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776 L. Vom Wiener Congreß bis zur Julirevolution. den Ministern! Nieder mit den Jesuiten!" und ein Gardist trat vor, um ihm die politischen Wünsche der Legion vorzutragen. Karl antwortete, „er sei gekom men Huldigungen zu empfangen, nicht Lehren" und kehrte in den Palast zurück. Dort trafen auch die Dauphine und die Herzogin von Berry ein, voll Entrü stung über die unwürdige Begegnung, die ihnen widerfahren. Auch ihnen hatten einige Legionen der Bürgerwehr solche Rufe zugesandt und der Straßenpöbcl Schmähungen hinzugefügt. Gereizt über diese Kundgebungen beschloß der Mi nisterrath die Auflösung der Pariser Nationalgarde, die der König noch an dem- 22-Anl sxlbx„ Tage durch Marschall Oudinot ankündigen ließ. Aus Besorgniß vor Un ruhen, die eine so unerwartete Maßregel in der aufgeregten Bürgerschaft erzeugen möchte, unterließ man jedoch die Entwaffnung. Der Herzog von Doudeauville ergriff die Gelegenheit, den König um Enthebung von dem Ministcrposten zu ersuchen. spMn,?Bo! ^ liegt in der Natur eines nach festen Prinzipien und Tendenzen organi- s-n buch,, sirwn Regierungssystems, daß es in folgerichtigem Gange seine Zwecke verfolgt und alle Hindernisse und widerstrebenden Kräfte bei Seite wirft. Billele war entschlossen, bei diesem Grundsätze mit aller Consequenz zu beharren. Die Oppo sition in den Kammern war ihm lästig'; er hoffte sie durch List oder Gewalt zu brechen. Er trug sich mit dem Gedanken, die obere durch einen großen Pairs- schub zu zersetzen, die untere durch Verminderung der Wählerzahl noch mehr dem Willen der Regierung dienstbar zu machen und die Schwurgerichte ihres demo kratischen Charakters zu entkleiden. Zu dem Ende hatte er schon in der vorigen Session die Grundsteuer vermindert, um durch die Herabsetzung dieser Steuer einigen tausend Wählern, und gerade dem demokratischsten Theil das durch die Ccnsushöhe bedingte Wahlrecht zu entziehen, und nun legte er einen Gesetzesan trag vor, kraft dessen die Geschwornen nur aus den Mitgliedern der Wahlcolle- gien entnommen werden sollten. Aber bei dem Mißtrauen, mit dem man alle Handlungen des Ministerpräsidenten erwog, wurden seine Pläne in der Regel vor der Durchführung geknickt. So gab auch jetzt die erste Kammer dem mini steriellen Entwurf eine Umgestaltung, welche die Tendenz Villele's gänzlich ver eitelte, indem sie in die Geschwornenlistcn auch solche Personen hinzufügte, die ohne Wahlhcrren zu sein durch ihren Beruf oder ihre gesellschaftliche Stellung die erforderliche Bürgschaft gäben, wie Beamte, Offiziere, Doctoren, Notare u. A. Billele fühlte, daß seine Stellung unhaltbar sei, wenn er nicht neue Stützen um sich sammle: auf den König konnte er nicht fest bauen, der Congregation war er nicht klerikal und devot genug, die Kammer wurde immer schwieriger, die liberalen Redner immer kühner in ihren Angriffen, die „Defection" in den Reihen der Königlichen immer häufiger; die Oppositionsblätter ließen bereits durch fühlen, daß der Ministerpräsident ihnen vorkomme „wie ein schiffbrüchiger Pilot, der auf den Klippen der Macht einsam und rathlos umhertreibe". Man hörte Stimmen, die von Budgetverwerfung, von Anklage sprachen. So sah sich denn