666 L. Vom Wiener Congreß bis zur Julirevolution. habe; öffentliche Lehrer, deren Vortröge mit dem Geist der Karlsbader Beschlüsse in Widerspruch ständen, sollten von den Lehranstalten entfernt und auch in keinem andern Bundesstaat angestellt werden. Die Gesetze gegen geheime Ver bindungen auf den Universitäten sollten in ihrer ganzen Strenge ausgeführt und insbesondere auch auf die „allgemeine Burschenschaft" angewandt werden. In bittcrn Worten erging sich der einleitende Vortrag des Präsidialgesandten gegen die gefahrvolle Ausartung der hohe» Schule» und die Verirrungen vieler aka demischer Lehrer, die, von dem Strome einer Alles erschütternden Zeit mit fort- gerissen, die wahre Bestimmung der Universitäten verkannt, das Phantom einer sogenannten weltbürgerlichen Bildung verfolgt, die Gemüther der ihnen anver trauten Jünglinge mit leeren Träumen angefüllt und ihnen Geringschätzung und Widerwillen gegen die bestehende gesetzliche Ordnung eingeflößt hätten. Gegen den „Unfug der Presse" sollte die Ccnsur für alle Schriften unter zwanzig Bogen, insbesondere also alle Zeitungen und Flugschriften, eingeführt werden; keine derartige Druckschrift sollte in einem Bundesstaat ohne Vorwissen und Gcnehm- haltung der Landcsbchörde zum Druck befördert werden; die Bundesversamm lung sollte befugt sein, alle Schriften unter zwanzig Bogen, welche der Würde des Bundes oder der Sicherheit der einzelnen Bundesstaaten und der Erhaltung des Friedens in Deutschland gefährlich schienen, völlig einseitig zu unterdrücken. Endlich wurde eine Ccntralbehörde, aus sieben vom Bundestag gewählten Mit gliedern bestehend, zu Mainz eingesetzt, welche die Oberleitung aller Unter suchungen gegen, revolutionäre Umtriebe führen sollte. Der preußische Antrag auf Einsetzung eines außerordentlichen Bundcsgerichts wurde abgelchnt. Ein Jahrzehnt fast tagte diese Ccntraluntersuchungscommission und das Resultat ihrer Forschungen stand mit dem aufgcbotenen mächtigen Apparat in kläglich stem Widerspruch. Es wurde einmal, im Jahr 1822, Bericht an den Bun destag erstattet; die Ergebnisse aber constarirten nur die allbekannte und offen kundige Thatsache, daß das deutsche Volk von einer mächtigen Bewegung und Mißstimmung ergriffen war. Hochverräther wurden nicht gefunden, harmlose Jngendverbindungen zu gefährlichen Verschwörungen und Gcheimbünde» auf- gcbauscht gleich den italienischen Carbonari. Im Bundestag selbst gab sich leb hafter Mißmuth gegen die „schwarze Commission" kund und im Volke hinterließ sic eine maßlose Erbitterung. tttKarÄ war mit diesen Karlsbader Beschlüssen in aller Stille eine tiefgehende d-r Beschluss-. Umwälzung des öffentlichen Rechtszustandes in Deutschland durchgeführt. Die Souveränetät der Einzelstaaten erlitt sehr bedeutende Beschränkungen. Der Bundestag empfing die Vollmacht, seine Mehrheitsbeschlüsse auch gegen wider spenstige Regierungen nöthigenfalls mit Waffengewalt durchzusetzen; dem Volke gegenüber erhielt er eine fast schrankenlose Gewalt. „Das stand vor Allem fest, daß durch die Annahme der Karlsbader Beschlüsse unter die Bundcsgesetzc der Bund selbst einen mächtigen Fortschritt in der Heranbildung der deutschen Ein-