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I. Reaktionäre Experimente u. revolutionäre Gegenschläge. 571 fest, „die Protestanten als seiner kirchlichen Aufsicht mituntcrworfen, die deut-»-s-br. >822. schen Lande als Missionsland anzusehen, die daher unmittelbar von der Propa ganda regiert werden, und wo eben darum den Bischöfen die Missionsvorrechte der sogenannten Quinquennalfacultätcn beigelegt sind". Gegenüber dieser reg samen Geschäftigkeit der katholischen Kirche und des Papstthums, die durch die Hinneigung der Romantiker zur christlichen Symbolik und Mythendichtung mächtig gehoben ward, suchte der fromme König Friedrich Wilhelm III. von Preußen durch Belebung des protestantischen Glaubensbewußtseins eine Wieder geburt der evangelischen Kirche zu bewirken, indem er am dritten Jubelfest der Reformation einen Aufruf zur freien Einigung der so lange getrennten lutheri schen und reformirten Consession in eine unirte Kirche erließ, ein hochsinniger Akt religiöser Weitherzigkeit. Freudig ergriffen die Anhänger beider Bekenntnisse diese dem Geiste der Zeit entsprechende Idee und vereinigten sich in den meisten Staaten zu einer protestantisch-evangelischen Kirche, „welche die beiderseitigen Symbole in gebührender Achtung erhält, jedoch als Glaubensgrund und Lehr norm allein die Heilige Schrift anerkennt". Aber weit entfernt, daß diese ver jüngte Reformation von allen Lehrern und Bekennen! reformatorischer Heils- wahrheitcn mit Begeisterung ergriffen worden wäre, wurde das Werk durch engherzigen Dogmen- und Confessiousgeist verkümmert, in seiner Bedeutung und Wirksamkeit gelähmt und geknickt, eine Schädigung der protestantischen In teressen, die um so empfindlicher war, als durch Niebuhr's vertrauenselige Nach giebigkeit gegenüber den Ansprüchen Roms in der „Circumscriptionsbulle" diet«. 2»iii«2i. hierarchischen Einflüsse in Preußen erheblich gefördert wurden. Bei so verschiedenartigen Zielen und Bestrebungen konnte es nicht aus-PaEi,. bleiben, daß die europäische Menschheit sich in verschiedene Heerlager mit verschiedenen Feldzeichen und Schlachtrufen trennte, mit Wort und That nach dem Kampfpreis rang. Abgesehen von den Ultramontanen, die ihre Parole von Rom empfingen und den vaterländisch-nationalen Interessen nur eine untergeordnete Theilnahme widmeten, schied sich die Welt je nach den An sichten und Tendenzen der Einzelnen in zwei große politische Parteien, in die Männer des erhaltenden oder rückläufigen Prinzips, die dem Volke mög lichst wenige, und in Anhänger liberaler oder demokratischer Grundsätze, welche demselben möglichst viele Rechte eingeräumt wünschten, und während jene die Einführung konstitutioneller Formen nach Kräften zu hindern, oder, wo sie eingeführt waren, sie auf jede Weise der demokratischen Elemente zu ent kleiden suchten, war das ganze Streben der letztem auf Begründung und Fortentwickelung des konstitutionellen Lebens, auf Verbreitung größerer Ein sicht in das Staatswesen und auf Mehrung der bürgerlichen Rechte des Volks gerichtet. Aus den Kreisen jener wurden im Allgemeinen die Regierungen gebildet, daher die Liberalen sich meist in der Opposition befanden. Diese beiden