fand sie doch ein Gegenstück in den maßlosen von den Behörde» bereiteten Ovationen, die dem König kurz darauf bei Gelegenheit einer Reise zu dem Lager und den Fcldübungen von«nf. S-xibi. St. Omer allenthalben dargcbracht wurden. Einige Wochen nachher kam der Plan zur Ausführung. Vier Ordonnanzen verkündeten die Auflösung dcr^N°vbi. Kammer und die Einberufung der Wahlcollegien, machten die Ernennung von scchsundsiebzig neuen Pairs bekannt und hoben, um den schlimmen Eindruck ein wenig abzuschwächen, die Censur wieder auf. Aber wie wurden die Erwar tungen des Ministeriums getäuscht! Die Entehrung der Pairskammer, die'sich in den letzten Jahren durch ihre freisinnige Haltung allgemeine Achtung erwor ben, vermittelst einer Anzahl verhaßter in der öffentlichen Meinung gerichteter Männer, deren Wiederwahl höchst zweifelhaft war, erbitterte die ganze gebildete Welt und erzeugte eine agitatorische Wahlbewegung, wie sie einst der Einberu fung der constituirenden Nationalversammlung nach Versailles vorangegangen. Gegenüber einer so stark ausgesprochenen öffentlichen Meinung vermögen die durchtriebensten Einwirkungskünste und das ausgeklügeltste Wahlsystem nicht zu bestehen. Alle Anstrengungen der Minister und Präfekten, alle Fälschungen der Wahllisten, alle Ungesetzlichkeiten bei der Wahlhandlung blieben fruchtlos. Die Liberalen, vorab die neue Gesellschaft ^icle-toi, 1e erst t'aiäsra, an deren Spitze Männer wie Guizot, Duchatcl, Duvergierde Hauranne, Remusat, Joubert u. A. standen, wirkten der Thätigkeit der Regierung in Zeitungen, Brochüren, belehrenden Ansprachen so erfolgreich entgegen, daß das Ergebniß der Wahlen zu Gunsten der Freisinnigen ausfiel, welche den Wahlspruch des Generals Foy: die Charte, die ganze Charte, nichts als die Charte auf ihre Fahne geschrieben hatten. Noyer-Collard wurde siebenmal gewählt. Unter vier- hundertachtundzwanzig Deputaten waren nur einhundertfünfundzwanzig mini sterielle. Mit unbeschreiblichem Jubel, der bis zu tumultuarischen Sccnen sich steigerte, zu Straßenkämpfen wider Gendarmen und Polizei führte, feierte das französische Volk den Sieg der Freisinnigen über die Regierung.