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IV. Umsturz und Neubau. 489 den Verbündeten das Barrücken erschweren oder unmöglich machen, die noch schwankenden Monarchen durch eine energische Kundgebung des Volkswillens für die Fortdauer der Bonapnrtischen Dynastie günstig stimmen. Aber Napo leon hatte stets sein Vertrauen auf Bajonette gesetzt und zu lange alle bürgerliche Freiheit unter dem Glanze seines Militärdcspotismus erdrückt; wie sollte er nun zu dem Volke, oder dieses zu ihm Vertrauen fassen? Darum verschmähte er auch jetzt dessen Hülfe, und doch zeigte der heldemnüthige Kampf einiger tausend Nationalgarden bei Fere-Champenoise, welche Kraft noch im Volke lag. — AM-r, Als der allgemein geachtete Carnot, der früher die Gunst des Mächtigen ver schmäht hatte, nunmehr dem vom Glück der Schlachten verlassenen Kaiser seine Hülfe anbot, übertrug dieser ihm nicht die Hauptstadt, wo er am erfolgreichsten hätte wirken können, sondern vertraute ihm die Vertheidigung der Citadelle von Antwerpen an, während des Kaisers unbeherzter und für militärische Dinge wenig befähigter Bruder Joseph den Oberbefehl über die Nationalgarde erhielt, die wenig geliebte Kaiserin an die Spitze der Regentschaft gestellt ward und Männer von zweifelhafter Fähigkeit oder Treue die wichtigste» Posten bekleideten. Kaum hatten nun die feindlichen Armeen nach den blutigen Kämpfen um Paris den Montmartre erstürmt, so legte Joseph seine Vollmacht in die Hände der »o. Mi-, Marschälle Mortier und Marmont nieder und verließ die bedrängte Hauptstadt. Die beiden Feldherren mußten nach den heldcnmüthigsten Anstrengungen der Uebermacht weichen und die Stadt vertragsweise übergeben. Hierauf erfolgte der Einzug der Verbündeten in Paris. „Was Patrioten träumten", »i. Mi-» schrieb Gneisenau, „und Egoisten belächelten, ist geschehen. Das allgewaltige Schicksal stand uns zur Seite und ließ unsere Fehler dem Tyrannen zum Ver derben gereichen. Er schlug jeden Antrag zur Versöhnung aus und nöthigte selbst diejenigen, die ihn gern gerettet hätien, Schritte zu thun, die seinen Sturz herbeiführten". An demselben Tage fand in Talleyrand's Hause eine Berathung über die künftige Staatsordnung statt. Die verbündeten Monarchen hatten sich noch nicht entschieden ausgesprochen, wem das Regiment übertragen werden sollte; der Kaiser von Oesterreich war einer Regentschaft unter der Leitung Marie Louisens nicht abgeneigt, und Alexander hatte wiederholt erklärt, daß der Wunsch der französischen Nation den Ausschlag geben würde. Daher waren die Agenten der Bourbons, wie Scmalle, Morin, Maubreuil eifrig bemüht, bei dem Einzug der fremden Truppen royalistische Demonstrationen hervorzu rufen, um eine günstige Entscheidung für das Haupt der alten Königsfamilie zu erzielen. Mit dem Einzug der fremden Heere in die französische Hauptstadt erreichten Dl-B°m. auch die Bourbonen und ihre Anhänger nach zwanzigjähriger Verbannung das»77-n'7 Ziel ihrer Sehnsucht und ihres Strebens, die Rückkehr in die Heimath, freilich nicht durch einen Akt nationaler Erhebung und Willensäußerung, sondern durch fremde Mächte in Folge unerwarteter Schicksalsschläge. Von jenen Emigranten,