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370 ^ Europa unter Bonapartischcm Einfluß. Beschlüsse der Repräsentanten des souveränen Volks in Vollzug zu sehen, daß alle wirkliche Gewalt den Cortes zukani, welche durch ein strenges Gesetz über Ministervcrantwortlichkeit jede selbständige Wirksamkeit der Regierung unmöglich machten, nach deren Vorschlägen der Staatsrath zusammengesetzt werden sollte, die sich zu bestimmten Zeiten eigenmächtig ohne königliche Einberufung versam meln und nur mit Zustimmung einer permanenten Deputation aufgelöst werden konnten. Die Cortesvcrsammlung hatte nach der Berfassungsurkunde vom Jahr Zwölf gegenüber dem Throne eine Stellung, wie die Pariser Nationalversammlung nach der Constitution vom Jahr t792, wie das lange Parlament nach Strafford's Fall. Um den Mißbräuchen der Königsgewalt, von denen die Nation in den letzten Jahrzehnten so viel zu leiden gehabt, vorzubcugcn, stellte das neue Grundgesetz des Staats die Macht und Ehre der Krone so tief, daß mit der Zeit ein Rückschlag unvermeidlich ward, zumal da auch noch die Bestimmungen über Wahl, Dauer und Zusammensetzung der Cortes so beschaffen waren, daß das bewegliche demokratische Element die Oberhand gewinnen mußte. Schon der Umstand, daß die Pslanzlandc gleiche Vertretung mit dem Muttcr- staat haben sollten, sowohl im Congrcß selbst als in der ständigen Deputation, ließ heftige parlamentarische Kämpfe und unvereinbare Tendenzen und Bestrebungen vor- aussehcn. Nur in Einem Punkte athmete die Verfassung den altspanischen Geist, in der Festhaltung an der römisch-katholischen Religion als Staatsrcligion und der nur wenig ermäßigten Intoleranz gegen Andersgläubige. Dagegen enthielten die Kapitel über Gerichtswesen, über Gemeinde- und Provinzialvcrwaltung, über Heercseinrichtungcn und Militärpflicht, über Steuerwesen und Bolksuntcrricht Bestimmungen, die den Anforde rungen der modernen Bildung und einem gesunden Staatsorganismus entsprachen. Abschluß und Mit dem Beschluß, daß die Verfassungsurkunde in allen ihren Theilen acht mu-^T,Jahre lang unverändert bleiben solle, und mit Vorschriften über die Sicherstellung g-undgeseh-s. gegen künftige Abänderungen wurden die Bcrathungen der constltui- Li.Juu.lbtr. renden Cortesversaunnlung am 23. Januar geschlossen. Zwei Monate später wurde die Verfassung vom Jahre Zwölf von allen Mitglieder», einhundertvicr- id. Mä-j.. undachtzig an Zahl, in Cadix unterzeichnet und am nächsten Tage in der Kar- mcliterkirche am Mccrcsstrande feierlich beschwüren, während vom Lande her das Belagerungsgeschütz der Franzosen ertönte und auf der See ein furchtbarer Orkan raste. „Das war das Wiegenlied der Verfassung von 1812. Im Sturm geboren sollte sie Sturm bringen über das Land, das sich von ihr den reichsten Segen versprach". e. Ausgang des peniiisularischen Kriegs. «-ikgund Der Cortes-Congreß in Cadix wurde in seinen Berathungen durch tau- scndcrlei Sorgen und Nothstände, die von allen Seiten auf ihn cindrangen, vielfach unterbrochen und gestört. Die Regentschaft stand der Zerrüttung, die der dreijährige Krieg in allen Gebieten des Staats- und Gesellschaftslebens geschaffen, rath- und hülflos gegenüber. So sehr cs dem spanischen Rational-