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I. Von Canipo Formt» bis zum 18. Brumaire. 47 und Nachgeben der deutschen und österreichischen Gesandten darzustellen. Das Alles ist eingehend und gründlich von neueren deutschen Geschichtschreibern behandelt worden; aber da die Versammlung bald genug durch eine blutige Katastrophe gesprengt ward, so haben die Resultate nur als grundlegende Basen späterer Friedensschlüsse eine welt historische Bedeutung. Wie sehr sich die Diplomaten des Wiener Cabinets, Cobenzl für die habsburgischcn Erbstaaten, Lchrbach für die österreichischen Reichslandc und Metternich-Winncburg, Vater des späteren Staatskanzlers, für die „kaiserliche Pieni potenz" gegen die übertriebenen Forderungen der Gesandten Trcilhard und Bonnicr zur Wehr setzten, schon Ende März mußten sie übereinstimmend mit der „Reichsdcputa- tion", den Vertretern der mittleren und kleineren Reichsstände, die Abtretung des ge summten linken Rheinufers und den Grundsatz der Entschädigung durch Säcularisa- tionen zugeben. Nur die Clevischen Lande sollten noch länger im Besitze Preußens bleiben, weil, wie gesagt, Thugut dem verhaßten Rivalen keine Gebietserweiterung gönnte. Die Versuche Cobenzl's, mit den drei preußischen Bevollmächtigten Görz, Zacobi-Klöst, Dohm, sich über ein gemeinschaftliches Vorgehen zu verständigen, schei terten an dem Mißtrauen beider Höfe. Höchstens sollte Preußen mit dem kleinen Fürstbisthum Hildesheim abgefunden werden; die von Haugwitz gestellte Forderung, den dem Königshause verwandten Prinzen von Oranien mit den Trier'schen Acmtcrn auf der rechten Rheinseite zu entschädigen, wurde zurückgcwicscn. Die wiederholten Bemühungen des englischen Gesandten Malmesbury, eine Ausgleichung zu bewirken, waren eben so wenig von Erfolg wie die Vermittlungsversuche des russischen Kaisers Paul, dessen Ingrimm gegen die anschwellende Revolution und die Eroberungspolitik der republi kanischen Regierung täglich zunahm, die beiden deutschen Großmächte zu einer überein stimmenden Politik zu bringen vermochten. Und doch saß seit einigen Monaten auf dem preußischen Thron ein Fürst, Friedrich Wilhelm III., über besten Geradheit, Pflichtgefühl und vaterländische Gesinnung kein Zweifel obwaltete! Von der Natur mit einem ge sunden, wenn auch etwas langsamen Verstände ausgestattct, erkannte er klar das wclt- stürmende, unzuverlässige, rechtsverletzende Treiben der Franzosen, wenn er auch des Selbstvertrauens, der raschen Entschlossenheit, des durchgreifenden Willens im politi schen Handeln entbehrte. So war man in Rastatt noch zu keinen entscheidenden Re sultaten gelangt, als Ereignisse eintraten, welche alle pacisicatorischcn Arbeiten zerrissen und zu einem neuen großen Waffengang führten. Zu dieser Zeit befand sich General Bernadotte als Gesandter der Republik in Wien. Der südländische Jacobiner zeigte in seiner Jugend keine Spur von^mnstm,. der staatsmännischcn Klugheit und Uebcrlcgung, die er in späteren Jahren in so hohem Grade bewährte. Er war barsch, rücksichtslos, übermüthig, verletzte den Hof, die Aristokratie, die Minister durch herausfordernde Kundgebung seines demokratisch-revolutionären Republikanismus und reizte durch seine Sympathien für Polen den Argwohn der Theilnngsmächte. Sein Gcsandtschaftspalast wurde zum Sammelplatz polnischer Patrioten und Verschwörer; unter seine» Sccre- tären war ein revolutionär gesinnter Pole. Eine derartige Persönlichkeit war nicht geeignet, die Verstimmung und Spannung, die schon ohnedies zwischen dem Direktorium und dem Wiener Cabinct bestand, und durch die Vorgänge in Italien, in der Schweiz, auf dem Congreß täglich wuchs, zu mildern oder aus zugleichen. Die Spannung erweiterte sich aber zum unheilbaren Bruch, als bei Gelegenheit eines patriotisch-österreichischen Volksfestes Bernadotte auf dems^"'"