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678 L. Vom Wiener Congreß bis zur Julircvolution. aufgeräumt worden, daß eine Anknüpfung ganz unmöglich war. Damit wirkte man zugleich dem national einheitliche» Gedanken entgegen; denn wie sollte Sehn sucht nach einer weiteren Unterordnung unter den Bund oder die deutschen Groß mächte entstehen, in denen man nur öde Stagnation erblickte? DerSiiden fühlte sich dem Norden gegenüber als Land der Freiheit und Aufklärung. So ward es „eine Maxime, der auch die Fürsten Gehör schenkten, daß es das Interesse und der Vorzug der kleineren deutschen Staaten sei, im Gegensätze zu den Groß mächten, freiere Verfassungen zu geben und geben zu können". ^DEmmk. Die Hoffnungen der Patrioten und Freiheitsfreunde waren bald viel mehr nan"na,in ""k öw konstitutionellen Staaten des Südens gerichtet als auf die Großmächte. Allein eben dies benahm unserer Geschichte wieder den großen nationalen Zug, der die Zeit der Befreiungskriege noch einmal erfüllt hatte, und in den dürftigen engen Verhältnissen mußte auch das politische Leben der mittleren und kleinen Staaten verkümmern und dahinsiechcn. Cs war ein verhängnißvolles Unglück, daß die preußische Großmacht ihren historischen Beruf, der Hort der gcsammt- deutschcn Sache zu sein, sich zum Mittelpunkte aller nationalen Interessen und Bestrebungen immer mehr zu erheben, damals so kurzsichtig und kleinmüthig verkannte. Die Verflüchtigung der nationalen Sache selbst, das Anwachsen des partikularistischen Geistes, das eigene Abwärtssteigen Preußens von seiner deut schen Machtstellung und die zunehmende Verödung und Stagnation alles poli tischen Lebens in Deutschland überhaupt mußte die Folge sein, daß Preußen sich seiner Aufgabe entzog. Die konstitutionellen Ordnungen in Deutschland, ohnehin noch in unmündiger Kindheit befangen, nun durch die Controls der weitüberlegenen absoluten Mächte in ihrem Wachsthum absichtlich zurückgehalten, sanken, wie Gervinus sagt, zu einem bloßen Scheinbilde herab. „Ohne große Gegenstände, beraubt des Interesses an einer vaterländischen Gemeinsamkeit und an dem einzigen Organe dieser Zusammengehörig keit, hätte das ständische Leben in Deutschland unter allen Umständen verkümmern und verkommen müssen; und welches Interesse hätte der Bund in seiner nun abgeschlossenen Gestalt, verstärkt in Allem was schädlich und gehässig war, gelähmt in Allem was ihm Gemeinnützigkeit und Gunst verliehen hätte, noch weiter erwerben können? Die inne wohnenden Schäden aller kleinstaatlichen Existenz brachen daher jetzt wie eine nicht zu hemmende Seuche hervor, die Beschränkung der Ansichten und Aussichten, die Veren gung der Herzen, die stumpfe Befriedigung bei kleinlebigen Verhältnissen, die Erstickung des Nationalsinns unter dem Stammgeiste, die Muth- und Gedankenlosigkeit, die einen überkommenen Zustand als unausweichlich hinnimmt. Die sittliche und nationale Frische der Befreiungsjahre verschwand bis auf ihre letzten Reste". rmdnch 6. Preußen. Wilhilm III. Der vielgeprüfte König Friedrich Wilhelm HI. war ein milder wohlwol- D» Sw->1e'. ^nder Fürst von schlichten ehrbaren Sitten, frommer Gläubigkeit und den besten Absichten für das Wohl seiner Unterthanen, keineswegs ohne Einsicht und