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50 ^ Europa unter Bonapartischem Einfluß. dem Vorwurf cigeuuiächtigcr Vergewaltigung zu entgehen, den man den Pariser Machthabern so schwer zur Last legte, ließ das Wiener Cabinet in Petersburg den Vorschlag machen, Kaiser Paul, der ohnedies auf den neuen Kurfürsten wegen der Aufhebung des Malteserordens in den baierischcn Landen und der Beschlagnahme der Guter desselben in hohem Grade erzürnt war, möge das Kurfürstenthum in militärische» Gewahrsam nehmen und entwaffnen. Der Aar ging init Freuden darauf ein; nur die Bereitwilligkeit Maximilian Josephs, der Coalition beizutrcten, hemmte den Marsch des Condeschen Corps, das Paul in seine Dienste genommen und mit der Vollziehung der gehässigen Arbeit beauftragt hatte. Ja der Kurfürst zeichnete sich nicht nur durch Eifer und Reichstreue bei dem neuen Krieg gegen Frankreich aus, er schloß sich auch durch den Vertrag von Gatschina enge an den Zaren und dessen Politik an und unter stützte den russischen Feldmarschall Suwarow auf seinen Kricgszügcn nach der Schweiz und Italien auf das Nachdrücklichste. Dadurch erwarb sich Max Joseph einen kräftige» Schutz gegen Oesterreichs ländcrgierige Pläne. Pr-ußkn b«. Gerne hätte man auch Preußen zuin Eintritt in den neuen Weltkrieg be- Niütt-Es! redet. Der englische und der russische Gesandte gaben sich die größte Mühe, den ^jungen König und seine Räthc zur Thcilnahme zu bewegen. Man stellte eine namhafte Landvergrößcrung im Westen in Aussicht, wenn man die batavische Republik wieder erobert haben würde. Aber wie lebhaft immer die Sache in Berlin bcrathen ward, wie oft die Wage sich bald nach der einen, bald nach der andern Seite neigte, die unschlüssige Natur Friedrich Wilhclm's III., die schwankende Haltung des in sich gespaltenen Ministeriums, das Mißtrauen gegen Oesterreich, die diplomatische Gewandtheit, die Sicyes auf einer politischen Mis sion in Berlin entfaltete, und vor Allem der Rath der höheren Offiziere, ins besondere des Herzogs von Braunschweig, welche alle einem Krieg mit Frank reich abgeneigt waren, diese und andere Einflüsse gaben schließlich den Ausschlag zu Gunsten der Neutralitätspolitik. „Erhalte ich meinem Lande den Frieden", sagte der König zu Haugwitz, „so werde ich meine Staatskräfte sammeln und dadurch meinen Nachbarn Achtung einflößcn, daß sie sich bedenken werden, mich nicht ungestraft zu beleidigen". Die Nachwirkungen des vorausgegangcnen Re giments waren noch zu frisch und lebendig, als daß männlicher Aufschwung der Seele in den leitenden Kreisen hätte Platz greifen können; und der Charakter des jungen Monarchen, der an der Seite seiner schönen edlen Gemahlin Luise, einer Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, ein gemüthliches Leben in Liebe und Eintracht, mit bürgerlicher Einfachheit, häuslicher Tugend und Frömmigkeit führte, war trotz aller vortrefflichen Eigenschaften nicht geeignet, die Flamme patriotischer Begeisterung und militärischer Ruhmbegierde zu entzünden. Eine politische Denk schrift aus dem Januar 1799, worin dargclcgt war, daß Preußen keinerlei In teresse habe, an der Seite Englands, Rußlands und Oesterreichs gegen Frankreich in den Kampf zu ziehen, daß die Neutralität die einzig richtige und vortheilhafte