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! III. Die Jahre der Napolconischcn Weltherrschaft. 367 hatte. Seit mehr als einem Jahre hatte der englische Obcrgcneral ans dem Höhenrücken, der sich vom rechten Tajouser nach der Meeresküste bei Torres Vedras hinzieht, eine dreifache Reihe von Verschanzungen, Forts und Bcfe- stiguiigswerken aller Art aufführen lasten, die, mit furchtbaren Geschützen ver sehen und jetzt von mehr als 70,000 englischen, portugiesischen und spanischen Soldaten vcrthcidigt, jedes Angriffs spotteten. Mit einer Streitmacht, die durch Kämpfe, Krankheiten und Strapazen auf 45,000 Mann hcrabgcsunken war, und ihren Lebensunterhalt sich durch Raub und Requisitionen verschaffen mußte, konnte der französische Marschall nicht daran denken, den Feind aus diesen . starken unüberwindlichen Linien und Schutzwehren zu vertreiben. Nur wenn er sein Heer in der Art thcilte, daß er mit der einen Hälfte das feindliche Lager auf dem rechten Tajoufer durch eine Blokade abschloß, mit der andern auf die von Lebensmitteln entblößte fieberhaft aufgeregte Hauptstadt vordrang, durfte Massena hoffen, Lissabon und Portugal wieder in französische Gewalt zu bringen. Denn wenn auch von Wellington selbst, einem Manne von festem Charakter und ent schlossener Energie, keine Nachgiebigkeit zu erwarten stand, so war cs doch kein Ge- heimniß, daß sich in England eine starke Opposition gegen die verderbliche Kriegs- Politik zu regen begann, welche die Finanzen so empfindlich in Anspruch nahm und dem Handel so große Verluste zufügte. Zu einem solchen doppelten Offen- - sivkrieg hätte Massena namhafter Verstärkungen bedurft. Allein Napoleon, der die in Portugal stehenden Truppen höher anschlug, als sic in Wirklichkeit waren, der seine Berechnungen nach den Armeelisten machte, denen der Effcktivstand nicht entsprach, da Krankheiten und Wunden eine Menge Soldaten in die Laza- rethe geliefert hatten, der außerdem gerade damals mit den Anncxionspläncn an der Niederelbc beschäftigt war, schenkte den Vorstellungen und Mahnungen Mas- scna's, die ihm General Foy überbrachte, wenig Aufmerksamkeit. Anstatt dem Marschall, der seit November Lissabon mit eben so viel Muth und Umsicht als Anstrengung, Mühsal und Noth belagert hielt, ein ansehnliches Heer znzu- sendcn oder sich selbst nach dem Kriegsschauplatz zu begeben, begnügte er sich damit, im Januar den General Dronet mit 9000 Mann nach dem Tajo zu o-m. is». schicken und dem Marschnü Soult in Sevilla die Weisung zugchen zu lassen, ans Andalusien nach Portugal aufznbrechen. Aber che der letztere, der kein großes Verlangen trug, durch eilige Hülfeleistung den Kricgsrnhui des Neben buhlers zu mehren, der sich überdies erst den Weg mit dem Schwerte bahnen * mußte, und mehrere Wochen durch die Belagerung von Olivenza und Badajoz 3<>n, ».s,br anfgehalten ward, das Heer Massena's vor Lissabon erreichte, sah sich der Mar schall, dessen Armee in dem erschöpften ausgehungerten Lande unerträgliche Leiden und Drangsale erduldete, nach den unglaublichste» Anstrengungen, Ar beiten und Mühseligkeiten zum Aufbruch genöthigt, ui» sich eine andere Lager stätte zu suchen. Nachdem er den Brückenpark, mit dem er über den Tajo hatte setzen wollen, den Flammen übergeben, führte er die Armee, dem Feinde mit