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452 Europa unter Bonapartischem Einfluß. Herrschaft um 250,000 bis 300,000 Seelen vermehrt, Hildeshciui, Ostfries land, Lingen zugestanden werden, und diese Ansprüche der welfischen Hauspolitik zahlte England mit seinen, freilich ziemlich mageren Subsidien; für die preu ßische Monarchie, die doch die gewaltigsten Opfer zum Krieg brachte, wurde nur die Herstellung in den Grenzen von 1806 zugesagt. Einige Tage nach den eng lischen Allianzvcrträgen erfolgte, ebenfalls zu Rcichenbach, der eventuelle Beitritt Oesterreichs zur Coalition. Die Wiener Regierung verpflichtete sich danach, für den Fall daß Frankreich die von Oesterreich als vermittelnder Macht vorgeschla- gencn Bedingungen bis zum 20. Juli nicht angenommen habe, de» Krieg an Napoleon zu erklären. Diese Bedingungen bestanden, wie wir oben angedeulet, in der Rückgabe Jllyriens an Oesterreich, in der Auflösung des Herzogthums Warschau und dessen Vertheiluug unter die drei verbündeten Mächte, in der Räumung der besetzten Festungen in Preußen und Polen, in der Rückgabe von Danzig an Preußen, in der Abtretung der uordwestdeutschen Küstenländer, ins besondere der Herstellung der Hansestädte. Lehnte Frankreich diese Vorschläge ab, so verpflichtete sich Oesterreich zur sofortigen Theilnahme am Krieg, und erst dann sollte die vollständige Auflösung des Rheinbundes, die Zurückgabe Han novers an England, die Aufhebung der Vasallenherrschaften französischer Prinzen in Deutschland gefordert werden. Daß Napoleon die österreichischen Vorschläge annehmen werde, glaubte Niemand mehr, und wohl nur in dieser Voraussicht gingen die Verbündeten von Kalisch auf Bedingungen ein, die trotz der russischen Katastrophe die französische Macht über halb Deutschland aufrecht erhalten haben würden. Rin Tage vor Abschluß des Reichenbachcr Vertrags hatte Metternich die 26. Juni berühmte Unterredung zu Dresden mit Napoleon, die von Mittag bis in ^ " die Nacht währte. In heftigen Vorwürfen machte der französische Kaiser seinem langvcrhaltcnen Groll über die undankbare und wortbrüchige österreichische Ver mittlungspolitik Luft, und wies die ihm angcsonnenc „Capitulation", wie er die doch wahrhaftig nicht ungünstigen Friedensbcdingungen nannte, entschieden und drohend zurück. Zuvor müsse das Blut von Generationen vergossen sein und auf den Höhen des Montmartre mit ihm unterhandelt werden. Im Oktober werde er wieder in Wien sein, äußerte er drohend. „Eure Souveräne, die auf dem Throne geboren sind, können die Empfindungen nicht begreifen, die mich bewegen; sie kehren überwunden in ihre Hauptstadt zurück und sind nicht we- Niger als sic vorher waren. Aber ich bin Soldat, ich bedarf der Ehre und des Ruhmes, ich kann mich nicht geschwächt inmitten meines Volkes zeigen, ich -muß groß, ruhmvoll und bewundert bleiben". An einen Erfolg der Fricdcnsver- handlungen war bei solcher Stimmung nicht mehr zu denken. Gleichwohl nahm Napoleon die österreichische Vermittlung im Prinzip an. Es war ihm wohl nur um eine Verlängerung des Waffenstillstandes zu thun, die denn auch bis zum 10. August vereinbart wurde.