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IV. Umsturz und Neubau. 551 Um den Abschluß auf Grund dieser Bedingungen zu beschleunigen, D-^wwe führten die französischen Parteigänger noch andere Hebel auf den Plan. An«n-de. einigen Orten waren in Folge der Requisitionen und Ausschreitungen der Besatzungsmannschaften unruhige Auftritte und Feindseligkeiten entstanden. Nun wurde ausgesprengt, der König würde sich, wenn der Frieden nicht rasch zum Abschluß käme, in das Lager von Davoust zu der damals noch nicht aufgelösten Armee begeben, ein Schritt, der neue Kämpfe herbeiführen könnte. Leicht möchte dann die Allianz der europäischen Großmächte von Neuem sich lösen. Und in der That gab Alexander, nachdem er in Gegen wart des Kaisers von Oesterreich und des Königs von Preußen eine glän zende Heerschau in der Champagne abgehaltcn, seinen Truppen den Befehl ^S-p>br. . zum Rückzug über den Rhein, als ob für sie der Krieg zu Ende wäre. Die Versuche Friedrich Wilhelms selbst und des Freiherrn von Stein, den Kaiser, dessen Herzen beide einst so nahe gestanden, für die preußischen Vor schläge zu gewinnen, waren ohne Erfolg. Was blieb unter solchen Umständen dem König und seinen Räthen, allein stehend und auch von Oesterreich im Stiche gelassen, anderes übrig, als sich den Beschlüssen der Confcrenzminister zu fügen? Auch die letzten Forderungen, über welche die Verbündeten sich nach langen Unterhandlungen im September geeinigt hatten, wurden durch Alexander auf Zureden des ihm befreundeten neuen Minister-Präsidenten Richelieu noch gemin dert. Selbst Wellington äußerte seinen Unwillen über solche Schonung und Nachgiebigkeit gegenüber einer Regierung, bei der bereits die Hofpartei die Ober hand gewann und alle liberalen Elemente verdrängte. So kam denn endlich der zweite Pariser Friede zu Stande, in welchem Frankreich verpflichtet wurde, ro. Novbr. einige kleine Landstrecken und Festungen im Norden und Osten des Reiches abzutreten, siebenhundert Millionen Francs Kriegsentschädigung zu zahlen und in siebenzehn Grenzfestungen aus die Dauer von höchstens fünf Jahren ein Bundeshccr von 150,000 Mann zu unterhalten, welche unter Wellingtons Oberbefehl „die europäische Polizei" handhaben sollte». So war Frankreich, wenn es gleich an Preußen Saarlouis und Saarbrücken mit dem dazu gehörigen Gebiete, an die Niederlande das Herzogthum Bouillon und die unbedeutenden Festungen Philippeville und Marieburg, an Baiern (durch Oesterreich) das linke Ufer der Lauter mit Landau, an Sardinien einen Theil von Savoyen abgeben und das Fürstenthum Monaco aus seinem Reichsverband ausscheiden mußte, doch selbst nach dem zweiten Pariser Frieden an Umfang größer als vor der Revolution, weil die Enklaven, Avignon, Mömpelgard n. a. O. ihm überlassen und alle Feudalrechte in Elsaß und Lothringen aufgehoben blieben. Für die Einquartierungslasten, die Blücher den Parisern auferlegte, und für die Kriegsschatzung wurden die Einwohner reichlich entschädigt durch den großen Verbrauch von Lebensbedarf, Luxusgegenständen und Maaren aller Art, welchen die Anwesenheit der Fremden, der fürstlichen Höfe, der hohen Beamten und