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IV. Umsturz und Neubau, 463 überstiegen die der Preußen um das Drei- bis Vierfache. Auch ein Rciterangriff, den der inzwischen herangekouimene Arrighi am späten Abend noch unternahm, vermochte die verlorene Schlacht nicht wieder herzustellen, führte vielmehr nur zu einer neuen Niederlage. Durch den Sieg von Großbeeren war die Hauptstadt, die durch den nahen Kanonendonner in Angst und Sorge gehalten worden und nun mit unbeschreib lichem Jubel die Freudenbotschaft von der ersten Schlacht dieses Feldzugs em pfing, vor der nächsten Gefahr gerettet. Der Kronprinz von Schwede» säumte nicht, sich das Verdienst an dem schönen Siege beizulegen; es gelang ihm auch geraume Zeit, die Welt über den wahren Hergang bei dieser Schlacht zu täuschen und Bülow um die verdiente Anerkennung zu bringen. Auch jetzt noch ließ es der Oberfeldherr der Nordarmee an entschlossenem Vorgehen fehlen; wäre eine energische Verfolgung, wie es Blücher that, ins Werk gesetzt worden, so Hütte das gcsammte Heer Oudinot's vernichtet werden können. So aber konnte der Marschall seinen Rückzug unbelästigt vollziehen. Der Schlag von Großbceren lähmte auch die Unternehmungen des Marschall Davoust, der von Hamburg aus. mit den Dänen vereinigt, die Nordarmee angrcifen sollte. Der Marschall drängte zwar das Corps des Generals Wallmoden-Gimborn zurück und besetzte Schwerin, allein auf beiden Seiten fehlte es an Entschlossenheit und Kriegslust. Die Operationen an der Niederelbe hatten wenig Einfluß aus den Gang des Kriegs. In einem kleinen Scharmützel zwischen Gadebusch und Schwerin fiel damals der Freiheitssänger Theodor Körner, Lieutenant in der Lützower Frei-r«. Au,, schaar, und wurde in dem nahen Dorfe Wöbbelin unter einer deutschen Eiche' ehrenvoll bestattet. Die Unternehmung Oudinot's gegen Berlin sollte durch die Division des GE bn Generals Girard unterstützt werden, die gleichzeitig aus Magdeburg aufbrach. Das Heer, mehr als zur Hälfte aus deutschen Rheinbundstruppen bestehend, wurde aber von einigen kurmärkischen Landwehrbataillonen unter den Generalen Hirschfeldt und von Putlitz nebst einem Kosakenschwarm unter Tschernitscheff angegriffen und in einem furchtbar erbitterten mörderischen Kampf fast gänzlich vernichtet. In dem Gefecht bei Hagelberg fielen die wildesten Kampfscenen in diesem ganzen Kriege vor. Geschossen wurde wenig, um so wüthendcr aber handhabten diese „Naturkinder des Kriegs" Kolben und Bajonett. Ein französi sches Bataillon hatte sich vor einer Steinmauer aufgestellt, als die Landwehr leute vom dritten kurmärkischcn Regiment heranstürmten. „Man hörte keinen Schuß, keinen Lärm und kein Geschrei, nur das Knarren der Kolbenschläge, das Stöhnen und Röcheln der Todesopfer; still, aber um so ingrimmiger ging die Blutarbeit vor sich, bis das Quarre einer Pyramide gleich an der steinernen Mauer, vor der cs sich aufgestellt hatte, aufgethürmt lag". Die Landwehr, das von Napoleon so verächtlich behandelte „Gesindel", zeigte immer mehr ihre urwüchsige Kraft und ihre todesmuthigc Entschlossenheit. 4000 Mann vom