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522 Europa unter Bouapartischem Einfluß. hoben, sich zu den nöthigen Einschränkungen ihrer Souveränetät bereit erklärten, an die Spitze des Bundes einen Kaiser „als deutscher Freiheit Acgide" begehrten und die Nothwendigkeit landständischer Verfassungen anerkannten. Das Programm der Neun- undzmanzig, die sich durch den Beitritt von Baden und den beiden Hohenzollern auf Zmciunddreißig erweiterten, strebte noch einmal ein hohes nationales Ziel an, das in , den Berathungen des Fünferausschufses sich längst bis zur Unkenntlichkeit verflüchtigt hatte. Zunächst aber hatte es keine Wirkung. Die deutsche Kaiserfrage, die einheit liche Spitze der Föderation, für die sich Stein noch einmal erwärmte, tauchte jetzt für lange Zeit zum letztenmal auf; die Thatsache, daß in Deutschland zwei Großmächte von gleichem Anspruch sich gcgcnüberstanden, verwies das Kaiserthum von vornherein in das Reich unerfüllbarer Träume. Von einem preußischen Kaiserthum war ernstlich eigentlich nirgends die Rede, ebenso wenig kam damals die Idee,.den Bund ohne Oesterreich zu schließen, worin die Folgezeit die einzige Rettung in den deutschen Ber- fassungswirren erkannte, zum Durchbruch, wenn sic auch flüchtig auftauchte. Die großen Bedenken, die gegen ein österreichisches Kaiserthum sprachen, brachten die kühlen preußischen Staatsmänner, namentlich Humboldt, in einer Denkschrift dem wärmeren und begeisterteren Stein gegenüber zur Geltung. In der Wiener Hofburg selbst stand man diesem Projecte mit größter Zurückhaltung gegenüber; schon in Teplitz, Chau- mont und Paris hatten die beiden deutschen Großmächte sich verständigt, aus die Kai- scrwürdc nicht mehr zurückzukommen, den Staatenbund ohne Haupt zu lassen. Nach dem das Verfassungscomite gesprengt worden, gerieth die deutsche Frage osficiell monatelang ganz ins Stocken und willkürliche luftige Projecte tummelten sich aus dem freien Boden. » Huinboldt-schi Im folgenden Jahr erst wurde die Verfassungsfrage ernstlich wieder ausgenommen, nniwurft. Hg wurde freilich mehr an die Arbeiten des Fünfcrausschusses angcknüpft, als an das patriotische Programm der „Kleinen". Doch hatte deren selbständiges Vorgehen wenig stens die Folge, daß ihr Anspruch, an den Verhandlungen theilzunchmen, anerkannt 10. Nbr. wurde. Im Februar legte Humboldt zwei neue sehr umfangreiche Verfassungsentwürfe O'vor, einen mit, einen ohne die Krciscintheilung. Cs war darin beantragt eine Bun desversammlung, bestehend aus einem ersten und einem zweiten Rath. Der erste Rath, aus den beiden leitenden Mächten und den Königen gebildet, hatte die vollziehende Ge walt, die Leitung und Vertretung des Bundes; der zweite Rath, aus allen Bundcs- gliedcrn bestehend, hatte mit dem andern gemeinsam die gesetzgebende Gewalt. In Bezug auf das Bündnißrecht wurde dem particularistischen Standpunkt ein Schritt weit entgegengekommen. Landständische Verfassungen und die freiheitlichen Grund rechte wurden garantirt, ein Bundcsgericht eingesetzt. Das Bundesgcricht, landstän- dischc Verfassungen und eine kraftvolle Kriegsgewalt waren als die Punkte bezeichnet, von denen man unter keinen Umständen abgehen dürfe. In dieses Stadium der Ver fassungsfrage fiel dann die Rückkehr Napoleon's, und die drängende Unruhe, die ange sichts dieses Ereignisses entstand, beschleunigte zwar den Abschluß der Angelegenheit, bewirkte aber auch, daß sie ungebührlich überhastet und nur auf die nothdürftigsten Umrisse beschränkt wurde. Es war jetzt nur noch die Rede von den allernothwendigsten Grundlagen der Bundesverfassung, während der Ausbau auf eine spätere Zeit ver schoben wurde. Auch die preußischen Staatsmänner schmolzen jetzt ihren letzten Ent wurf wieder bis auf wenige Paragraphen ein, ohne freilich den Kern ihrer Vorschläge zu verändern. ^ter allgemeiner Resignation, Abspannung und Ermüdung legte dann endlich sit'ki Emwurf^ Metternich, im wesentlichen auf Grund einer Arbeit des Ministers von Wesscnberg, 7. Mai 1815. einen Entwurf vor, der sowohl an Freifinnigkeit hinsichtlich der Innern staatsbürgerlichen