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IV. Umsturz und Ncubau. 449 namentlich in Preußen gab sich eine tiefe Niedergeschlagenheit kund, da man ein schmähliches Ende des mit so viel Begeisterung unternommenen Krieges sich vorbereiten glaubte. „Krieg! — schrieb damals Arndt — Krieg schallte es von den Karpathen bis zur Ostsee, vom Niemcn bis zur Elbe; Krieg rief der Edelmann und der Landbe wohner, der verarmt war, Krieg der Bauer, der sein letztes Pferd unter Vorspannen und Fuhren todt trieb, Krieg der Bürger, den die Einquartierungen und Abgaben erschöpften, Krieg der Tagelöhner, der keine Arbeit finden konnte, Krieg die Wittwe, die ihren einzigen Sohn ins Feld schickte, Krieg die Braut, die den Bräutigam zugleich mit Thränen des Stolzes und des Schmerzes entließ". Nach Abschluß'des Waffenstillstandes fand noch ein Ereigniß statt, dasNNter^g- damals in ganz Deutschland viel Aufregung und Entrüstung hervorrief. Das b-i «wen. Treiben der Parteigänger im Rücken des Heeres, welche die Verbindungen unter brachen, Transporte abfingen, die Wege unsicher machten, kleine Truppenabthei- lungcn überfielen, war den Franzosen sehr lästig geworden; unter allen diesen Freischaarcn zeichnete sich neben den Lützowern ganz besonders das kleine Reiter- Häuflein des Rittmeisters von Colomb durch Kühnheit aus. Ein Schlag gegen diese lästigen Freibeuter lag längst in der Absicht der französischen Heeresleitung. Die Lützower Frcischaar, die durch Zuzug aus allen Gegenden mächtig angeschwollen war, ohne daß cs ihr doch gelungen wäre, in den bisherigen Kämpfen bedeu tend einzugreifen, hatte nach der Bautzener Schlacht einen verwegenen Streifzug nach dem Harz, Thüringen und Franken in dem Rücken des Feindes unternom men. Obgleich Lützow nun von dem Abschluß des Waffenstillstandes hörte und kraft desselben verpflichtet war, sofort auf das rechte Elbuser zu gehen, hielt er sich doch, sei es aus Sorglosigkeit oder mit dem vollen Inhalt des Vertrags nicht bekannt, noch länger im feindlichen Gebiet auf und gab dadurch Napoleon eine gewisse Berechtigung, durch den General Arrighi, Herzog von Padua, die verhaßte „Räuberbande", die langsam und arglos ihren Rückzug vollführte, feindlich angrciscn zu lassen. Bei Kitzen, unweit Zerbst, stand die kleine Rei->^Jum terschwadron Lützow's, als sic von zehnfach überlegenen Feinden, darunter auch zwei würtembcrgischc Regimenter unter General Norman», überfallen und fast vollständig niedergehauen wurde. Nur wenigen, darunter der Führer selbst und der schwerverwundcte Dichter Körner, gelang es sich zu retten. Die schwarze Schaar erholte sich nie ganz wieder von diesem Unfall. Mochten die Lützower immerhin nach dem Wortlaut des Waffenstillstandes formell im Unrecht gewesen sein, sich zu jener Zeit noch im Bereich der feindlichen Waffen aufzuhalten: die deutsche Nation verabscheute den unritterlichen Ueberfall als einen feigen und heimtückischen Banditenstreich, der dem bitter» Haß gegen Napoleon und seine Schergen neue Nahrung gab. Während des Waffenstillstandes wurden die diplomatischen Versuche der Verbün- Die öfter- beten, Oesterreich zum Anschluß an die Eoalition zu bewegen, mit vermehrtem Eifer Aums Meter, W-Ngeschichle. XIV. 29