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IV. Umsturz und Neubau. 461 Den Oberbefehl über die französischen Truppen in Schlesien führte nach dem Abzug Ney s, den Napoleon mit nach Dresden genommen, der Marschall A «»g. Macdonald. Aus Mißverständniß war mit dem Marschall Ney auch besten Corps abgezogen und Macdonald verlor daher eine kostbare Zeit, indem er die Wiedervereinigung mit den bereits auf dem Rückmarsch befindlichen Ney'schcn Truppen unter Souham abwartete, eine verhängnißvolle Verzögerung. Denn Blücher hemmte unerwartet rasch seinen weiteren Rückzug und ging aufs Neue zum Angriff über. Beiderseits vorrückend trafen so die Heere aufeinander, ohne daß Macdonald den Gegner so nahe glaubte und seine Armeen vereinigt hatte. Die Flüßchen Katzbach und wüthende Neiße sind sonst zur Sommerszeit un bedeutende Gewässer, damals aber waren sie durch unaufhörlichen Rege» aufs stärkste angeschwolleu. Die Franzosen überschritten die Flüsse und erstiegen jen seits ein hohes Plateau, welches steil gegen das Ufer hin abfällt. Hier trafen sie aus die Corps von Nork und Sacken, und es empfing sic ein unerwartet heftiger Angriff. In Folge des strömenden Regens versagten die Gewehre großentheils, und cs erhob sich au vielen Punkten der steilen Höhe ein furchtbares Hand gemenge, Mann gegen Mann, mit Kolben und Bajonetten, dazwischen gewal tige Cavalleriekämpfe. Blücher selbst, in dem das alte Husarenblut sich regte, setzte sich mit gezücktem Säbel an die Spitze eines Rcitergeschwadcrs, das gegen den Feind sprengte. Das Ende des erbitterten Gefechtes war, daß die Fran zosen in furchtbarer Verwirrung und haltloser Flucht das steile Ufer hinab- gcstürzt wurden. Bis in die dunkle Nacht hinein ergossen die Geschütze der Ver bündeten Verderben in die flüchtigen Heeresmaffe». Noch größere Verheerungen als der Kampf selbst richtete die wirre Flucht « über die wüthenden Wasser, die alle Stege weggeriffen, unter den Franzosen an. " ^ Mit äußerster Energie nutzte Blücher seinen Sieg aus. Ueber die reißenden Ge- birgsflüssc hinweg, aus grundlosen Wegen, im entsetzlichsten Wetter ging die Verfolgung der wirren aufgelösten HcereStrümmer. Ein seltsames Geschick wollte cs, daß Langeron, der nichts zum Sieg auf dem Schlachtfeld gethan, vielmehr kaum vor einer empfindlichen Niederlage durch preußische Hülse bewahrt worden, bei dieser Verfolgung mühelos die größten Trophäen erlangte. Eine ganze Di vision, die des Generals Puthod, wurde am Bober abgeschnittcn und mußte sich den Russen ergeben. Bei Bunzlau kam cs zu einem neuen erbitterten Ge-so. «»g. scchl; allein die Flucht des Macdonald'schen Corps kannte keinen Hall mehr. Wohl konnte Blücher in einem Tagesbefehl seinen Soldaten zurufen: „Schlesien ist vom Feinde befreit; eure Bajonette stürzten ihn den steilen Thalrand der wüthenden Neiße und der Kaßbach hinab. Seitdem habt ihr Flüsse und an- gcschwollenc Regenbäche durchwatet, ohne der Kälte und Nässe, des Mangels und der Entbehrungen zu achten". 18,000 Gefangene, eine Menge von Ge schützen und Trophäen hatte die Verfolgung in die Hände der Verbündeten gelie fert; der Gcsammtverlust des Feindes wird auf mehr als 30,000 Mann