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36 Europa unter Bonapartischeni Einfluß. ungefährdet bei der Insel Malta anlegten, wo schon alle Einleitungen zur Besitz nahme getroffen waren. Die Ordensritter, einst die heldenmüthigen Vorfcchter der Christenheit gegen die Mohammedaner, standen mit dem veränderten Zeit geiste eben so sehr in Widerspruch wie die Aristokratie von Venedig und Bern. Unter einem thatenlosen bequemen Leben waren Wollust, Selbstsucht und Zucht losigkeit in ihre Reihen eingedrungcn; die Festungswerke der Felseninsel, an denen so oft die Macht des Halbmonds gescheitert, waren in schlechtem Stand, die Armirung unvollständig, die Disciplin des Heeres gelockert, die Treue und Zuverlässigkeit vieler Offiziere gebrochen, thcils durch Verführung, theils durch Sympathien für die Republik, der Großmeister, Ferdinand von Hompesch, ein schwacher Mann von beschränkter Einsicht und geringem militärischen Ehrgefühl. Bonapartc, der schon während seines italienischen Feldzugs und nachher mehrere französische Ordcnsglieder von Rang und hohen Stellungen gewonnen hatte und durch sie von Allem was vorging unterrichtet war, konnte dem Befehlshaber und vielen Rittern feindselige Gesinnung gegen Frankreich zum Vorwurf machen. Sie hatten schon zur Zeit Katharina's II. den Plan gehegt, die Insel unter das Protectorat Rußlands zu stellen, und seitdem diesen Plan mit regem Eifer ver folgt. Kaiser Paul und seine Söhne waren trotz der Religionsverschiedenheit in den Orden eingetreten, für dessen vergangene Heldenthaten der Zar durch Ver- tot's romantisch ausgeschmückte Geschichte begeistert war. Auf Grund alter An sprüche der Ritter an gewisse Adelsgütcr in dem polnischen Volhynien, sollte ein russisches Großpriorat mit zwciundsiebenzig Commenden als besondere Zunge gegründet werden. Der Ordcnsgesandte Litta, der dem Kaiser das Ordenskreuz überbrachte, das einst der Großmeister Lavalette getragen, erfreute sich am Pe tersburger Hof besonderer Gunst. Aber als die französische Flotte vor der Haupt stadt anlegte und Napoleon drohend die Uebergabe forderte, vollendete sich fast ohne Kampf das Schicksal der Insel. In wenigen Tagen wurde eine „Convention" geschlossen, kraft deren das Felscneiland, das festeste Bollwerk des Mittclmeers, sich der Republik ergab. Das wichtigste Anliegen der Ritter war die Sicherstellung ihrer 3» Ium Pensionen. Am 13. Juni wehte die Tricolore auf allen Castellen; eine franzö sische Besatzung hütete die Insel und ein französischer Gouverneur leitete die Verwaltung. Viele Johanniter traten in die Dienste der Republik; andere zogen weg. Ein so klägliches Ende nahm der einst so berühmte und mächtige Ritter orden auf Malta. Wie ein morscher Stamm brach er unter den Stürmen einer neuen Zeit zusammen. ' dlnf Malta vernahm Napoleon mit einiger Besorgniß, daß eine englische " Flotte im ägäischen Meere kreuze. Aber auch diesmal segelten die französischen Schiffe unbemerkt vom Feinde an Candia vorüber und langten am 1. Juli vor Alexandrien an. Ein Manifest machte das Heer mit den Absichten des Feld herrn bekannt, ermahnte die Soldaten, die Vorurtheile der Mohammedaner zu schone», und schärfte ihnen strenge Disciplin ein. Mit großer Eilfertigkeit