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540 Europa unter Bonapar tischem Einfluß. Der Ernennung des Marschalls Davoust zum Oberbefehlshaber von Paris und der Armee, die sich dort sammeln sollte, und des Marschalls Massen« zum Com- mandauten der Nationalgarde lag die geheime Absicht zu Grunde, die Sympa thien der Soldaten für den Kaiser nicht zu stark hervortreten zu lassen, den Kampfesmuth und die Entschlossenheit des Widerstandes bei der Armee abzu schwächen. Obwohl kaiserliche Heerführer waren doch beide keine eifrigen Bona- partisten. Von Massena ist uns bekannt, daß er von Napoleon persönlich gekränkt und zurückgeseßt worden war, und Davoust war kein Charakter, welcher dem Strome einen felsenfesten Damm entgegenwarf. Zugleich wurde Lafayetle, dessen doctrinärer Liberalismus Schwierigkeiten bereiten konnte, durch eine ehren volle Mission aus Paris entfernt. Er sollte mit einigen Generalen und Staats männern (Sebastian!, Laforcst, Constant u. A.) sich zu den Verbündeten be geben, um für den Frieden und für die ungeschmälerte Erhaltung des französischen Gebietes zu wirken und der Nation das Recht zu erwerben, sich selbst die künf tige Regierungsform zu geben. Lafayette hoffte bei Kaiser Alexander persönlich etwas durchzusetzen. Aber die Mission blieb ganz erfolglos. Auf dem Diplo- i. Ju,i i8>5. matencongreß iu Hagenau wurde die Deputation mit Vorwürfen und unfreund lichen Worten, insbesondere von Seiten des englischen Bevollmächtigten Lord Stewart, zurückgewiesen, Lafayette bei Alexander gar nicht vorgelassen. N->^°>-onn°ch Unterdessen waren die Feinde der Hauptstadt immer näher gerückt. Da erwachte iu Napoleon noch einmal der kriegerische Geist. Er ließ der provisori schen Regierung melden, sie möge ihn als einfachen General an die Spitze des Heeres stellen, er wolle den Feind schlagen und dann wieder zurücktreten. Die Antwort lautete ablehnend. Es blieb bei der getroffenen Anordnung. Nun ver ließ Napoleon, der befürchten mußte, wenn er iu Blüchers Gewalt fiele, als Sühnopfer für den Herzog von Enghien geschlachtet zu werden, den Landsitz V-2um Mai,„msort und reiste nach Rochefort, um sich von dort nach Amerika zu be geben, zaudernd und unschlüssig und immer noch von der Hoffnung einer un erwarteten Wendung getragen. Aber die Engländer hielten den Hasen besetzt; ein heimliches Entkommen wurde durch sein Zögern und seine Unschlüssigkeit vereitelt. Da suchte er im Vertrauen auf die Großmuth der britischen Nation Schuß auf einem ihrer Schiffe, dem Bellerophon. Er glaubte in dem Lande, wo das politische und neutrale Gastrecht von jeher so hoch gehalten worden, ein Asyl zu finden wie einst die Bourbonen. In einem Schreiben an den Prinz- Regenten sagte er, daß er komme wie Themistokles, sich auf dem Heerde des britischen Volkes niederzusetzen. Allein die Staatsmänner, die damals das Ruder führten, hatten für die gefallene Größe kein Mitgefühl. Ohne Rücksicht auf die Ehre des englischen Namens und die Stimme der Völker, folgten sie nur den Eingebungen einer kalten Klugheit und bürdeten dem stolzen Jnselreiche die schmachvolle Rolle eines Kerkermeisters auf. An Englands Küste angelangt, empfing Napoleon in Plymouth die Schreckensbotschaft, daß er als Staats-