488 V. Europa unter Bonapartischem Einfluß. kräfte gestärkt und von Alexander und Friedrich Wilhelm zum Vorwärtsgehen 7 "'Märzguf eigene Hand ermächtigt, bei Craonne und Laon über das geschwächte französische Heer neue Vorthcile errungen hatte. Der nächtliche Angriff, den auf Nork's Anordnung eine Abtheilung der preußisch-russischen Armee bei Laon gegen Marschall Marmont ausführte, gehörte zu den tapfersten Kriegsthaten des Feldzugs. Einen vollständigen Sieg verhinderte Blücher's Krankheit und die dadurch herbeigeführte Unsicherheit in der obersten Leitung. Auch jetzt noch übte der Glaube an Napolcon's strategische Ueberlegenheit eine lähmende Gewalt auf den Generalstab im Hauptquartier. Die Verfolgung wurde langsam und vorsichtig ins Werk gesetzt. Um so nachdrücklicher wirkten diese Waffenerfolge auf den Gang der diplomatischen Geschäfte. Die Verhandlungen wurden ab gebrochen ; der Kaiser von Oesterreich, der aus Rücksichten der Verwandtschaft eine vermittelnde Stellung eingenommen, brachte seinen Eidam und seinen Enkel dem europäischen Frieden zum Opfer; der Prinz-Regent von England, der eif rigste Fürsprecher der Bourbonen, gewann mit seinem Plane einer Herstellung der legitimen Königssamilie immer mehr Anklang und „wurde für die Bour bonen, was Ludwig XIV. für die Stuart's geworden war". Nun wurde der Marsch auf Paris und die Entthronung Napolcon's be- P-uis. schloffen. Nach Außen blieb die stolze Haltung des eisernen Mannes ungebeugt und alle seine Bewegungen gaben Zeugniß von der ungeschwächten Kraft seines Geistes. Allein der Feind war übermächtig. Der siegreiche Kampf bei Rheims, wo der französische Emigrant St. Priest, der absolutistische Rathgeber des Prä tendenten und jetzt Führer einer preußisch-russischen Heerabtheilung, mit der Hälfte seiner Soldaten fiel, war der letzte glänzende Lichtstrahl, der aber nur dazu diente, den tiefen Abgrund aufzuhellen, an dem Napoleon angelangt war. 20.2,. März. Das Treffen bei Areis an der Aube überzeugte ihn bald, daß sein vermindertes und erschöpftes Heer gegen die stahlfesten Reihen der Feinde, die seinen eigenen Truppen an Stärke vierfach überlegen waren, nichts mehr auszurichten ver mochte, und diese Ueberzeugung erfüllte ihn mit Unentschlossenheit. Während die verbündeten feindlichen Armeen auf Paris losrückten und seine Anwesenheit in der Hauptstadt höchst nothwendig gewesen wäre, um die Widerstandskraft zu beleben, vergeudete er seine Zeit mit kühnen, aber fruchtlosen Märschen. Er hoffte die Feinde von dem Zuge nach der Hauptstadt abzulenken; allein bei diesen war endlich die Ansicht durchgedrungen, daß allein der Besitz von Paris den Frieden bringe. Noch ein Mittel der Rettung wäre vorhanden gewesen — ein Nationalkrieg und Aufruf an das Volk. Denn im Heerlager der Verbün deten herrschte noch keine Uebereinstimmung über die künftige Staatsordnung in Frankreich; die Herstellung der Bourbons war noch immer nicht beschlossene Sache. Wenn sich der Kaiser der Franzosen offen, wahr und warm an die Nation wandte, die Wiederherstellung bürgerlicher Freiheit zusicherte und das rege Vaterlandsgefühl zu einer allgemeinen Erhebung entflammte, so konnte er