I. Von Campo Formio bis zum 18. Brumaire. 45 Ministers mit sanguinischen Hoffnungen bei einem neuen Waffengang zu füllen. Zudem war es gar nicht nach dem Sinne des österreichischen Staatsmanns, daß Paul deu ganzen Krieg als einen Krcuzzug und Prinzipienkampf auffaßte, bei dem aller Landerwerb ausgeschlossen bleiben sollte. Und wie unzuoerlässig und wankend war die Bundesgcnosscnschaft eines so von Launen und unmittelbaren Eindrücken abhängigen Fürsten! Als das russische Hülfshcer bereits in Galizien eingerückt war, drohte ein Zornausbruch des Kaisers über die Verpflegung der Soldaten durch österreichische Kricgscommissare den ganzen Feldzug rückgängig zu machen. Und als nach der Einnahme der ionischen Inseln durch die Pontus- flotte die Einwohner von Corfu mit Thugut's Ermächtigung die österreichische Fahne aufpflanzten, brauste der Zar heftig auf. Er meinte, Oesterreich wolle die Hand nach jenen günstig gelegenen Eilanden ausstrecken, die er doch zu einem Freistaat unter türkischem Schutze machen wollte! Dieses eifersüchtige Mißtrauen zwischen den beiden Kaiserstaaten dauerte während des ganzen gemeinschaftlichen Krieges fort und hemmte den italienischen Waffengang Suwarow's. Je deut licher Oesterreichs Vergrößeruugspläne hervortraten, um so gereizter zeigte sich Paul gegen die „habgierigen Absichten" seines Verbündeten. 7. Der Rastatter Congreß und der Gesandtenmord. Nach den Abmachungen von Campo Formio konnte Niemand inehr zwei- «us-M» felhaft sein, daß der Rastatter Congreß nur die Aufgabe habe, die stipulirten oder angedeuteten Bestimmungen zu vollziehen und das System der Vergewalti gung zu sanctioniren. Was wollte es bedeuten, daß noch immer der Schein auf recht erhalten ward, die alten Reichsgrenzen sollten nicht verletzt werden, wäh rend doch Oesterreich, um möglichst bald in den Besitz von Venedig zu kommen und den französischen Plünderungen und Auspressungen ein Ende zu machen, Mainz nebst den übrigen Reichsfestungen räumte und durch die Entfernung seiner Truppen bis auf das kleine Reichscontingent die Bcrtheidigung unmöglich machte? So kam es denn, daß noch vor Ablauf des Jahres die Franzosen die Festungen Mainz, Mannheim, Philippsburg, die Oestcrreichcr die venetianischen Lande nebst der Hauptstadt besetzten. Und daß auch Preußen mit den kleineren Fürsten und Ständen, die ihr politisches Forum im Regensburger Reichstag be saßen, nicht mehr an das Dogma von der Integrität des Reichskörpers glaubten, ging aus ihrem ganzen Verhalten hervor. Wir wissen, daß Preußen gerne seine Clevisch-Geldrischen Lande gegen eine entsprechende Gebietserweiterung in Fran ken oder Westfalen abgegeben hätte, daß aber der Neid und die Rivalität Thu gut's jeden derartigen Plan Hintertrieb. Mit der Zeit, dachte er, muß die Abtretung doch erfolgen, dann hat aber Preußen keinen Anspruch auf Entschä digung. Und wie sehr immer die kleineren Reichsstände sich die patriotische Miene gaben, das gesammte Reichsgebiet in seiner Integrität behaupten zu