Volltext Seite (XML)
III. Die Jahre der Napoleonischen Weltherrschaft. 381 sitze, deren Zahl sich mit der Zeit auf siebcnnndzwanzig belief, sollten durch Ver weser, die den Namen Kapitular-Vikare führte», administrirt werden. Auch die Cardinäle zeigten sich thcilweise widerspenstig: bei der großen kirchlichen Ver- mählungsfcicr Napoleons mit der Tochter Oesterreichs versagten dreizehn Glieder des Collegiums, unter ihnen Consalvi, ihre Thcilnahme. Sie wurden von dem erzürnten Imperator ihrer Einkünfte beraubt, der Abzeichen ihrer Würde ent kleidet und je zwei und zwei in verschiedene Provinzstädte in Verbannung gesandt. Der Kaiser war bisher auf so wenig Widerstand gestoßen, daß er zu der Ansicht kommen muhte, weder in den Häuptern noch in den Institutionen der Kirche sei etwas enthalten, das seinem Willen zu trotzen vermöge. Darum suchte er Klerus und Kirche unter die weltliche Hcrrschcrgcwalt zu beugen. Ein National-Concil sollte die Repräsentation der höchsten kirchlichen Gewalt übernehmen. Zu dem Behuf wurde eine Versammlung von Prälaten aus Frankrcich, Italien und an dern Ländern des französischen Kaiserreichs nach Paris berufen. Diese verlangten vor Allem die Befreiung des heiligen Vaters, „denn getrennt von dem Papste sei die französische Kirche wie ein vertrockneter Ast am Stamme eines Baumes". Doch wagten sie nicht unbedingt auf ihrer Forderung zu bestehen und sich dadurch die kaiserliche Ungnade zuzuzichen. Sie schickten eine Deputation nach Savona, welche den geistlichen Obcrhirten anflehen sollte, er möge die Kirche Frankreichs nicht in die traurige Nothwcndigkeit versetzen, daß sie nur noch an ihre eigene Erhaltung denken müßte. Durch diese in die Form einer Bitte gekleidete Dro hung bewirkten die abgcsandten drei Prälaten, daß der durch die Gefangenschaft und Einsamkeit in seiner Gesundheit geschwächte Kirchenfürst, dem die Möglich keit eines Schisma den Schlaf raubte, in ein Abkommen willigte, worin er sich verbindlich machte, die von dem Kaiser bereits ernannten Bischöfe zu bestätigen, und für den Fall, daß er in Zukunft die Einsetzung über sechs Monate ver zögere, dem Erzbischof die Macht ertheilte, die Institution zu verleihen. Dieses Zugeständnis; wider die alte Ordnung des heiligen Stuhles bereitete dem Papst einen schweren Scclcnkampf. Er klagte sich der Simonie, der Schande, des Verbrechens an. Und dennoch war Napoleon nicht befriedigt; er wollte das absolute Kaiscrthum vor jeder Einwirkung der päpstlichen Gewalt gewahrt sehen. Da aber die versammelten Prälaten, selbst Cardinal Fesch, ihr Präsident, sich nicht so unterwürfig zeigten wie der Kaiser verlangte, vielmehr das Concil mit dem feierlichen Gclöbniß des Gehorsams gegen den Papst cröffnetcn, einer Art von „Ballhausschwur", so schlug Napoleon andere Wege ein. Zunächst brachte er die cingeschüchtcrten Mitglieder des Concils zur Unterzeichnung des Dekrets, s.Aug. ibii. welches dem Erzbischof die Befugniß der kanonischen Einsetzung zusprach, wenn der Papst nach Ablauf vou sechs Monaten nicht die Institution crthcilt haben würde. Dieses Dekret sollte gültig sein auch wenn der Papst seine Anerkennung versage. Pius gab seine Zustimmung und machte dies in einem an den fran zösischen Episeopat gerichteten Breve kund. Der Imperator war indessen immer