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I. Reaktionäre Experimente u. revolutionäre Gegenschläge. 599 de Castro in „Orgien des Fanatismus". Was einst in der Franzosenzeil die Madrider Gaccta den Liberalen zugcrusen: „wenn ihr euch nicht mit uns ver einigt, so werdet ihr bald wieder dieselben Ketten tragen wie in der Vergan genheit" war in Erfüllung gegangen. Ferdinand, falsch, heimtückisch und Meister in der Verstellung, die er während seines gezwungene» Aufenthaltes in Frankreich üben gelernt, entledigte sich durch den glücklich vollbrachten Gewalt streich der Maiverordnungen der Cortesvcrfassung vom Jahre Zwölf und führte das unbeschränkte Königthum und mit ihn, alle Uebelstäude der alten Zeit, alle Mißbräuche des Despotismus und der Priestcrherrschast zurück. Alle die licht scheuen Geister, denen die herkömmliche Herrschaft der Trägheit, Unwissenheit, Bestechlichkeit „ein weiches Polster" gewesen, schaartcn sich um den Thron und arbeiteten an der Herstellung des Absolutismus. Das spanische Volk kam dem finstern Streben fördernd entgegen, indem es denselben leidenschaftlichen Haß, Aberglauben und Fanatismus, der ihm die Waffen wider die Franzosen in die Hand gegeben, nun gegen die Liberalen kehrte. Diese Erscheinungen bestärkten den König in der Meinung, er sei der Mann nach dem Herzen des Volkes ; er glaubte den Worten der Schmeichler und Zuträger, daß er ungehindert allen seinen Trieben und tyrannischen Neigungen sich hingeben könne und dabei doch die Gunst und Liebe des spanischen Volkes sich erhalten werde. So betrat er denn rücksichtslos die Bahn der Reaction, den Vorstellungen der englischen Staatsmänner, die in gelinden Worten zu einiger Mäßigung riechen, wenig Gehör schenkend. Adel und Klerus, die den Monarchen mit ihren Netzen umstrickten, erlangten Realistisch, ihre Vorrechte und ihre Steuerfreiheit wieder; die Klöster wurden hergestellt. Zwingb.-r- die Jesuiten durften einziehen, die Inquisition, von den Zeloten als „eine dcr^'"' werthvollsten und wichtigsten Eigeuthümlichkeiten der katholischen Nation" geprie sen. kehrte zurück und mit ihr die Folter und alle Schrecknisse einer finstern Zeit. Die burcaukratische Bcamtenherrschaft, an ihrer Spitze der allmächtige Rath von Castilien, trieb wieder ihr altes Unwesen und beseitigte alle, auch die wohl- thätigsten Reformen der Cortcsrcgierung. Eine furchtbare Verfolgung erging nicht nur über alle Anhänger Frankreichs Mrancesadosj, über Alle, die unter Joseph ein Amt bekleidet oder ihm irgend wie gedient hatten. sondern auch über die Häupter und Anhänger der Cortes, über die Bandenführer, die wie der Baske Alava, wie die Generale Valdez, Porlier u. a. für König und Vaterland ihr Herzblut vergossen und nun als wohlverdienten Lohn Theilnahme am Staats wesen und bürgerliche Freiheit für die Nation ansprachen. Viele der helden- müthigsten Kämpfer starben unter der Hand des Henkers oder schmachteten im Gcfängniß, Andere wandertcn als Verbannte und Flüchtlinge ins Ausland, unter ihnen General Espoz y Mina, der tapferste Gucrillaheld des Nordens; die Zurückgebliebenen verschlossen ihre Ansichten und ihren Groll in schweigsamer