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IV. Umsturz und Neubau. 493 bald ohne Macht und Ansehen, als Kaiser Alexander in Talleyrands Palast seine Wohnung aufschlug und sich von den Rathschlägen des klugen gewandten Diplomaten leiten ließ. Die während der Kaiserzeit zurückgekehrtcn Emi granten, die Napoleon umsonst durch Begünstigungen aller Art an sein Haus und seine Sache zu knüpfen gesucht, und die unbeeidigten Geistlichen der Revo lution, die in Folge des Concordats wieder Stellen und Einfluß erlangt hatten, traten nun immer offener hervor und gaben sich Mühe, die Sympathien des Volkes für die alte Königsfamilie und die geheiligte Ordnung der Vergangenheit zu wecken. Diese vereinten Bemühungen und die Sehnsucht der erschöpften, ermüdeten Nation nach Frieden gaben denn auch schließlich den Ausschlag. Tallcyrand stellte die Rückführung der Bourbonen als den allgemeinen Wunsch der Nation dar, eine Versicherung, die von de Pradt und Baron Louis bestä tigt ward, Männern, welche aus übersättigten Günstlingen und schamlosen Schmeichlern Napoleon's seine Verleumder und Verräther geworden. Bei der Berathung in seinem Hause schrieb Tallcyrand selbst die Erklärung nieder, „daß A Mir; die Mächte nicht weiter mit Napoleon noch mit irgend einem Gliede seiner Fa milie unterhandeln würden", und ließ das Schriftstück öffentlich bekannt machen, zugleich dem Volke zur Befriedigung der Eitelkeit eine selbstgeschaffene Verfassung und erweiterte Landesgrenzen in Aussicht stellend. Am folgenden Tag wurden i. «»»>. die in Paris anwesenden Senatoren zu einer Sitzung eingeladen. Es waren Männer, die noch kurz zuvor sich in Versicherungen der Treue und Ergebenheit für die Bonapartische Dynastie überboten hatten und die. wie uns aus früheren Blättern zur Genüge bekannt, stets mit der größten Devotion vor dem Gewal tigen im Staube gekrochen, mit serviler Dienstbeflissenheit alle Vorschläge und Willkürhandlungen desselben gut geheißen hatten. Hier stellte Tallcyrand „mit stockender Stimme", „indem er wenigstens eininal in seinem Leben verlegen war", den Antrag auf Einsetzung einer vorläufigen Regierung. Der Senat kam der Aufforderung ohne Widerspruch nach und bestätigte die von dem ehemaligen Minister des Kaiserreichs vorgeschlagenen Mitglieder. So trat denn eine provisorische Regierung ins Leben, welche Tallcyrand zum Haupte und mehrere Gegner Napoleon's, Emmerich Joseph von Dalberg, Neffe des Fürsten Primas, Jaucourt, Beurnonville nebst dem eifrigen Roya-Kssung. listen Abbö von Montesquieu zu Mitgliedern hatte und bis zur Herstellung einer neuen Ordnung die Staatsgeschäfte leiten sollte. Auf den Antrag dieser provisori schen Regierung sprach der Senat die Thronentsetzung Napoleon's aus und 2^A»r>, entband die Nation von dem Eide der Treue. In der Absetzungsurkunde war eine Reihe von Handlungen als Verbrechen bezeichnet, denen vorher der „Erhal tungs-Senat" in serviler Unterwürfigkeit zugestimmt hatte. Diesem Absetzungs dekret traten an den folgenden Tagen sämmtliche Behörden und Korporationen bei, der gesetzgebende Körper, der Caffationshof, die Gemeindeverwaltung von Paris, alle Staats- und Justizcollegien. die Universität u. a. Zugleich war eine