III. Die Jahre der Napoleonischcn Weltherrschaft. 337 des französischen Soldatenkaisers bildet das Benehmen des Erzherzogs Karl, der unthätig und planlos auf dem Marchfelde verweilte, einen auffallenden Contrast. „Wer in den Juniwochen das österreichische Lager besuchte", lautet das allerdings etwas scharfe und strenge Urtheil des österreichischen Historikers Springer, „die Truppen bei der gewöhnlichen Waffennbnng, alle Verrichtungen mit mechanischer Regelmäßigkeit, ohne Eifer und Aufregung vollzogen, die Offi ziere wie in einer stillen Garnisonstadt gclangweilt, den Generalissimus in seinen Mußestunden am Clavier phantasirend sah, der mußte glauben, der Krieg sei zu Ende, der nahe Frieden in sicherer Aussicht. Den Wunsch nach Frieden hegte in der That der Erzherzog und mag aus diesem Grunde zu dem schlaffen Be nehmen nach der Schlacht bei Aspern verleitet worden sein. Doch hatte seine Unthätigkcit auch noch andere Ursachen. Dein Erzherzog fehlte es nicht an per sönlicher Tapferkeit; er besaß ausgezeichnete Fähigkeiten in Bezug auf die Kriegsverwaltnng; das Rüstungswcsen und die Ausbildung des Heeres ver danken seiner Sorgfalt große Fortschritte. Eine wesentliche Gabe des großen Fcldherrn hatte ihm aber die Natur versagt: die kühne, auf einen Zweck grade lossteucrnde Entschlossenheit. Dieser Mangel raubte ihm die Fähigkeit selbstän dige Pläne zu entwerfen, machte ihn von den Bewegungen des Feindes stets abhängig. In den späteren Jahren, nachdem die Zeit einen Schleier über die Fehler seiner Kriegführung geworfen und nur noch die glorreiche Erinnerung an den Sieg bei Aspern im Volksgedächtniß schwebte, als der Wunsch der Oester- reicher, auch mit einem großen Kriegshelden zu prunken, die Zeichnung des Bildes wesentlich bestimmte, wurden alle Züge, welche die Glorie trübten, sorg fältig weggewischt ; unter dem unmittelbaren Eindrücke der Ereignisse haben aber namentlich die österreichischen Staatsmänner und Generale eine um so her bere Kritik geübt und dem Erzherzog Karl die größte Schuld an dem schlechten Erfolge des Feldzuges beigenicssen". Hatte Napoleon schon durch seine angestrengten Rüstungen und kräftigen D» Vorbereitungen einen großen Vorsprung vor dem unthätig zuwartcnden Feinde erlangt, so erhielt seine Armee auch noch eine namhafte Verstärkung durch die An kunft des italienische» Heeres unter dem Vicekönig Engen von Italien. In jenen Apriltagen, da der französische Kaiser die Ocstcrreichcr über die Isar und den Inn zurückdrängte, hatte er die Botschaft erhalten, daß der Vicekönig von Ita lien van Erzherzog Johann bei Pardenone »nd Sacile geschlagen und bis an die Piave und Etsch zurückgcworfcn worden sei. Er geriet!) über die Mißgeschicke des Stiefsohnes in heftigen Zorn und bereute es, ihn zum Oberfeldhcrrn der italienischen Armee ernannt zu haben. Macdonald wurde ihm als Rath geber an die Seite gestellt. Eugen fand jedoch bald Gelegenheit diese Unfälle auszugleichcn. Der Vormarsch Napoleon's in das Herz des österreichischen Staates nöthigtc den Erzherzog Johann zur Umkehr. Wie hätte er in Ober- italicn der großen Ueberlcgenheit des Feindes Widerstand leisten sollen, wenn Web-r, Wkl,g-sch>ch,e. XIV. 22