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I. Von Campo Formio bis zum 18. Brumairc. 37 wurde die Ausschiffung bewerkstelligt und die Hauptstadt des Nillandcs, die Schöpfung des großen Alexander, nach kurzem aber blutigem Kampfe zur Unterwerfung gebracht. Aegypten galt damals für abhängig vom türkischen Reiche, so schildert der neueste P°li«,sch- französische Geschichtschreiber Napoleon's die Lage des Nillandes, aber der Sultan wurde nur durch einen Pascha ohne wirkliche Macht vertreten, der in Kairo lediglich einen Ehrenposten bekleidete. Die eigentliche Gewalt lag allein in den Händen der Mameluken, einer Miliz, deren Ursprung in die Zeiten Saladin's zurückreichte, und die in der Geschichte ohne Gleichen ist. Aus Sclaven gebildet, die man als Kinder in Georgien und Cirkassien kaufte, und nur den vicrundzwanzig Anführern unterthan, denen sic gehörten und die unter dem Namen von Bey's über sie herrschten, bildete diese Miliz eine Art seltsamer Ritterschaft, die keine andere Religion kannte, als die der soldatischen Brüderlichkeit, und kein anderes Gesetz, als den Willen ihrer Herren. Seit langer Zeit schon übte die Pforte nur eine Art von nomineller Oberhoheit über die Mameluken aus und schätzte sich glücklich, daß man ihr diese wenigstens gelassen. Unter dieser eigenthümlich gestalteten Herrschaft vegetirte eine Bevölkerung, deren gleich sam übereinander liegende Schichten die aufeinander folgenden Invasionen bczeichnctcn, welche über Aegypten hingegangcn waren. Auf der untersten Stufe standen die Kopten, die elenden, herabgcwürdigten Nachkommen der ursprünglichen ägyptischen Rare, von denen ein Theil gewisse Acmter bekleidete und den Mameluken als Agenten und Steuer einnehmer diente. Dann kamen die ersten Eroberer, die Araber, die theils unter dem Namen Beduinen das Leben der wandernden Heerdenbefitzer aus der biblischen Zeit sortsührten, theils unter dem Namen Fellahs Ackerbauer waren oder als Schecks große Ländereien besaßen. Endlich kamen die Türken, deren Herrschaft derjenigen der Ma meluken vorangegangen, und welchen man, rein der Form nach, in der Person des Pascha noch immer huldigte. Nach der Landung erließ Napoleon eine Proclamation in arabischer Sprache, Affbug ^ worin die Aegyptcr aufgefordert wurden, sich an die Franzosen anzuschließen, die Sch!-^« gekommen wären, das Joch der Mameluken zu brechen, dem Großherrn in mwen. Stambul die Herrschaft zurückzugeben und die Rechte des Volkes herzustcllcn. Ihre Religion solle geachtet werden; denn im Grunde seien die Franken auch Mohammedaner. Hätten sie denn nicht den Papst und die Malteser bekriegt? Aber bei den Orientalen, denen die Vorstcllungskreise des Abendlandes gänzlich unbekannt waren, sielen die demagogischen Künste und Schlagwörter wirkungslos zu Boden. Weder die seit Jahrhunderten an Knechtschaft und Despotismus gewöhnten Einwohner koptischen oder arabischen Ursprungs, noch der türkische Pascha, der im Namen des Sultan von Konstantinopcl eine Scheinherrschaft über das Nilland führte, faßten Vertrauen oder Freundschaft zu den Fremd lingen, und die in ihrer Herrschaft bedrohten Mameluken rüsteten sich zu energi scher Gegenwehr. Ihre Reitcrschaaren in glänzendem Kriegsgcwande, unter dem Hauptauführer Murad Bey, suchten, durch weite Sandflächen und wellenförmige Erhebungen gedeckt, das Vorrückcn des Feindes durch unerwartete Ucbcrfällc herumstreifcnder Rotten zu verhindern oder zu erschweren. Wie groß war der Contrast der Wirklichkeit zu den erträumten Herrlichkeiten und Genüssen der