Volltext Seite (XML)
Zur Bkurthei, lung der Dc< mugogenztit. 660 L. Vom Wiener Congreß bis zur Julirevolution. Klarheit des Ziels und ohne Kenntniß oder Würdigung der Hindernisse, trach teten sie nach einer utopischen Welt- und Staatsschöpfung, ein Trachten, das als Hirngespinst in sich selbst zerfallen wäre, hätten nicht die Regierungen den „demagogischen Umtrieben" durch gerichtliche Untersuchungen und Verfolgung der Betheiligten eine unverdiente Wichtigkeit gegeben. Vor allem waren es die Universitäten, die Presse und die landstäudischen Körperschaften, die dem Arg wohn der Reactionspartei als die Sitze und Quellen der revolutionären Aufrei zung zum Opfer fielen und den heftigsten Angriffen ausgesctzt waren. Den Kampf gegen das landständische Wesen werden wir bald in den verschiedensten Erscheinungsformen kennen lernen. Von der Preßfreiheit, von der noch in der Bundesacte eine schüchterne Andeutung stand, sah man bald kaum mehr eine Spur, um so mehr aber von Censur und Polizeichicanen; der freie strebsame Geist der Hochschulen wurde auf alle Weise verdächtigt und unterdrückt. In den patriotischen Hoffnungen, Träumen und Bestrebungen der Zeit mochte viel Unklares, Unerreichbares, Phantastisches und Ueberspanntcs enthal ten sein. In jener Zeit ungestümer gährender Triebe, jugendlich erregter Lei denschaften, mochte die Grenze ruhiger Besonnenheit nicht immer eingehalten werden, der demokratische Uebereifer mochte bisweilen allzuleicht sich über die bestehenden und historisch gewordenen Zustände hinwegseßcn. Jedenfalls geschah aber auch von den Lenkern der Völkergeschicke nichts, um die edlen und berech- ' tigten Regungen unter den Besten des Volks vor Irreleitung zu bewahren, um die gesunden und guten Keime zur richtigen Entwicklung zu bringen. Wo sich auch in mäßigster Form die Ansprüche einer fortgeschritteneren Zeit auf Teil nahme der Völker am staatlichen Leben erhoben, wo Freiheit und Recht in ge setzlichen Bahnen erstrebt wurde, da witterte bald das Mißtrauen der Regie rungen nichts als Verschwörung, Revolution, Demagogie, umstürzende staats- gcfährliche französische Ideen, welche die treuen deutschen Uuterthancn zu vergiften drohten. In den nationalen und freiheitlichen Forderungen, die aus dem besten Kerne des deutschen Volks emporwuchsen, sah man nur die verwerflichen Um triebe einer kleinen Rotte von Wühlern und Demagogen, denen mit größter Strenge cntgegenzutreteu die Pflicht aller „Wohlgesinnten" und namentlich der erleuchteten Regierungen sei. Es entsprang daraus der halbhundertjährige, für unsere politische Entwicklung so überaus verderbliche Kampf und der fast als Naturnothwendigkeit betrachtete feindliche Gegensatz zwischen den Lenkern der , Staaten und den besten Elementen des Bürgerthums. Und zugleich wurde der uns anklebende nationale Hang gefördert, unliebsame Vergleiche zwischen den heimischen und den fremden, namentlich den französischen Zuständen zu ziehen, der in unscrm Nachbarlande sich vollziehenden Befreiung der Geister Sym pathie und Bewunderung auf Kosten der deutschen Vaterlandsliebe entgegenzu- bringcn.