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III. Die Jahre der Napolconischen Weltherrschaft. 419 Nation, und das polnische Volk unterstützte aus allen Kräften die fremden >5-27. z»» Krieger, die jetzt bei furchtbaren Regengüssen von Wilna nach Witepsk zogen. ^ Wohin sie kamen fanden sie die Dörfer verödet, Vieh und Feldfrüchte wegge führt, die Bevölkerung in die Ferne entflohen. Denn im inneren Rußland, wo man seit Jahrhunderten keinen Feind gesehen, stellten sich die Bauern und Leib eigenen das heranrückcnde fremde Kriegsvolk als räuberische Horden vor, wie die Tataren und Polen, von denen die Sage und Tradition meldete. Einzelne Ge fechte, wie das Treffen bei Saltaitka oder Mohilew, zwischen Davouft undüs.s«». Bagration, hatten keine andere Wirkung, als daß die Russen weiter ostwärts gedrängt und von den Franzosen verfolgt wurden. Moskau, „das Herz von Rußland", war Napoleon's Ziel; bald aber merkte er, welchen gewaltigen Bun desgenossen die Russen an der Natur ihres Landes hatten. Die Wege waren ungangbar, die Zufuhr blieb aus oder reichte nicht hin, so daß die Soldaten für ihre Verpflegung auf Selbsthülfe angewiesen waren; allein das arme, schlecht angebaute Land bot wenig Lebensmittel; das Fleisch von gefallenem Vieh und das Wasser aus den Pfützen war oft die einzige Nahrung und Labung; Krank heiten, durch das Klima, durch schwüle Sommerhitze und durch den Genuß un reifen Roggens herbeigeführt, lichteten die Reihen der Krieger und füllten die Hospitäler. Der ursprüngliche Kriegsplan der Russen, wonach die Hauptarmee unter Barclay de Tolly, einem Livländer von schottischer Herkunft, in dem verschanzten Lager bei Driffa an der Mittlern Düna den Angriff des Feindes erwarten, die zweite Abtheilung der Westarmee unter dem Fürsten Bagration denselben in der Flanke und im Rücken anfallen und durch gelegentliche Diver sionen schwächen sollte, erwies sich bald als ungeeignet und wurde aufgcgeben. Und nun lenkten die beiden Feldherren mehr nothgedrungen als planmäßig in die strategischen Bahnen ein, die schließlich einen über alle Erwartung und Berechnung erfolgreichen Ausgang haben sollten. In getrennten Heerabtheilungen sich rück wärts bewegend, führten sie den Krieg „nach Parther Art". Sie mieden eine Haupt schlacht und lockten den französischen Kaiser, der mit Ungeduld ein entscheidendes Treffen wünschte, iminer tiefer ins Innere des Landes. Schon bei W itep s kn. J»u. hatten sich die Russen nach Murat's kühnem Angriff auf das befestigte Lager in aller Ordnung zurückgezogen, was Napoleon sehr bedenklich machte, so daß er ernstlich an eine Ueberwinterung in Polen dachte. Allein Ehrgeiz und Leiden schaft rissen ihn fort. Bei Smolensk, wo die beiden Heere sich vereinigten 17. „uz. und ihre Rückzugsbewcgung einstellen zu wollen schienen, kam es zur ersten großen Schlacht; aber nachdem man einen ganzen Tag ohne Entscheidung ge fachten, verließen die Russen in der Nacht die in Brand gerathene Stadt und setzten ihren Marsch gen Moskau fort. Der Sieger fand am andern Morgen eine mit Blut getränkte und mit Leichen bedeckte Brandstätte. Die Granaten und glühenden Kugeln der Franzosen und die zerstörende Hand der Russen selbst, welche vor dem Abzug die Magazine in Flammen gesetzt, hatten die 27*